Befürchtungen wurden nicht bestätigt – bisher lief es gut in der Flüchtlingsunterkunft

Am 24. März 2016 besichtigten Bürger und Politiker die ersten Bauabschnitte der Flüchtlingsunterkunft.

Johanniter stellten der Bezirksvertretung ihre Arbeit vor

Anwohner machten sich Sorgen, als das bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstück an der Oestricher Breisenbachstraße Standort einer Flüchtlingsunterkunft wurde. Doch die Bilanz nach weniger als einem Jahr sieht keineswegs dramatisch aus. Bis auf mehrere Ruhestörungen in warmen Sommernächten und einer schlecht eingestellten nächtlichen Beleuchtung des Geländes gab es bisher für die Nachbarschaft kaum Gründe zur Beschwerde. Die Johanniter, verantwortlich für die Betreuung und Aufsicht der Einrichtung, stellten jetzt in der Bezirksvertretung ihre Arbeit und den Alltag mit derzeit 192 Bürgerkriegsflüchtlingen vor.

Abteilungsleiter André Lukas und der operative Einsatzleiter vor Ort, Khaled Abdulaal berichteten über die Situation vor Ort. Positiv beurteilten sie Bauweise und optischen Eindruck der für 504 Menschen ausgerichteten Anlage. Die Wohnblocks wirkten wie ein Neubaugebiet. Dazu trage auch die Modulbauweise bei, die weniger provisorisch aussieht als zusammen montierte Schiffscontainer. Hinzu komme, dass die im Grünen liegenden Gebäude einen ordentlichen Eindruck machen: „Wir halten die Bewohner dazu an, selbst aufzuräumen.“

Ziele: Integration, selbständiges Leben und Sprachvermittlung

Ziele ihrer Arbeit, so die beiden Johanniter, seien Integration, die Anleitung zum selbständigen Leben in unserer Gesellschaft und im demokratischen Rechtsstaat; hinzu komme Sprachunterricht. Dies alles zu schaffen, gelinge nicht zuletzt aufgrund der ehrenamtlichen Unterstützer des Vereins „Mengede hilft“, der benachbarten FABIDO- Kita, der Jugendkunstschule „balou e.V.“, der Jugendfreizeitstätte Nette und dem Verein „Borsig11“. Auch örtliche Sportvereine sind bereit, sich um Flüchtlinge zu kümmern.

Die Bewohner der Oestricher Unterkunft stammen überwiegend aus den Bürgerkriegsländern Syrien und Irak. Die meisten sind relativ jung, bei den Alleinreisenden stellen Männer 96, Frauen nur vier Prozent. Das, so Lukas, sei generell bei allen Flüchtlingen so, wohl vor allem wegen der Gefahren der Flucht.

Einsatzleiter Abdulaal berichtete im Zusammenhang mit der Frage nach der Religionsausübung, dass in Oestrich ein relativ hoher Prozentsatz an Jesiden und Kurden untergebracht sei. Beide Gruppen sind besonders von Verfolgung durch den IS betroffen. Da sie ihre eigenen Religionen haben, gäbe es wenig Kontakte zum hiesigen Moscheeverein. Den Inhaber des nahen türkischen Supermarktes habe sich schnell auf die neue Situation eingestellt. Inzwischen gehöre dort ein ganzes Regal mit arabischen Zutaten zum Angebot. Die Bewohner der Einrichtung bevorzugten es, das gewohnte Essen selbst zuzubereiten.

Bei den Kindern „erstaunliche, musische Talente entdeckt“

33 Mitarbeiter der Johanniter sind vor Ort im Einsatz. Es gibt einen Betreuungsdienst, der mit den städtischen Sozialarbeitern kooperiert. Dazu gehört auch ein Sprachlehrer und ein Betreuungsangebot für die Kinder. Letzteres ist nicht im städtischen Konzept enthalten. „Wir haben die Erfahrung gemacht,“ erläuterte Lukas, „dass wir über die Kinder auch die Eltern erreichen können.“ Die Jungen und Mädchen würden vor allem im musischen Bereich gefördert: „Manchmal entdecken wir ganz erstaunliche Talente.“

Außerdem stellt die Organisation einen Präsenzdienst, der rund um die Uhr Ansprechpartner vor Ort hat und Streitigkeiten schlichtet. Seit zwei Wochen haben die Gäste der Einrichtung einen eigenen, demokratisch gewählten Bewohnerbeirat, der dazu aufgerufen ist, den Alltag mitzugestalten. Die Mitglieder des Beirates nehmen auch an den Besprechungen der Johanniter teil. Es gibt zudem eine für alle verbindliche Hausordnung.

Nach nächtlichen Ruhestörungen Konsequenzen gezogen

Da es im letzten Sommer zu nächtlichen Ruhestörungen für die Nachbarschaft gekommen ist, sahen sich die Johanniter zu entsprechenden Maßnahmen veranlasst. Die Berichterstatter versicherten, es werde jetzt immer ab Viertel vor Zehn darauf hingewiesen, dass man sich ab 22 Uhr draußen ruhig zu verhalten habe. Was die grelle Beleuchtung angeht, so empfahl Bezirksbürgermeister Wilhelm Tölch, man solle untersuchen, ob nicht eine andere Ausrichtung der Leuchten die Situation verbessern könne. Ganz ausschalten könne man sie nicht, sondern sie seien aus Sicherheitsgründen nötig.

Viele Familien seien von der Breisenbachstraße inzwischen in eigene Wohnungen umgezogen, betonte Lukas, allerdings oft nicht in Mengede geblieben. Ein Grund für die Fluktuation: Im Stadtbezirk gäbe es kaum preiswerten Wohnraum. Höchstens in der Nordstadt sei etwas Bezahlbares zu finden. Das knappe Angebot an Sozialwohnungen in Dortmund habe dazu geführt, dass Flüchtlingsfamilien nicht selten in ländlichere Gemeinden umsiedelten, nach Selm oder Bergkamen beispielsweise.

Abschließend gab es viel Lob und ein Dankeschön der Bezirksvertreter für die Betreuer der Einrichtung, die „eine gute Arbeit“ geleistet hätten sowie für die ehrenamtlichen Unterstützer.

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