Winston Churchill wird fälschlicherweise die Aussage zugeschrieben „Sport ist Mord.“ Und wenn man bedenkt, dass er 90 Jahre alt geworden ist, obwohl man ihn nur Zigarre rauchend in Erinnerung hat, könnte man meinen: „Der Mann hatte recht“.
Auf Churchill bezogen mag dieses Zitat zutreffen, doch verallgemeinern kann man es nicht. Im Gegenteil: Gerade in einem Sportverein wie dem TV Mengede gibt es viel mehr Menschen, die eher zu einem weiteren – ebenfalls Churchill zugeschriebenen – Ausspruch neigen: „Keine Stunde, die man mit Sport verbringt, ist verloren.“
So stand es bereits im Newsletter des TV Mengede mit dem beziehungsreichen Namen „Schwitzkasten“, als Hertha Hubert vor fünf Jahren ihren 80–jährigen Geburtstag feierte. Heute fühlt sich Hertha Hubert nach wie vor topfit. Kleinere Wehwehchen mögen hinzu gekommen sein, darüber will sie aber nicht reden.
Für Hertha Hubert, die fast ihr Leben lang Sport betrieben hat, steht außer Frage: Sport kann das Altern zwar nicht verhindern, aber richtig betrieben, wird die Leistungsfähigkeit, die Vitalität und Widerstandskraft gegen Krankheiten aller Art gesteigert. Und das ist nicht auf Menschen unter 60 Jahren beschränkt. Das körperliche Lernen hört nicht auf. So lassen sich gerade motorische Fähigkeiten in jedweder Altersstufe trainieren; Bewegung schließlich fördert vor allem die Durchblutung und trägt zur alltäglichen Lebensfreude erheblich bei.
Es wäre jedoch zu kurz gedacht, wollte man Hertha Hubert nur auf ihre vielfältigen sportlichen Ambitionen reduzieren. Aufgewachsen ist sie in der damals so genannten „Kolonie“ in Mengede – in der Nertusstraße 20. Ihr Vater war Bergmann auf der Zeche Adolf von Hansemann, die Mutter führte den Haushalt und war für die Erziehung der Kinder Horst und Hertha zuständig.
Nach dem Besuch der damals kath. Schopenhauer-Volksschule in Nette wechselte sie 1940 zur Mittelschule, der heutigen Albert-Schweitzer-Realschule. Das war nicht selbstverständlich, denn sie war ja ein Mädchen, und die sollten damals in erster Linie „etwas Praktisches“ lernen. Und außerdem kostete der Schulbesuch zu viel Geld. So war sie dann auch das einzige Mädchen aus ihrer Klasse, das zur weiterführenden Schule gehen konnte, obwohl eine Reihe Mädels ebenfalls das Zeug dazu gehabt hätten. 1943 wurden die Schule nach Konstanz am Bodensee evakuiert, im August 45 ging es zurück nach Mengede. Erst im Frühjahr 1946 konnte die Mittelschule wieder besucht werden.
Zu ihren Lehrerinnen und Lehrern auf der Mittelschule gehörten Fräulein Eppendorf und die Herren Dammeier, Lueg, Kreuz und Panitz – zum Ende der Schulzeit kam Alfred Reinoldsmann hinzu, der spätere, langjährige Rektor der Schule. 1948 erhielt sie die Mittlere Reife und begann danach eine Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notargehilfin in der damals einzigen Anwaltskanzlei Julius Krapp.
Nach Abschluss der Lehre arbeitete sie im Bankhaus Burghardt und Bröckelschen als Direktionssekretärin. Nach ihrer Eheschließung mit Jost Hubert im Jahr 1955 gab sie diesen lukrativen Job auf. Damals war es eher ungewöhnlich, dass verheiratete Frauen neben ihrem Haushalt noch einer Beschäftigung nachgingen. Mit Geburt ihrer fünf Kinder war diese Thema eh für eine gewisse Zeit erledigt.
Jost und Hertha hatten sich schon einige Jahre vor der Heirat gekannt und gemeinsam auf dem ehemaligen Stahlhelmplatz trainiert. Hertha war eine talentierte Leichtathletin, eine Sportart, die von den damaligen Verantwortlichen des TV Mengede anfangs nicht unbedingt gefördert wurde.
Als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, begann Hertha Hubert wieder zu arbeiten, und zwar als Rechtsanwalts- und Notargehilfin in der Kanzlei von Rechtsanwalt und Notar Dr. Heinrich Arnold. Insgesamt über einen Zeitraum von 8 ½ Jahren war sie dort tätig.
Sobald die familiäre und berufliche Situation es zuließ, hat sie wieder regelmäßig aktiv Sport getrieben – nunmehr lange Jahre in der Gymnastikgruppe des TV Mengede, die von Hilde Pensold geleitet und deren Leitung später von Boga Stachula übernommen wurde.
Zusätzlich hat sie Volleyball gespielt, war über lange Zeit sehr aktiv beim Lauftreff des TV Mengede. Gut in Erinnerung sind denkwürdige Sportereignisse, wie z. B. die Teilnahme am 24-Stunden-Lauf in Westhofen oder am Silversterlauf in Flaesheim.
