“Schöner von Boskoop” sucht Paten

1. Apfelfest im Obstbaum-Museum Schwieringhausen

Blauer Himmel, milde Temperaturen, frischer Apfelkuchen für ein Fest im Obstbaum-Museum

Blauer Himmel, milde Temperaturen, frischer Apfelkuchen für ein Fest im Obstbaum-Museum

Warum nur findet der ‘Schöne von Boskoop’ keine Paten? Das ist nämlich die einzige traditionelle Apfelbaumsorte im Obstbaum-Museum Schwieringhausen, für die sich noch niemand erwärmen konnte. Vielleicht wird das jetzt anders. Am Sonntagnachmittag, 16. Oktober, lud die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), die das Museum betreibt, Mitglieder, Sponsoren und Bürger zum 1. Apfelfest. In der für Dortmund einzigartigen Sammlung „Alte Westfälische Sorten“ an der Altmengeder Straße spielt diese Frucht die Hauptrolle.

Blauer Himmel und milde Herbsttemperaturen gaben den Rahmen für eine Party bei Apfelkuchen und Kaffee. Das Versprechen auf besondere Genüsse lockte nicht nur die bereits eingetragenen Paten, sondern auch Interessenten an. „Wie werde ich Baumpatin (oder Baumpate)?“ war die häufigste Frage, die SDW-Geschäftsführer Gerd Wenzinski zu beantworten hatte: 100 € pro Baum spenden – dann dürfe man selbst pflücken und die Früchte nutzen, so die Auskunft des ehemaligen Landtagsabgeordneten und früheren Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft.

Auf eineinhalb Hektar fast 70 Bäume in 24 Sorten

Vor elf Jahren begann die Dortmunder SDW mit den Anpflanzungen. Inzwischen wachsen auf den ca. eineinhalb Hektar Wiese an der Altmengeder Straße 69 Bäume in 24 verschiedenen Sorten, aber auch unterschiedliche Baumarten. Die meisten gehören zur Gattung Malus, wie der Apfel botanisch heißt. Außerdem gibt es Quitten, die seltene Mispel, Pflaumen, Birnen und Walnussbäume. Noch werden für zehn Bäume Paten gesucht. Darunter sind auch Exemplare des erwähnten ‘Boskoop’.

Warum legt man ein Obstbaum-Museum für alte Sorten an? Heute werden im Erwerbs-Obstbau fast ausschließlich moderne Züchtungen eingesetzt, die Eigenschaften aufweisen, welche sie für eine Vermarktung im großen Stil verwendbar machen. Sie überstehen lange Transporte, lassen sich lagern, weisen gleichmäßige Form und Farbe auf. Viele der neuen Sorten sind empfindlich, wozu auch die Veredelung auf besonders herangezogene, „schwachwüchsige“, kurzlebige Unterlagen beiträgt. Sie benötigen ständig Pflege und den Einsatz von Mitteln gegen Pflanzenkrankheiten. Beim Geschmack zeigen sich moderne Sorten oft unauffällig und einander ähnlich: süß, säuerlich, saftig, das wars meist schon.

Apfelsorten für viele Zwecke, sogar für Pfannkuchen

Die alten, regional unterschiedlichen Kultursorten sind dagegen an das jeweilige Klima angepasst. Sie brauchen daher weniger Pflegeaufwand und eignen sich für biologischen Landbau. Die Optik der Früchte lässt manchmal zu wünschen übrig. Daher sind sie in Supermärkten weniger gut verkäuflich, obwohl es sie in unzähligen Sorten mit einer Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten und in vielen Geschmacksrichtungen gibt: Sommeräpfel, Herbst- und Winteräpfel, Tafeläpfel und Kochäpfel für Apfelmus, Sorten für Kuchen und sogar extra für Pfannkuchen!

Diese Vielfalt wird traditionell auf Hochstämme veredelt. Das sind wilde Sämlinge der jeweiligen Art. Sie wachsen langsam, werden aber auch deutlich größer, was die Beerntbarkeit erschwert. Mit ihnen entstehen die  ökologisch wertvollen „Streuobstwiesen“. Die Bäume werden deutlich älter als die kleinen „Büsche“ des Erwerbsanbaues. So kann zum Beispiel ein ‘Boskoop’ auf Hochstamm hundert Jahre leben.

Nutzpflanzen-Vielfalt vom Verschwinden bedroht

Noch im frühen 20. Jahrhundert wurden viele solcher Sorten genutzt. Obstbäume wuchsen nicht nur in Hausgärten. In ländlichen Gebieten fanden sich ganze Apfel-Alleen. Inzwischen wären die meisten von ihnen vom Verschwinden bedroht, gäbe es nicht Menschen und Organisationen, die sich gegen den Trend stemmen. Gerd Wendzinski kümmerte sich als SPD-Politiker schon frühzeitig um grüne Themen. Er habe sich immer dafür eingesetzt, private Wald- aber auch andere Freiflächen in städtischen Besitz zu bringen. Der Erhalt der „münsterländischen Parklandschaft“ in den Mengeder Außenbezirken, Groppenbruch, Schwieringhausen und Ellinghausen sei ihm immer wichtig gewesen, betont der inzwischen 81jährige. Die Museums-Obstwiese sei Bestandteil dieser in Dortmund nur hier vorhandenen Landschaft.

Keine Chemie und eine Schafherde als Rasenmäher

Gepflegt wird die Wiese übrigens auf eine besonders umweltschonende und idyllisch anzuschauende Weise: Seit eineinhalb Jahren schickt ein Wanderschäfer zweimal pro Jahr eine kleine Herde von bis zu 200 Tieren hier auf die Weide. Beim Pflanzenschutz wird bisher erfolgreich auf Chemie verzichtet. Ärger machen lediglich kleine und größere Wühlmäuse, die trotz der Pflanzung in Drahtkörben den Wurzeln einiger Bäumen so zusetzten, dass sie abstarben.

Dass in Schwieringhausen ausschließlich in Westfalen gebräuchliche Kultursorten gepflanzt werden, bedeutet einigen Aufwand für die Schutzgemeinschaft. So werden die Edelreiser zwar hier geschnitten, Veredelung und Aufzucht erfolgen jedoch in Norddeutschland, wo es eine Reihe von Spezial-Baumschulen gibt. Haben sie erst einmal in Mengeder Boden Wurzeln geschlagen, hört die Arbeit nicht auf. Daher haben viele Mitglieder der SDW und andere Bürger ehrenamtlich bei der Pflege mitgemacht. Auch für die Zukunft seien weitere Helferinnen und Helfer gesucht, so Wendzinski. Er selbst werde 2017 „nach 28 Jahren in verschiedenen Vorstandspositionen“ nicht erneut ein Amt übernehmen.

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