Heute: Pfarrerin Renate Jäckel
Die neue Folge von Frauenpower im Stadtbezirk führt diesmal nach Nette in die evangelische Noah-Gemeinde zu Pfarrerin Renate Jäckel. Sie feierte in der letztenWoche ihr 25-jähriges Dienstjubiläum. Anlass genug, um mit der 55- Jährigen über den ersten von ihr geleiteten Gottesdienst, über besondere Erlebnisse aus der Vergangenheit aber auch über Zukunftspläne zu sprechen. Das nachfolgende Interview führte Nils Heimann von den Ruhr-Nachrichten; es wurde in der Ausgabe vom 8. Mai veröffentlicht. MENGEDE:InTakt! bedankt sich für die Genehmigung zum Abdruck.
Frau Jäckel. Vor 25 Jahren sind Sie mit dem Dienst an Wort und Sakrament betraut worden. Können Sie sich noch an den ersten Gottesdienst erinnern, den Sie geleitet haben?
Ja, das war 1987 in Lütgendortmund, noch im Vikariat in einer riesigen Kirche. Ich war damals völlig aufgeregt und mir zitterten die Knie. Das Lied nach der Predigt war „Großer Gott wir loben dich“ und ich habe aus vollem Herzen mitgesungen, weil ich so froh war, dass ich es hinter mir hatte.
Wie sind Sie dazu gekommen, Geistliche zu werden?
Das war reiner Zufall. Ich wusste nach dem Abitur nicht, was ich machen sollte. Dann habe ich mich entschieden, Theologie zu studieren. Allerdings hatte ich viele Zweifel, ob ich geeignet bin. Denn eigentlich konnte ich gar nicht das, was man für den Job braucht. Singen kann ich nicht, vor vielen Leuten reden konnte ich damals auch noch nicht, war eher zurückhaltend. Richtig sicher war ich mir erst nach der Ordination: Da habe ich mir gesagt: „Ja, ich mache das.“
Wo hat ihre Kirchen-Karriere begonnen?
Die Karriere als Pfarrerin mit dem Vikariat in Lütgendortmund von 1987 bis 1989. Damals noch unter dem Superintendenten Werner Lange.
War es vor 25 Jahren für Frauen schwieriger als es heute wäre, in dem Beruf Fuß zu fassen?
Ja. Es gab zwar viele Theologie-Studentinnen, aber es war sehr schwierig in eine richtige Pfarrstelle zu kommen. Wir hatten irgendwann mal die Situation, dass es im Kirchenkreis nur eine gewählte Pfarrerin gab, aber zehn oder zwölf Frauen mit dem so genannten Entsendungsdienst, die aber nicht mit allen Rechten in der Stelle waren. Grundsätzlich war es so, dass wenn sich Frauen auf eine Pfarrstelle beworben haben, waren ihre Chancen schlechter als die der Männer. Das hat sich heute zum Glück geändert.
Seit wann sind Sie als Pfarrerin in Nette im Dienst?
Ende der 90er Jahre sind einige Kollegen in den vorgezogenen Ruhestand gegangen und haben so Platz gemacht, für uns, die nur mit Zeitverträgen ausgestattet waren. So bin ich 1999 nach Nette gekommen, zunächst noch im Entsendungsdienst. Da im Kirchenkreis ein neues Konzept in Planung war, wurden frei werden Pfarrstellen nicht gleich wiederbesetzt. 2001 wurde ich dann in die Pfarrstelle eingeführt.
Haben Sie hier einen speziellen Aufgabenbereich?
Ein Schwerpunkt ist auf jeden Fall die Seniorenarbeit. Dazu widme ich mich auch noch der Arbeit mit pflegenden Angehörigen. Insgesamt kann man sagen, dass ich vor allem die Generation 50+ im Blick habe.
Was muss ein guter Geistlicher Ihrer Meinung nach mitbringen?
Menschenliebe. Einfach Interesse an Menschen. Dass man sich davon anrühren lässt, was andere Menschen bewegt. Dass man bereit ist, auf andere zuzugehen. Dass man bereit ist, andere zu respektieren und zu akzeptieren, wie sie sind. Was ein guter Geistlicher sicher aber auch mitbringen muss ist, dass er sich mit sich selber beschäftigt, also sich klar zu machen, wo seine eigenen Grenzen sind.
25 Jahre sind eine lange Zeit. Gibt es einen positiven Höhpunkt, der Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Kann ich gar nicht sagen. Nein. Positive Höhepunkte verbinden sich eigentich immer mit Projekten, die wir gemeinsam geschafft haben. So wie das Gemeindefest, das wir demnächst wieder feiern. Einfach wenn viele Menschen miteinander anpacken und man dann sieht, was dabei herauskommen kann.
Natürlich besteht ein Arbeitsleben nicht nur aus positiven Momenten. Gibt es etwas, was im Negativen herausragt?
Im Moment ist es einfach die schwierige Finanzsituation und die Frage, wie der Abbau gut gestaltet werden kann. Die Generation vor uns hat aufgebaut. Gemeindezentren sind entstanden, Gemeindeleben hat sich entwickelt und verschiedenste Gruppen wurden aufgebaut. Und wir müssen jetzt den Abbau hier leisten. Das ist sehr schwierig. Aber natürlich rührt eine Pfarrerin es auch sehr an, wenn prägende Menschen der Gemeinde sterben.
Im Vorfeld haben Sie sich als Geschenke zum Jubiläum „Gute Wünsche, aufmunternde Worte und nette Bilder“ gewünscht. Haben Ihnen ihre Gemeindemitglieder all diese Wünsche erfüllt?
Ja. Ich war wirklich überrascht, wie viel Wärme und Herzlichkeit mir da entgegen gekommen ist. Ich habe ganz viele liebevoll gestaltete Wünsche bekommen, das hat mich sehr berührt und mir gezeigt, ich bin hier am richtigen Ort und auch herzlich willkommen.
Zum Schluss ein kleiner Blick nach vorne. Sie haben ja schon einige Projekte in der Gemeinde angestoßen. Was haben Sie für die nächsten Jahre noch auf der Agenda?
Der nächste Schritt ist erstmal zu schauen, wie soll die Gemeinde im Jahr 2025 aussehen. Was werden wir da noch an Gebäuden haben, was kann da noch an Arbeit geleistet werden. Das werden dann die Rahmenbedingungen sein, unter denen ich dann meine Ideen noch verwirklichen kann. Ich persönlich würde gerne weiter versuchen, Menschen zu mobilisieren, insbesondere aus der Generation 50+, die bislang noch nicht in der Gemeinde sind, so wie wir es ja schon mit dem Repair-Café und dem Angebot für pflegende Angehörige oder der Wandergruppe und der Kulturtour tun. Da gibt es bewährte Kooperationen, wie mit dem Seniorenbüro oder der Diakoniestation, vielleicht finden sich da noch weitere Partner.