Arme Kirche – Ev. Noah-Gemeinde schrumpft (4)

„Lasst die Kirche im Dorf!“Kirchturm im Herbst

Finanznöte, so Pfarrer Gerd Springer, der Sprecher des Presbyteriums der evangelischen Noah-Gemeinde in einer ersten Informationsveranstaltung am 02. Februar dieses Jahres im Mengeder Saalbau, seien der Grund für die vorgesehene Schließung der Gemeindehäuser in Oestrich und Nette zum 31.12.2017. Der kircheneigene Gebäudebestand soll verkauft, wenn eine Veräußerung nicht möglich, dann eben abgebrochen werden. Eine Entscheidung von oben herab, ohne jegliche Beteiligung und vorherige Beratung durch die Gemeindemitglieder, die, soweit anwesend, bei der Bekanntgabe der Kirchenpläne zunächst in resignative Ratlosigkeit verfielen. Das Kalkül der Kirchenleitung, die Kröte werde achselzuckend geschluckt, scheint jedoch nicht aufzugehen. Immer mehr Bürger, sogar Anhänger anderer Religionsgemeinschaften, reagieren mit Unverständnis.

Die Menschen in den betroffenen Ortsteilen fragen sich: Geht es der Kirche wirklich so schlecht? Sind Immobiliengeschäfte, wie z. B. das Erzielen von Erlösen bei der Vermarktung des bisher im Kircheneigentum befindlichen fast 13.000 Quadratmeter großen Grundstücks an der Mengeder Straße wichtiger als die unmittelbare Gemeindearbeit? In Nette soll sogar der Kirchturm, für dessen Errichtung Generationen zuvor gekämpft hatten, für dessen Entstehung in früheren Jahren Kollekten gesammelt wurden und dessen Präsenz eine unverzichtbare Landmarke mit Denkmalsrang und Identitätsfunktion für den gesamten Ortsteil ist, Neubauplänen für einen U3-Kindergartens zum Opfer fallen. Völliges Unverständnis bei den Betroffenen auch für den Verkauf oder schlimmstenfalls Abriss des Kirchenraums, der mit seiner im Stadtbezirk einzigartigen Akustik als Konzertsaal unersetzlich ist.

Unredlich bei Begründung der angestrebten Investitionen ist darüber hinaus das „Totschlagargument Kindergarten“, da mit einem Neubau keinesfalls mehr Kindergartenplätze entstehen werden, sondern lediglich ein Ersatz für den bereits vorhandenen und ebenfalls dem Abbruchbagger preisgegebenen Kindergarten an der Karl-Schurz-Straße geschaffen werden soll. Eine Sanierung zu teuer? Warum wird dann nicht an gleicher Stelle der Neubau errichtet?
Unter der Leitung des langjährigen Netter Presbyters Eberhard Roese hat sich inzwischen ein Arbeitskreis formiert, der sich zum Ziel gesetzt hat, alle Möglichkeiten auszuloten, wie die geplante „Exekutierung“ des Netter Gemeindelebens verhindert werden kann. Zu diesem Zweck ist das gerade neugewählte Presbyterium aufgefordert worden, detailliert die Karten offen zu legen, dabei auch zu erläutern, mit welchen Konzepten man künftig das umfangreiche kirchliche, aber auch kulturelle Angebot über alle Religionsgrenzen hinweg für alle Generationen erhalten möchte.

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Nicht nur sie sorgen sich um den Erhalt ihrer Kirche. h.v.l.: Werner Mühlbrodt, Dr. Heinrich Mönninghoff, Carl-Wilhelm Schmälter v.v.l.: Eberhard Roese, Cornelia Stuhm, Barbara Scheerer

Hoffnung auf ein Umdenken besteht darin, dass auch Vertreter der politischen Parteien in der Bezirksvertretung inzwischen ihre Bedenken artikulieren. So z. B. Bündnis 90/die Grünen in einem Beitrag für unser Stadtbezirksportal MENGEDE: InTakt! und in einem Artikel der Ruhr-Nachrichten vom 20. 02.2016: „Eine lebendige Gemeinschaft würde in die Brüche gehen!“ Und die Sozialdemokraten in einem Pressetermin am 22. März: „Wir nehmen die Sorgen der Bevölkerung ernst und werden bei Vorlage von Bauanträgen genau hinschauen.“

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