Domina Vobiscum
Allenthalben spendieren hilfsbereite Deutsche – Freunde des Asyls – den Negern in Deutschland Warnwesten. Der Schwarze an sich, denkt man sich, wird ja erst am Abend munter und könnte allzu leicht übersehen, sprich: überfahren werden, wenn er sich von seinem Lägerle entfernt und nicht rechts außen läuft.
Am sichersten ist der Asylant allerdings in einem Auffanglager in Afrika. Er spart die Überfahrt. Deutsche Beamte können dann vor Ort am Rande der Sahel-Zone einen Quickie-Check machen: Muskeln mal Fettmasse, Gewicht mal Alter geteilt durch Größe, AIDS-Test, Sprachkenntnisse, Zustand der Glieder: Leute ohne haben so wenig Chancen wie Zahnlose – aber ausgebildete Zahnärzte werden durchgelassen. Vorher impfen und die Regeln beachten: Vor dem Essen – nach dem Essen Händewaschen nicht vergessen. Thomas de Maziere kennt die Regeln, und als Christ weiss er: Der Weg übers Wasser fiel nur dem Flüchtling Jesus leicht.
Ganz allgemein wird der gemeine Flüchtling als Feind der westlichen Wertegesellschaft angesehen: Er ist hinter unseren Weibern her, frisst dir die Haare vom Kopf und hinter jedem könnt‘ ein vollausgebildeter Kindersoldat stecken, ein Hartz-IV-Tourist, der keine Skrupel kennt und nur aufs Kindergeld scharf ist, ein Drogendealer oder ein Sinti und Roma, verkleidet als Jugo. Und wenn er nicht mehr weiterkommt, beantragt er flugs Kirchenasyl, auch der Muselmann.
Im nahen Ausland ist die Situation nicht viel besser: Der Franzose fährt jetzt verstärkt rechts außen vor und hat seine Unschuld und sein Vertrauen in die herrschende Politik vollends verloren – und wird’s so schnell auch nicht wieder finden. Hier wie dort sinkt die Wahlbeteiligung. 50 Prozent bleiben zu Hause, 50 Prozent der Departements für die Linke futschikato. Ein Null-Summen-Spiel des Parlamentarismus. Helfen tät nur, direkt an der Wahlurne ein Begrüssungsgeld auszuzahlen. Aber unter einem Fuffi ist da nichts zu wollen, wüsste Omi Glimbzsch in Zittau.
Wir Deutschen wollen beliebt sein, notfalls bezahlen wir das, außer bei den Griechen, die müssen in die Knie. Angela Merkel als Domina Vobiscum, mit der die Angst grassiert, wir könnten wieder die sein, die wir sind. Am meisten Angst haben wir freilich, dass unsere Kinder drogenabhängig werden – da kann der Asylant nachhelfen. Fast jeder Dritte hat Angst vor Naturkatastrophen – da kannste eh nix machen – und 50 Prozent fürchten, dass die Politker versagen. Das ist nicht ganz unbegründet, auch wenn immer nur die von der anderen Partei versagen.
Anmerkung:
Die vorstehende Kolumne von Peter Grohmann ist in der KONTEXT:Wochenzeitung, in der Ausgabe 209 vom 1.4. 2015 erschienen. Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Stuttgarter Bürgerprojekts „Die AnStifter“.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit drei Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne.
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