Ein italienischer Freund und Nachbar: Pizzabäcker Salvatore del Sorbo

Von Napoli nach Mengede: unser Pizzabäcker SalvatoreDSC00557

Gefühlt ist Salvatore Mengeder Urgestein, aber tatsächlich stammt er aus der italienischen Stadt Neapel. Doch wo liegt Neapel? Diese Stadt ist mit knapp einer Million Einwohnern die drittgrößte Italiens. Die Hauptstadt der Region Kampanien sowie der Provinz Neapel ist ein wirtschaftliches und kulturelles Zentrum Süditaliens mit ca. 4,4 Millionen Einwohnern. Neapel ist reich an historischen Bauten und Kulturdenkmälern, 1995 wurde die gesamte Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Im sehr heterogenen Stadtbild findet man Vorstädte mit riesigen Wohnkomplexen und weiten Flächen im Kontrast zu den engen und stark frequentierten Gassen der Altstadt.

 mein freund salvatore Quartieri_di_Napoli_svgWährend in den Stadtteilen westlich des Zentrums der Reichtum konzentriert ist, findet man im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten auch in den inneren Bezirken und der Altstadt Überbevölkerung und ökonomisch rückständige Gebiete.

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Dom von Neapel

Die soziale Lage der Vorstädte ist unterschiedlich, es handelt sich teils um Arbeiterviertel, teils um im Zuge des sozialen Wohnungsbaus entstandene Satellitenstädte. Schlechte Infrastruktur und Arbeitslosigkeit ist der Nährboden für organisierte Kriminalität.

Vor allem Massenmedien forcieren ein Neapelbild, das Armut, Verkehrschaos und Schmutz, organisierte Kriminalität und Unproduktivität in den Vordergrund stellt. Ein großes Problem ist die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit.

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Salvatore (M) in Neapel

Hier – im 12. Bezirk – ist Salvatore del Sorbo aufgewachsen, bis seine Eltern sich entschlossen, Italien zu verlassen. Der Vater hatte schon im Jahr 1958 eine Arbeit in Deutschland gesucht und gefunden: als Pizzabäcker. Nach einem großen Erdbeben, von dem vor allem Neapel und seine Umgebung betroffen waren, entschlossen sich die Eltern mit der gesamten Familie nach Deutschland umzuziehen. Das war im Jahr 1981. Damals gab es noch nicht die Freizügigkeit innerhalb der EU, d. h. die Familie wanderte mit den insgesamt 10 Kindern aus. Salvatore war gerade 14 Jahre alt. Eine Vorstellung von seiner Zukunft hatte er damals noch nicht, wie sollte er auch, denn zunächst hieß es, Mithelfen beim Vater in der Pizzeria in Bochum-Riemke. Allerdings deutete seine spätere Ausbildung wohl darauf hin, dass er dauerhaft im gastronomischen Gewerbe tätig sein würde.

Nach Abschluss der Ausbildung als Koch arbeitete er zunächst in München und Stuttgart in verschiedenen Restaurants.
1993 lernte er seine Frau Gabriele kennen. Sie heirateten und bekamen 1995 Sohn Fabio. 1997 übernahm er das Ristorante Salvatore in Mengede in der Adalmundstraße.

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Team Salvatore nach dem Umbau in der Adalmundstraße

Nach 14 Jahren Selbständigkeit gab er zum Bedauern seiner Gäste das Ristorante auf und arbeitete in der Küche eines größeren Restaurants in der Dortmunder Innenstadt. Allerdings stellte er nach kurzer Zeit fest, dass er doch lieber weiterhin unabhängig und selbständig arbeiten wollte, und so übernahm er im Jahr 2012 die Pizzeria Salvatore, links neben dem Mengeder Amtshaus.

Salvatore scheint der geborene Pizzabäcker zu sein; jedenfalls sagen seine Kunden, seine Pizzen seien die schmackhaftesten weit und breit. Das ist nicht verwunderlich, denn – so sagt man zumindest in Neapel – die Pizza soll in Napoli erfunden worden sein. Sie ist noch heute zusammen mit der Pasta das wichtigste Gericht der Stadt. Unter den Pizzen sind die Pizza Margherita und die Pizza Fritta dort am weitesten verbreitet. Zusammen mit der Pasta bilden sie die cucina povera, die Küche der kleinen Leute. Sogar Enrico Caruso hat ein Loblied auf Neapels Pizzen gesungen; aber dazu später mehr.

