Arme Noah-Gemeinde

Noch mal schnell ein Foto vom Kreuz, bevor der Turm abgerissen wird

“Alternative Fakten” auch in der Noah-Gemeindeversammlung

Seit einem Jahr versuchen die Mitglieder des Arbeitskreises zur Erhaltung des Gemeindezentrums in Nette vergeblich, eine nachvollziehbare Begründung für die Entscheidung gegen Nette zu erhalten.
Ein Beschluss, der, so munkelte man auf der Gemeindeversammlung am 31. Januar im Mengeder Saalbau, auf dem letzten Drücker und in der letzten Sitzung des alten Presbyteriums im Januar 2016 mit gerade einmal 10 Stimmen des 26köpfigen Gremiums beschlossen wurdeIst das etwa eine „breite Mehrheit“, die solch existenzieller Entscheidung eigentlich vorausgehen muss?

Es ist äußerst befremdlich, mit welcher Ignoranz der Arbeitskreis vom Kirchenvorstand seit einem Jahr behandelt wird: Misstrauisch, ablehnend und keine Bereitschaft zum Gedankenaustausch. Und dieses Verhalten gegenüber Menschen, die über viele Jahre maßgeblich das Gemeindeleben in Nette in ehrenamtlichen Funktionen gestaltet oder mit namhaften Spenden unterstützt haben.
Nicht ein einziges Mal hatten die für Nette zuständigen Pfarrerinnen den Mut gefunden, sich an einer der Sitzungen des Arbeitskreises zu beteiligen oder vor die Gemeinde zu treten, um sie zu informieren und reinen Wein einzuschenken. Im Gegenteil: Ein neu gewählter Presbyter, der sich vor fast einem Jahr zur ersten Sitzung des runden Tisches eingefunden hatte, wurde zurückgepfiffen, allen Mitarbeitern der Gemeinde, die die Absicht bekundeten, sich an einem Solidaritätskonzert des Kirchenchores zu beteiligen, oder an einer Sitzung der Bezirksvertretung Mengede als Zuhörer teilzunehmen, soll sogar mit personalrechtlichen Konsequenzen gedroht worden sein.

Man stellt sich die Frage, ist Seelsorger bzw. Seelsorgerin inzwischen eine überholte Berufsbezeichnung?
Halbwahrheiten und frisierte Zustandsbeschreibungen, die einzig dem Ziel dienten, das Netter Gemeindezentrum schlecht aussehen zu lassen, waren bisher alles, was man als Begründung preiszugeben bereit war. Nach dem Amtsantritt des neuen amerikanischen Präsidenten Trump nennt man so etwas „alternative Fakten“.

Beispielhaft hierfür: Die Glocken im Turm seien Schrott, ein Riss im Gebäude mache die Renovierung so teuer, eine Erweiterung des Kindergartens an der Karl-Schurz-Straße sei von der städt. Bauverwaltung nicht genehmigt worden, die angeblich notwendigen Renovierungskosten wurden mal mit 700.000, mal 400.000 oder auch lediglich 195.000 Euro beziffert.
Statten Sie, liebe Leser/innen von Mengede:Intakt!, sofern sich nicht aus Nette kommen, doch einmal der Netter Gemeinde einen Besuch ab. Sie werden keine Bauruine vorfinden, obwohl seit dem Zusammenschluss zu Noah vor 10 Jahren, wohl als Vorwegnahme der aktuellen Entscheidung, kein Euro in dieses Gebäude investiert wurde.

Während 2000 Menschen aus Nette sich schriftlich für den Erhalt des Netter Gemeindezentrums ausgesprochen hatten, erhoffte man in der veranstalteten Gemeindeversammlung im vollbesetzten Mengeder Saalbau endlich, fair informiert zu werden. Die Hoffnung trog.
Die Absicht, die nach Kirchenrecht vorgeschriebene Gemeindeversammlung zu nutzen, um der formellen Pflicht zu genügen, dabei aber so viel wie möglich zu verschweigen, war recht bald erkennbar. Elementare Fragen wurden nur pauschal oder gar nicht reflektiert, Unwichtigkeiten hingegen, wo z. B. demnächst ein Pfingstgottesdienst stattfinden kann oder wo zukünftig für kirchliche Zwecke Kopien angefertigt werden, wurden in aller Ausführlichkeit beantwortet. Beim Fußball nennt man das „auf Zeit spielen“.

