Vom Flüchtling zum Nachbarn


Diskussion der SPD-Landtagsfraktion  in Lünen-Gahmen 

Ohne ein wirksames Konzept ist das „Wir schaffen das“ nicht zu schaffen. Das wurde auf einer Diskussionsveranstaltung, zu der die SPD in der vergangenen Woche ins Bürgerzentrum Gahmen eingeladen hatte, sehr schnell deutlich. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „SPD Landtagsfraktion vor Ort“ stellten Arbeits- und Integrationsminister Rainer Schmeltzer und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadja Lüders (Landtagswahlkreis III Dortmund) den augenblicklich in Arbeit befindlichen Integrationsplan für NRW vor.

Mit dabei war der Vorsitzende des Lüner Integrationsrates Gürbüz Demirhan, um auf diesbezügliche Fragen aus lokaler Sicht einzugehen.

Gürbüz Demirhan, Nadja Lüders und Rainer Schmeltzer bei der Diskussionsveranstaltung "Vom Flüchtling zum Nachbarn".

Gürbüz Demirhan, Nadja Lüders und Rainer Schmeltzer bei der Diskussionsveranstaltung “Vom Flüchtling zum Nachbarn”.

Einleitend ging der Minister auf die große Herausforderung ein, vor der unser Bundesland stehe, denn mehr als 230.000 Schutzsuchende seien im vergangenen Jahr bei uns geblieben. „Nach wie vor ist die Aufgabe nicht ohne die vielen Ehrenamtlichen vor Ort zu bewältigen. Wer glaubt, die Willkommenskultur sei zusammengebrochen, der sollte sich nur in unserer Stadt oder in den Nachbarorten umsehen und wird dabei durch die vielfältigen Aktivitäten eines Besseren belehrt.“

Danach erläuterten die Referenten die Ziele und den augenblicklichen inhaltlichen Stand des Integrationsplans der Düsseldorfer Regierungskoalition. Oberstes Ziel sei die Wahrung des sozialen Friedens, so dass keiner der einheimischen Bürger das Gefühl haben muss, durch die Hilfen für die geflüchteten Menschen schlechter gestellt zu werden.
Das Integrationspapier sieht Maßnahmen in Bezug auf Sprache, Bildung und Integration in die Gesellschaft und die Arbeitswelt vor. Gerade bezüglich des letzten Punktes lobte Schmeltzer die gute Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Kammern. „Aber besonders hier im Ruhrgebiet kann nicht auf die Vorrangprüfung verzichtet werden, denn es ist eben auch wichtig, dass ein heimischer Langzeitarbeitsloser seine Chance am Arbeitsmarkt erhält“, betonte er.

„Vom Flüchtling zum Nachbarn“ war der Titel der Veranstaltung. So stellte Nadja Lüders notwendige neue Konzepte bezüglich der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum heraus, nicht nur für geflüchtete Menschen, sondern für alle infrage Bevölkerungsgruppen. Fehler der Vergangenheit wie Ghettobildung und Abkapselung ganzer Wohnbezirke müssten vermieden werden. Maßnahmen könnten sein: Verdichtung innerhalb der Städte u.a. durch Schließung von Baulücken oder Aufstockung vorhandener Wohnhäuser. Vergabe der Mietwohnungen mit sozialer Durchmischung bei den Mietern. Da Zinsanreize beim sozialen Wohnungsbau in einer Niedrigzinsphase nicht wirken, wird über Tilgungsverzicht, d.h. Erlass eines Teils des Darlehns nachgedacht.

In der anschließenden Diskussion wurde auch auf besondere Probleme der Flüchtlingspolitik eingegangen: Minderjährige ohne Begleitung der Familien, Abschiebung nach jahrelangem geduldeten Aufenthalt, Einschränkung des Familiennachzugs, der dazu führt, dass sich vermehrt wieder ganze Familien auf den gefährlichen Weg nach Europa machen.
Erfreut stellten die Diskussionsteilnehmer fest, dass diesmal keine Vertreter rechtspopulistischer Parteien anwesend waren.  “Das habe ich bei Veranstaltungen in den Nachbarstädten schon ganz anders erlebt“, stellte der Minister fest. „Ich kann diesen Leuten zwar mit Argumenten Paroli bieten, von den übrigen Teilnehmern hätte ich mir aber häufig verbale Unterstützung und nicht nur Applaus gewünscht.“
So zeichnete sich die Veranstaltung in Lünen durch eine vorbildliche Diskussionskultur aus. Die Teilnehmer gaben überlegenswerte Anregungen und blieben bei kritischen Anmerkungen sachlich und konstruktiv. „Ich habe fleißig mitgeschrieben. Jetzt kann ich jede Menge Arbeitsaufträge für mich, für meine Mitarbeiter im Ministerium und für meine Kollegen in den Ausschüssen mit nach Düsseldorf nehmen“, bemerkte der Minister in seinem Schlusswort. Zum Schluss sprach er die Hoffnung aus, dass der Integrationsplan ein hohes Maß an Konsens bei allen im Landtag vertretenen Parteien erhalten wird und dass das Flüchtlingsthema so weit wie möglich aus den bald beginnenden Wahlkampf heraus gehalten werden kann.

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