Arme Noah Gemeinde – die Zukunft des Gemeindezentrum Nette

Heute: kirchturm3-eingedampft

Ein Brief des langjährigen ehemaligen Pfarrers
Hans Dieter Hüttmann*

An die
Arbeitsgemeinschaft für den Erhalt des Gemeindezentrums
der Noah-Gemeinde in Nette

Liebe Mitarbeitende der AG!
Beim Besuch eines Konzerts des Kirchenchores in Nette am 30.10.16 erfuhren meine Frau und ich hautnah, wie viele Menschen in der Gemeinde verunsichert und ratlos sind durch den Schließungsbeschluss der Noah-Gemeinde. Viele entscheidende Fragen der Betroffenen sind bisher unbeantwortet geblieben.

Was soll aus den vielen Gruppen und Kreisen werden, wenn ihnen die Möglichkeit genommen wird, sich regelmäßig zu treffen? Und immer wieder an erster Stelle: Warum wurde die Gemeinde im Bereich Nette nicht gefragt, bevor dieser Beschluss mit so weitreichenden Folgen gefasst wurde? Auch wenn meine Zeit als Pfarrer in Nette lange zurückliegt, bewegt und beunruhigt mich dieser Konflikt zutiefst. Ich bin Ihnen deshalb sehr dankbar, dass Sie hier aktiv geworden sind und versuchen, eine Revision des Beschlusses zu erreichen. Es ist für viele ein Hoffnungsschimmer, dass dieser Beschluss durch Ihren Einspruch nicht nur resignierend und widerspruchslos hingenommen wird.

Ich habe ganz ähnliche Fragen zur Vorgehensweise wie Sie: Wie soll es mit den Gruppen, Schulgottesdiensten, Konzerten weitergehen, wenn der Presbyteriumsbeschluss umgesetzt werden sollte? Zu Recht haben Sie in Ihrem Rundbrief an die Netter Mitbürgerinnen und Mitbürger die Gruppen und Kreise aufgezählt, die dieses Zentrum für ihre Arbeit brauchen und nutzen. Diese Anzahl und Vielfalt ist in anderen Gemeinden keineswegs selbstverständlich. Es wird deutlich, dass mit der Schließung eine spürbare Schädigung der gesamten Stadtteilarbeit in Nette in Kauf genommen wird, für die das Gemeindezentrum notwendiger Schwerpunkt ist.

Damit stellt sich eine weitere Frage: Wie kann man einen Schließungsbeschluss fassen, ohne sich vorher darüber Gedanken und praktische Pläne zu machen, wie die entstehenden räumlichen Defizite kompensiert werden können? Nicht nur sinnvoll, sondern unbedingt notwendig wäre es gewesen, nicht zuerst einen Zeitpunkt für die Schließung des Gemeindehauses festzulegen, sondern die Verlagerung oder Umsiedlung in andere Räume oder Ersatzunterkünfte zu regeln. Da das nicht geschehen ist und die Gruppen immer noch rätseln, wo sie denn bleiben könnten, sollte man wahrheitsgemäß nicht von einer Schließung des Gemeindehauses in Nette, sondern von der Schließung der Teilgemeinde Nette sprechen.

Es scheint so, als seien bisher weder der Wille noch die Gefühle der Menschen, die in Nette leben und arbeiten, bei dieser Totaloperation gefragt und beachtet worden. In unserer Kirche sollte bei Planungen solcher Projekte zuerst von den betroffenen Menschen her gedacht werden und nicht, wie sonst fast überall, wirtschaftliche Überlegungen den Vorrang haben. Wenn sich jetzt in Nette Widerstand in der Gemeinde gegen die geplante Schließung des Gemeindehauses regt, sollten die Verantwortlichen froh darüber sein, dass für die Menschen dort das kirchliche Gemeindeleben eine so hohe Bedeutung hat und sie ihre Interessen benennen, auch gegen die Übermacht wirtschaftlicher Denkmuster.

Wie ich mit großer Verwunderung gehört habe, wird derzeit versucht, unbequeme Diskussionen und Meinungsäußerungen im Gemeindehaus durch Verbote und mit Abmahnverfahren gegen kirchliche Angestellte zu verhindern. In welches Licht stellt sich da die Kirche? Wie kann man in einem Luthergedenkjahr mit der Freiheit des Wortes, die Martin Luther für sich mutig in Anspruch genommen hat, derart umgehen? Ich würde mir wünschen, dass gerade jetzt offen über die Zukunftsfragen der Gemeinde im Stadtteil informiert und diskutiert würde, auch im Netter Gemeindehaus! Nur so lässt sich gegen die drohende Resignation und Lähmung in diesem Bereich der Gemeinde etwas ausrichten. Eine Gemeinde lebt wesentlich auch von der inneren Zustimmung und der Fürbitte ihrer Mitglieder.

Wie soll es, wie kann es jetzt weitergehen? Ich meine, mit Blick auf die Zukunft wäre es unerlässlich, gerade dieses Gemeindehaus in Nette zu erhalten. Mit der Schließung und dem Verkauf des Gemeindehauses würde das wichtige Mittelstück (siehe die geographische Lage in der Region!) der Noah-Gemeinde wegfallen. Wie Sie in Ihrem Rundbrief aufgezeigt haben, sind gerade in Nette besonders viele Gruppen auf das Raumangebot der Gemeinde angewiesen. Neben den Hauptamtlichen haben viele Ehrenamtliche Verantwortung in ihren Gruppen übernommen. Zudem stellt gerade Nette mit seinen Schulen und mit vielen Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Potential für die Zukunft der Kirche dar. Auf diesem Hintergrund scheint es mir nicht nur sinnvoll, sondern notwendig zu sein, den Beschluss zur Schließung und zum Verkauf dieses Gemeindehauses neu zu überdenken und zu revidieren. Stände nicht in Nette bereits ein Gemeindezentrum, müsste von der Noah-Gemeinde gerade hier eins gebaut werden!

Es geht hier um die Zukunft der Noah-Gemeinde. Jener Mut, den es gebraucht hat, um aus so vielen Gemeinden in der Region eine neue, die Noah-Gemeinde, zu gründen, ist nun auch nötig, um die Zukunftsperspektiven dieser Gemeinde offen zu halten.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einmal herzlich danken für Ihr Engagement und für die Zeit und die Fantasie, die Sie dabei aufbringen. Ich wünsche Ihnen dabei guten Erfolg!

Mit herzlichen Grüßen
Hans-Dieter Hüttmann

*Hans Dieter Hüttmann (82) war 18 Jahre – von 1980 – 1998 – als Pfarrer in der evgl. Gemeinde Nette tätig. Seit 18 Jahren ist er pensioniert und lebt in Kirchzarten im Schwarzwald.
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