Was wir in diesen Tagen gelernt haben

Vorratsdatenspeicherung –
Flüchtlinge – TTIP  –  FIFA/DFB

Vorratsdatenspeicherung
Am Freitag letzter Woche hat der Bundestag die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beschlossen, 404 Abgeordnete der Koalition stimmten dafür, 148 Abgeordnete stimmten dagegen: Neben den Grünen und der Linkspartei stimmten auch 43 SPD-Abgeordnete dagegen, 7 enthielten sich.

Redner der Koalition betonten, dass nicht die Inhalte der  Kommunikation gespeichert werden. Zwar hatte die Süddeusche Zeitung in ihrer Ausgabe am Freitag gemeldet, dass bei SMS aus technischen Gründen auch der Inhalt gespeichert werden müsste. Das war aber offensichtlich für die Redner aus Koalition und Opposition zu früh oder zu spät. Es ging jedenfalls keiner der Redner auf diesen Hinweis ein. Zu denjenigen, die aus der SPD-Fraktion gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben, gehören auch die beiden Dortmunder Abgeordneten Sabine Poschmann und Marco Bülow. Marco Bülow hatte noch am Tag vor der Abstimmung geschrieben:
„Die Vorratsdatenspeicherung verletzt unsere Grundrechte und ist ein weiterer Schritt den Rechtsstaat auszuhöhlen. Auch hier zählt: Wer die Freiheit einschränkt, um sich Sicherheit zu erkaufen, gefährdet beides!
Die Wirksamkeit von VDS ist nicht nachgewiesen und die Argumente, die für eine Vorratsdatenspeicherung vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. Terrorakte oder Verbrechen wurden durch das anlasslose Speichern von Verbindungsdaten nicht verhindert. Dagegen werden Inhalte erfasst und mit den Metadaten lassen sich weitreichende Netzwerke von Kommunikationspartnern abbilden, mit Standortdaten prinzipiell binnen kürzester Zeit Bewegungsprofile erstellen. Nicht umsonst haben das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof die bisherigen Gesetze dazu für gescheitert erklärt und hohe Hürden für eine Vorratsdatenspeicherung aufgestellt.“

Es wird in der Redaktion von MENGEDE:InTakt!  um eine 6-er Kiste Rotwein  vom Weingut Amalienhof – „2012 Wildmuskat -A- trocken – gewettet: Auch dieses Gesetz wird vom Bundesverfassungsgericht kassiert.

Flüchtlinge
Zur Frage, wie wir mit den zu uns kommenden Flüchtlingen umgehen, gibt es unterschiedliche Meinungen. Wer einfache Lösungen präsentiert, sollte nicht den Anspruch erheben, ernst genommen zu werden. Einfache Lösungen gibt es nicht. Allerdings sollten sich die Politiker in Bund und Land davor hüten, Scheinaktivitäten zu entwickeln. Ein solche Scheinaktivität scheint die Verabschiedung eines Gesetzespakets zur Verschärfung des Asylrechtes zu sein. Am Donnerstag stimmte der Bundestag zu, am Freitag der Bundesrat. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann sagte zu den Gesetzesänderungen, die Politik wolle zeigen, dass sie in der Lage sei geschlossen zu handeln.

Geschlossenes Handeln ist im Grunde mehr als überfällig, ob es gerade an einem solchen Beispiel in der Praxis hilfreich ist, kann bezweifelt werden. Politisch eher neutrale Experten sind sich sicher, das diese Verschärfung des Asylrechtes kaum konkrete Auswirkungen auf die Zuwanderungszahlen hat. Quasi als Gegenleistung für die Zustimmung der Länder werden die Kommunen und Länder finanziell entlastet. Der Bund hat zugesagt, einen größeren Anteil an den Kosten zu übernehmen. Das ist überfällig, denn es ist längst kein Geheimnis: Wenn es die vielen freiwilligen Helferinen und Helfer nicht gäbe, würde das Versagen der staatlichen Instanzen offenkundig zutage treten.
Geld hilft und macht viele Dinge einfacher. Allerdings, das hat das Attentat in Köln gelehrt: Wir sind auch gefordert, entschlossen und mit allen in unserer Demokratie verfügbaren Möglichkeiten gegen die „Brandstifter von rechts“ vorzugehen.

