Über Suppenhühner und Rudelradeln in Mengede
Eine Kolumne von Heinrich Werbedes
Prost Stammtischbrüder!
Wie jedes Jahr um diese Jahreszeit bei schönem Wetter. Rudelradeln in Mengede und Umgebung. Betrachte mir von meinem Wohnungsfenster aus gelangweilt dieses Ereignis. Registriere halbherzig die verschiedenen Outfits der Vorbeifahrenden mit Helm oder Kappe.
Elektrofahrrad oder Tourenrad, aber immer kurze Hose. Egal ob Männlein oder Weiblein, kurze oder dreiviertellange Hose scheint ein Muss zu sein. Wahrscheinlich um mich, den Voyeur, an weißen , um diese Zeit noch wirklich absolut weißen Beinen zu erfreuen. Haarig oder glatt rasiert, aber immer in Socken und Sandalen steckend. Denke ich mir die Fußbekleidung weg, muss ich immer an Spargel denken.
Nachdem ich das Fenster geschlossen habe, gehe ich in die Küche, öffne mir ein Bier und teile meiner lieben Frau meine neuesten Erkenntnisse mit. „ Mein Gott“, meint sie, „hast du keine anderen Sorgen“? Habe es zwar gerne, wenn sie mich mein Gott nennt, verziehe mich aber lieber ins Wohnzimmer. Bin schließlich christlich erzogen. Suche keinen Streit. Hände falten, Schnauze halten. Sie folgt mir und fragt: „ Ziehst du eigentlich nur wegen deiner weißen Beine keine kurze Hose an?“ Nun ist es Zeit diplomatisch zu antworten. „Hast du schon mal John Wayne, Clint Eastwood oder Franco Nero in kurzer Hose gesehen?Geschweige denn Old Shatterhand?“ Sie macht ein unmissverständliches Zeichen. Konversation beendet.
Melody betritt das Zimmer. Sie ist meine Tochter. Ein Nachkömmling, wie man im Volksmund sagt. Melody heißt natürlich nicht Melody, ihr sorgsam ausgesuchter Geburtsname gefällt ihr nicht mehr. Sie möchte jetzt Melody genannt werden. Neuerdings nennt sie mich auch nicht mehr Papa, sondern nennt mich beim Vornamen. Allerdings nicht Heinrich, das findet sie uncool. Sie nennt mich Richy. Das ist cooler. Melody ist in der Pubertät.
„Richy, könntest du mal wieder Hühnersuppe machen?“ Hühnersuppe ist ihr Leibgericht. Ich halte ihr einen ellenlangen Vortrag über Familientradition. Bei uns gibt es nämlich nur Hühnersuppe wenn jemand krank ist. Danach fragt sie mich, ob wir uns gemeinsam einen Film anschauen könnten, den ihre beste Freundin empfohlen habe. Ihre beste Freundin heißt jetzt „Braune Locke“. Bei brauner Locke denke ich immer an Western, oder wie wir früher sagten: Cowboyfilme! Der Film heißt: Das Schicksal ist ein mieser Verräter! Ein Western war es nicht.
Stammtischbrüder, meine Frau, Melody und ich haben während und nach dem Film geheult wie die Schlosshunde. Selbst ich, der sonst nur heult, wenn ein rechtschaffener Cowboy hinterrücks von einem ganz in schwarz gekleideten Fiesling erschossen wird.
Prost Kumpels. Wenn ihr mal richtig abheulen wollt, schaut euch diesen Film an. Auch alte Jungen dürfen weinen!
Weich gekocht bereite ich übrigens gerade Hühnersuppe zu. Schneide allerdings Spargelstangen mit hinein. Als Highlight sozusagen.
Heut essen wir den Suppenhahn, den wir noch gestern huppen sahn. In diesem Sinne
Euer Heinrich Werbedes genannt Richy.
Hallo Herr Werbedes,
Ihr Beitrag hat mich köstlich amüsiert. Vor Allem die Beobachtungen zu den „Rudelradlern“ kann ich nur bestätigen, weil ich an einer beliebten Radelstrecke wohne. Wobei man oft bei älteren männlichen Probanden die körperliche Überforderung schon von Weitem erkennen kann. Vielleicht haben sie ja den Traum wie ein alter Cowboy im Sattel zu sterben. Manchem gelingt das sogar…….
Ich freue mich schon auf weitere humorlvolle Geschichten…Gruß Bärbel Howarde……