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Salvatore und Ehefrau Gabriele

Salvatore hat eine große Familie. Fünf der Brüder bzw. Schwestern sind zurück nach Italien gegangen, die anderen fünf leben in Deutschland. Zusammen mit seiner Frau Gabriele – die ohne Übertreibung als die gute Seele der Pizzeria bezeichnet werden kann – geht die Familie ihm natürlich bei der täglichen Arbeit gerne zur Hand. So kann er flexibel und locker reagieren, wenn die Kunden mit unterschiedlichen Wünschen zu ihm kommen. Im Lauf der Jahre hat er ein Gefühl dafür entwickelt, wann es ruhig laufen und wann es hektisch werden wird. Relativ sicher kann er sich auf regen Betrieb einstellen, wenn Borussia Dortmund ein wichtiges Spiel gewonnen hat. Es irrt, wer nun meint, in der jetzt abgelaufenen Saison sei das Geschäft wegen der teilweise mäßigen Leistungen des BVB schlecht gelaufen. Salvatore ist mit Fußballsachverstand ausgestattet und versteht, die Dortmund – Fans auch nach Niederlagen wieder aufzurichten. Dabei kommt ihm sicher zugute, dass er früher aktiver Fußballer war. Wenn er Zeit hat, trainiert er heute auch noch mit der „Alten-Herren-Mannschaft“ von Mengede 08/20, um sich fit zu halten.

So hat er in Mengede einen ansehnlichen Freundes- und Bekanntenkreis um sich versammelt, von denen einige gerne bei ihm – auch außerhalb der Essenzeiten – „auf einen Espresso“ vorbeikommen. Mengede ist ihm zur Heimat geworden. Hier fühlt er sich wohl und von den Menschen akzeptiert und angenommen.

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Salvatore mit seiner Schwester Nuncia

Gefragt, ob er einen Traum habe, den er verwirklichen wolle, meint er nach einigem Nachdenken, vielleicht würde er es doch noch einmal mit einem richtigen Restaurant in einer guten Geschäftslage versuchen. Sicher ist er sich dabei nicht, denn er weiß, mit welchem Aufwand dies verbunden ist. Und ob er dabei dann zufriedener sein würde, als im Augenblick, weiß er auch nicht. Aber reizen tät es ihn schon…

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Salvatore mit Sohn Fabio

Auch wenn er Mengede als seine zweite Heimat bezeichnet, verfolgt er doch intensiv die Ereignisse in Italien. Zu Berlusconi fällt ihm nichts mehr ein, zu Neapel und zum Süden Italiens doch eine ganze Menge, auch wenn er sich selbst als unpolitischen Menschen bezeichnet. Es schmerzt ihn zu sehen, wie die gesellschaftlichen Strukturen im Süden des Landes auseinanderbrechen. Auf die naheliegende Frage, was er tun würde, wenn er Bürgermeister von Neapel wäre, nennt er drei Punkte. Er würde mit höchster Priorität die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen, gleich wichtig erscheint ihm eine Reform des Gesundheitswesens und schließlich würde er die „Müll-Mafia“ aus der Stadt verjagen, wenn‘s nötig wäre, direkt ins Meer.Die Mafia in Süditalien sieht er ebenfalls als Problem, das er als Bürgermeister allerdings nicht lösen könne.

Um noch einmal auf den Fußball zurückzukommen: Der SC Neapel ist natürlich sein Lieblingsverein, kurz danach kommt der BVB. So gehört denn das Fußballspielen und das Miterleben von Spielen zu seinen Lieblingsbeschäftigungen – natürlich neben dem Kochen.

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… und heute

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Salvatore früher …

Zu seinen Lieblingsgerichten gehören ein gut abgehangenes und medium gebratenes Rumpsteak, als Beilage Nudeln jeglicher Art. Auf die mehr scherzhaft gestellte Frage, ob er gerne mal als Fernsehkoch auftreten würde, antwortet er mit einem eindeutigen Nein.

Auch insoweit passt er nicht ins Bild, das wir uns häufig und fälschlicherweise von italienischen Männern machen. So gesehen, könnte er eher ein geborener Westfale sein.
Zu Beginn des Gesprächs wurde Enrico Caruso als berühmter Sohn der Stadt Neapel erwähnt. Von ihm stammt der Ausspruch:
„Eines Tages werde ich nach Neapel zurückkehren,
weil es meine Heimat ist, die ich liebe.
Aber nicht, um zu singen,
sondern um Pizza zu essen.“

Caruso wäre sicher auch nach Mengede gekommen, um hier eine Pizza von Salvatore zu essen.

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