Neue Europäische Erbrechtsverordnung

Europa kann auch anders

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Gerade in diesen Tagen entsteht der Eindruck, die Staaten der Europäischen Union entfernen sich eher voneinander, als dass sie die Idee eines vereinten Europas verwirklichen. Gleichwohl gibt es aber in vielen Bereichen bereits einheitliche Regelungen, die in jahrelangen Verfahren unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen Länder entwickelt wurden, von allen respektiert und angewandt.

So sind wesentliche Bereiche des Verbraucherrechts geformt von europäischen Richtlinien. Jahrelange höchstrichterliche Rechtsprechung und Gesetze wurden durch europäische Rechtsprechung gegen Widerstände unterschiedlicher Interessengruppen aufgehoben, ganz eindeutig zum Wohl der Bürger.

Widerruf von Bankkrediten wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung oder Erstattung von Bearbeitungsgebühren sind aktuelle Beispiele.
 Probleme bereitete in der Vergangenheit die Rechtsanwendung in familien- und erbrechtlichen Verfahren bei Beteiligung von „Ausländern“.

Das zuständige deutsche Gericht mußte in Scheidungs- oder Erbscheinverfahren das „Heimatrecht“ der Beteiligten anwenden. Gleichwohl wurden die Entscheidungen deutscher Gerichte im Heimatland nicht anerkannt.
Im Familienrecht wurde bereits vor einigen Jahren durch entsprechende Verordnungen festgelegt, daß ohne Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit das Recht des letzten dauerhaften Aufenthaltsortes anwendbar ist. Das gilt nun auch in allen erbrechtlichen Angelegenheiten.

Die gesetzliche Erbfolge richtet also nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit, sondern ebenfalls nach dem letzten dauerhaften Aufenthaltsort. Auch das Ferienhaus in Holland, Frankreich oder Spanien würde nach deutschem Recht vererbt, wenn der Erblasser zuletzt in Deutschland gelebt hat. Ein europäisches Nachlasszeugnis dokumentiert für alle Staaten bindend die Erbfolge. Wer das nicht will, kann in einem Testament eine Rechtswahl treffen. Wer also auch nur vorübergehend nicht in Deutschland lebt, kann im Testament die Anwendung deutschen Rechts bestimmen. Macht er das nicht, kann ausländisches Recht gelten.

Bei 12 Millionen EU Bürgern, die nicht in einem Land ihrer Staatsangehörigkeit leben und zahlreichen ausländischen Vermögenswerten, Immobilien und Gesellschaftsbeteiligungen ist das ein weiterer wichtiger Schritt zu einer einheitlichen europäischen Rechtsanwendung.

Kai Neuvians, Rechtsanwalt und Notar