Der TV Mengede hat Herta Hubert viel zu verdanken. Sie war ja nicht nur sportlich äußerst aktiv und hat dabei nicht nur auf die Verbesserung bzw. Stabilisierung ihrer Leistungen geachtet, sondern sie war bei allen ihren sportlichen Aktivitäten auch eine „Mittelsfrau“, wenn es darum ging, divergierende Interessen auszugleichen. Von daher war sie die ideale Besetzung für den Aufgabenbereich der Geschäftsführerin für den TV Mengede. Über einen Zeitraum von knapp 20 Jahren hat sie dieses Amt mit der ihr eigenen Souveränität kompetent ausgeübt. Obwohl der TV damals bereits 1200 Mitglieder zählte, gab es noch keine Geschäftsstelle und keine hauptamtliche Unterstützung, wie es heute der Fall ist. Die „Geschäftsstelle“ war die Hubertsche Wohnung in der Mengeder Heide und unterstützt – falls überhaupt erforderlich – wurde sie von ihrer Familie.
Bei der Aufzählung all dieser verdienstvollen ehrenamtlichen Tätigkeiten gerät leicht in Vergessenheit, dass der viel schwierigere Job zu Hause zu erledigen gewesen ist. Damals war die Rolle der Frauen ziemlich festgelegt. Sie hatten zu Hause mit der Erziehung der Kinder, eine Aufgabe, die rund um die Uhr zu bewältigen war. So auch bei Huberts. Selbst später, als Jost ein Studium als Grundschullehrer absolvierte und in den Schuldienst wechselte, sollte sich an dieser Rolle nicht viel ändern. Die damit verbundenen vielfältigen Aufgaben bewerkstelligte Hertha Hubert in der Art, wie sie es auch in anderen Bereichen gut konnte: Ruhig, vermittelnd und ohne große Aufregung. Deswegen war sie auch erstaunt, als sie gefragt wurde, ob sie für ein Gespräch zum Thema „Frauenpower im Stadtbezirk zur Verfügung stünde. Aber es ist ja falsch, unter Powerfrauen nur diejenigen zu verstehen, die heute in den Medien die ersten Titelseiten schmücken oder verschandeln oder das große Wort führen.
Heute geht sie alles etwas ruhiger an. Sie walkt zwar zweimal in der Woche für eine Stunde, jedoch altersentsprechend erheblich langsamer als vor Jahren. Kraft schöpft sie auch bei der regelmäßigen Gartenarbeit. Aber als besonderen Höhepunkt empfindet sie, wenn ihre Kinder und Schwiegerkinder sie und ihren Mann Jost zum familiären Seniorentreff einladen. Sylt, Bodensee sowie Bergen aan Zee hießen die gemeinsamen Ziele in den letzten Jahren. Das gibt ihr Kraft und Zuversicht, das Alter mit seinen Vorzügen, aber auch mit seinen Problemen gut bewältigen zu können. Die stattliche Anzahl von inzwischen acht Enkeln sorgt dafür, dass im Hause Hubert immer gut Betrieb ist, gibt ihr aber auch die Gewissheit, dass sie – egal, was kommt – immer fürsorgliche Hände in der Nähe hat.
Dies ist ihr wichtig, und deswegen fühlt sie sich auch wohl in Mengede. Hier ist sie gut vernetzt, denn hier kennt sie viele Leute – alte und junge. Mengede hat durch den Ausbau des Zentrums an Attraktivität hinzugewonnen, meint Hertha, und sie hofft, dass dieser Ausbau auch im alten Ortskern weitergeführt wird.
Als passionierte Radfahrerin, die täglich zum Einkaufen mit dem Fahrrad in den Ort fährt, ärgert sie der erbärmliche Zustand der Zugangsstraßen zum Zentrum: Siegenstraße – Am hohen Teich und Mengeder Straße. Und noch mehr ärgert sie, wie rücksichtslos sich die Autofahrer verhalten. Egal, ob Pkw-, Lkw- oder Bus-Fahrer.
Hertha hat große Sorge, dass sie über kurz oder lang das Fahrradfahren einstellen muss oder aber umgefahren wird. Keine allzu schöne Aussicht für eine 85-jährige, die von ihrer augenblicklichen Stimmungslage gut und gerne 100 Jahre alt werden könnte und möchte.
Das sind ja nur noch 15 Jahre – alle guten Wünsche und eigene Absichten sind letztlich nicht entscheidend. Es liegt nicht in Ihrer Hand. Das weiß sie als gläubige Katholikin, und deswegen ist sie bei diesem Thema einerseits sehr gelassen und andererseits ganz zuversichtlich, dass die Dinge so kommen, wie sie kommen sollen.
Der von mir sehr geschätzte ‚Klaus Neuvians‘ hat eine inhaltsträchtige Beschreibung meiner ehemaligen Turnschwester Hertha Hubert, geb. Hockling gemacht.
Hertha war seinerzeit eine sehr beliebte ‚Turnschwester‘ während meiner aktiven Zeit als Turner im TV 1890 Mengede.
Ich erinnere mich gerne an meine eigenen aktiven Jahre im ‚TV‘, die zeitlich in etwa gleichauf lagen.
Neben ‚Hertha‘ gab es da noch (etwa zur gleichen Zeit) die ‚Lilli Sratmann‘, ‚Anni Veternik‘, ‚Otti Wendel‘ und noch viele mehr.
So sie denn noch leben, wünsche ich Ihnen alless Gute.
Ich würde mich freuen, wenn ich über andere noch lebende Turnschwestern bzw. Turnbrüder etwas erfahren könnte.
Mit freundlichen Grüßen und einem herzlichem ‚Gut Heil‘,
Friedhelm Kranefeld.