TTIP
Am Wochenende protestierten mehr als 150.000 Menschen in Berlin gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Die Organisatoren sprachen sogar von 250.000. Während die ersten Teilnehmer bereits das Ziel an der Siegessäule erreicht hätten, seien Zehntausende noch nicht einmal losgelaufen. Unser Autor Matthis Willing hat an der Demonstration teilgenommen und wundert sich über die Reaktion der Medien, ebenso wie alle anderen, die die Veranstaltung zwar aus der Ferne, gleichwohl mit großem Interesse verfolgt haben.
Dass „Bild“ und „Bild am Sonntag“ das Ereignis als kaum erwähnenswert fanden, überrascht nicht. Auch die „Frankfurter Allgemein Sonntagszeitung“ hielt sich vornehm zurück. „Ein Schnipsel unten rechts; genau sieben Sätze, Copy-Paste-Agenturmaterial“, wie auf „Cicero-online“ zu lesen war. Hintergründe über das Abkommen, Kontroversen, Experteninterviews, Meinungen von Unternehmen? An jenem Tag Fehlanzeige.
Abgeschossen hat den Vogel Spiegel online. Hier stand zu lesen:„Die Kampagne gegen den Freihandel ist wie auf dem braunen Mist gewachsen.“ Und: „Wer nichts Schlimmes daran findet, sich gedanklich bei Pegida-Bachmann, Marine Le Pen und Donald Trump unterzuhaken, darf bei der Demo heute gerne hinter dem Plakat mit dem Chlorhühnchen herrennen.“

Eine solche Polemik – auch wenn sie als solche im Spiegel gekennzeichnet war – ist billig und entwaffnend zugleich. Wer so etwas schreibt, hat wohl allen Grund sich bei den Befürwortern des Freihandelsabkommens einzuschleimen.

Dabei gäbe es genügend Punkte, über die es sich lohnte zu diskutieren: fehlende Tranparenz, Einrichtung von privaten Schiedsgerichten, weitere geplante Privatisierungen in den Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge, die Folgen von TTIP für den Mittelstand und für den Arbeitsmarkt, die Auswirkungen der geplanten Regelungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Dritt- und Schwellenländer.

Erstaunlich in diesem Zusammenhang, dass über das Handelabkommen mit Kanada – CETA – in den Medien kaum ein Wort verloren wird. CETA liegt fertig verhandelt auf dem Tisch und soll bis Ende des Jahres vom EU-Ministerrat entschieden werden. Ceta ist die Blaupause für TTIP und zumindest von der SPD wäre ein klares Nein zu CETA längst überfällig.

FIFA/DFB
Die FIFA steht schon lange im Blickpunkt der Öffentlichkeit und jetzt auch der Justiz. Eine Organisation, die sich durch Korruption und mafiöse Struktruren auszeichnet, wird nach und nach ihres Heiligenscheins beraubt und mit ihm auch das Blattgold der handelnden Personen. Gut so – kann man dazu nur sagen.
Den aufmerksamen Betrachter erstaunt allerdings die Aufregung, die mit dem Bericht des „Spiegel“ über den angeblichen Kauf der vier asiatischen Excekutiv-Mitglieder verbunden ist. Der Volksmund weiß es besser. „Der Fisch stinkt vom Kopf her“, bedeutet doch lediglich, auf die Verhältnisse ins Fußballgeschäft übertragen: Was FIFA und UEFA können, das kann der DFB – und vermutlich auch die unteren Gliederungen – schon lange.
Vielleicht geht den Politikern mal ein Licht auf, damit sie sich nicht weiterhin mit dem DFB-Präsidenten ablichten lassen oder sich freuen, diesem Beckenbauer die Hand schütteln zu dürfen. Andreas Rüttenauer schreibt hierzu in der taz vom 19. Oktober in seinem Beitrag „über das gekaufte Sommermärchen von 2006“ u.a.: „Es sind nicht nur die ganz hohen Würdenträger, die sich mit jedem Handschlag, den sie mit Leuten wie Niersbach oder Beckenbauer austauschen, beschmutzen. Es sind auch die gewählten Regional- und Lokalfürsten, die Stadien subventionieren, Steuergelder in den Profifußball leiten oder den Marketingetat kommunaler Unternehmen in das Überleben eines kommerzielen Fußballprojektes stecken.“
Dem ist im Augenblick nichts hinzuzufügen.

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