So blieb unbeantwortet, warum die bei Noah-Gründung in Nette vorhandenen erheblichen Geldmittel (Insider sprechen von mehr als 300.000 Euro) nicht an Ort und Stelle für Renovierungsarbeiten verwendet wurden, wie man es verantworten kann, dass durch die Schließungspläne erhebliche Spendenmittel vernichtet werden oder warum der Glockenturm, der ebenfalls zum größten Teil mit Spenden aus der Gemeinde finanziert wurde, nicht als wichtige und Ortsverbundenheit stiftende Landmarke erhalten werden kann.

Mit der Leitung der lebhaften aber diszipliniert geführten Diskussion, die wie schon vor einem Jahr dem „Moderationsprofi“ Pfarrer Lambeck übertragen wurde, hatte man ein Rezept gefunden, um die Verantwortlichen nicht in Verlegenheit bringen zu müssen. Seine eingangs propagierten Spielregeln (jeder kommt zu Wort, jede Meinung ist wichtig, Fehler dürfen gemacht werden, maximale Redezeit zwei Minuten, Ich-Botschaften und respektvoller Umgang miteinander) wurden von allen Fragestellern eingehalten.

Die Pinnwand mit den stichworthaft erfassten Sorgen der Besucher füllte sich schnell. Lambeck versäumte es aber immer wieder, trotz nachhaltiger Rückfragen aus dem Auditorium die Stellungnahmen der Auskunftpflichtigen einzufordern. Es blieb ihm bei Erreichen des vorgegebenen Zeitlimits, das natürlich pünktlich eingehalten wurde, lediglich die Bemerkung, man danke für die vielen wichtigen Hinweise, die als Grundlagen für die zukünftigen Beratungen im Presbyterium unverzichtbar seien. Genauso hätte er vermelden können, dass damit der nächstbeste Papiercontainer gefüllt werde.

Die ganze Diskussion hätte man sich ohnehin sparen können. Während in der Gemeinde immer noch die Hoffnung keimte, mit ihren Sorgen Gehör zu finden, wurden in den letzten Monaten Tatsachen geschaffen, die unumkehrbar erscheinen: Der formelle Entwidmungsantrag ist bereits auf dem Weg, die Gottesdienste zur Entwidmung sind terminiert (Nette 15.10.2017 und Oestrich 22.10.2017) und auch das endgültige „Aus“ mit der Festsetzung auf den 31.12.2017 ist beschlossene Sache.

Der Verbleib der vielen Gemeindegruppen hingegen ist weiterhin völlig offen. Vage Andeutungen, man sei mit der katholischen Kirche auf einem guten Weg, veranlassten einen der Versammlungsteilnehmer zu der Bemerkung, dann könne man ja gleich der katholischen Kirche beitreten.

So stirbt mit dem Abschuss der Silvesterraketen in diesem Jahr das evangelische Leben in Nette und Oestrich. Ausgerechnet in einem Jahr, wo das Lutherjahr gefeiert und – welch eine Ironie – das 10jährige Bestehen der Noah-Gemeinde festlich begangen werden soll.
Oberammergau hat dann in absehbarer Zukunft vermutlich mehr evangelische Christen als der Ortsteil mit den meisten Bewohnern im Zentrum des Stadtbezirks.
Der von Pfarrer Springer in einem Gemeindebrief veröffentlichte Ausspruch: „Wir müssen gemeinsam anpacken“ ist unvollständig. Wenn er ehrlich und vollständig formuliert hätte, hätte er ergänzen müssen: „damit Nette und Oestrich verkauft wird und wir unsere eigenen Kirchengebäude erhalten und verschönern können!“ Frei nach dem bekannten St. Florian-Prinzip: „Du heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd andere an!“

Gemeinsamkeit sieht anders aus.

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