Volkstrauertag – Würdige Gedenkstunde
am Ehrenmal in der Adalmundstraße
Einen ungewöhnlich großen Zuspruch konnten die Veranstalter – die Mengeder Bürgerschützen und der Heimatverein – bei der diesjährigen Gedenkstunde am Ehrenmal an der Adalmundstraße verzeichnen.
Ungewöhnlich, denn das Wetter war an diesem Sonntag nicht besonders einladend und so war es denn auch wenig überraschend, als pünktlich mit Beginn der Regen einsetzte.
Der Vorsitzende des Bürger-Schützenvereins – J. Karlshaus – begrüßte die Vertreter von Politik und Kirche und auch zahlreicher Mengeder Vereine: Bergmann-Unterstüzungsverein, Heimatverein, Mengeder Bürgerschützen, ebenso Abordnungen der Reservekameradschaft Dortmund Nord-West und der ehemaligen Fremdenlegionäre NRW.
Die musikalische Begleitung der Gedenkstunde hatte – wie immer in den letzten Jahren – der Bläserchor der evgl. Noah-Gemeinde übernommen.
Es gab Worte des Gedenkens von Willy Tölch, dem Bezirksbürgermeister des Stadtbezirks Mengede. Die Kranzniederlegung erfolgte durch durch den amtierenden Schützenkönig – Dieter Nolte – und Hans-Ulrich Peuser vom Heimatverein, danach gab es eine kurze Ansprache von Pfarrer Rainald Martin-Bullmann von der Noah-Gemeinde.
Wenn die Gedenkfeier bis dahin eher routinemäßig ablief und sich von den alljährlichen Gedenkfeiern zum Volkstrauertag nicht wesentlich unterschied, bekam sie mit dieser Ansprache eine unerwartete Wende. Pfarrer Martin-Bullmann stellte in seiner Ansprache die Verbindung zwischen dem Terroranschlag vom letzten Freitag in Paris und den Opfern von Kriegen und Gewalt her. Er sprach von der Notwendigkeit, „uns durch Gewalt und Terror nicht unsere Kultur des guten Miteinanders nehmen zu lassen.“
An anderer Stelle mahnte er: „Wir dürfen uns nicht auf die Logik von Terroristen einlassen, uns nicht das plumpe Niveau ihres Denkens aufzwingen lassen – das ist die Herausforderung im Blick auf unsere Werte.“ Diese Ansprache war ein bemerkenswerter Höhepunkt einer insgesamt würdigen Gedenkstunde, die durch Händels „Sarabande“ – gespielt vom Bläserchor – musikalisch einen angemessenen Abschluss erhielt.
MENGEDE:InTakt! druckt nachfolgend den Wortlaut der Ansprache von Pfarrer Martin-Bullmann ab, die dieser uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat.
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Liebe Mengeder Bürgerinnen und Bürger
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Heute ist Volkstrauertag, wir gedenken der Opfer von Krieg u.Terror… Und ein Inferno des Terrors hat Freitagnacht Frankreich – nein ganz Europa erlebt.
Noch scheinen uns Entsetzen, Schock u. Trauer zu lähmen! Denn schon wieder hat es Menschen in Paris getroffen. Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr. Paris. Eine Stadt, die das Symbol für das Leben freier Menschen ist. Und noch immer kommen neue Nachrichten und es tauchen Fragen auf, was zu tun ist und was angemessen ?
Wie viele Europäer fühlen wir uns den Menschen in Paris nahe, vor allem jenen, deren Angehörige zu Opfern geworden sind.
Der Massenmord von Freitag und die Geiselnahmen zeigen, es gibt bei den Tätern ein beängstigendes strategisches Vorgehen.
Angesichts der Brutalität scheint die Reaktion der französischen Politiker und auch der Verantwortlichen in anderen Ländern wie hier bei uns, bemerkenswert: Große Besonnenheit – und ruhiges und überlegtes Agieren. Denn, wichtiger als die Botschaften der Terroristen und religiösen Fanatiker ist : Unsere europäischen Demokratien haben zu unser aller Nutzen verantwortungsvolle und verlässliche Politiker. Und wir können all jenen unsere Hochachtung zeigen, die nach dem Anschlag entscheiden mussten, was zu tun ist!
Leider gibt es nun einige, die zu Panik neigen oder sogar die Situation ausnutzen, um Ängste zu schüren gegen Muslime hier bei uns. Für uns gilt deshalb, die Besonnenheit als eine der großen Stärken unserer Demokratien wahrzunehmen. Und uns durch Gewalt und Terror nicht unsere Kultur des guten Miteinanders nehmen zu lassen. Sei es, ob wir mit Karikaturen über uns selbst lachen oder sogar über unsere Religion. Denn wir alle kommen zusammen, um beim Fußball, bei Konzerten oder bei anderen Veranstaltungen unser Leben in Freiheit zu leben.
Und: Wir pflegen unsere Gastfreundschaft für Menschen in Not.
Sollten wir uns diese Kultur und die darin liegende Größe nehmen lassen, hieße das nichts anderes, als sich auf die Logik der Fanatiker einzulassen und ihnen dadurch einen perfiden Erfolg zu bescheren.
Unsere Bibel kennt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Satz : Sie erinnert uns daran, dass Gott uns nicht einen Geist der Furcht, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben hat (- so der Prophet Jesaja ). Und Paulus führt an anderer Stelle aus: „Auch wenn ihr weint und traurig seid, haltet fest an der Liebe zum Leben und an der Ehrfurcht vor dem Leben und lasst euch das von niemandem nehmen! Gott ist bei euch und wird euch das geben, was ihr bei aller Angst und Trauer braucht: Tatkraft, Liebe zu den Menschen und einen klaren Kopf“.
Ich glaube, dieser Satz bringt die Herausforderungen auf den Punkt, die mit Gewalt und Anfeindungen verbunden sind: Wir dürfen uns nicht auf die Logik von Terroristen einlassen, uns nicht das plumpe Niveau ihres Denkens aufzwingen lassen – das ist die Herausforderung im Blick auf unsere Werte .
Zu Recht hat es geheißen: „In Frankreich war es nach den Anschlägen gegen die Zeitschrift Charlie Hebdo und die jüdischen Einrichtungen und Geschäfte gelungen, die unbeschwerte französische Kultur zu erhalten. Das ist eine Größe, von der wir lernen können.“ Das ist aber auch Größe, weil : „Wir wissen, dass unser freies Leben stärker ist, als jeder Terror!“ ( A. Merkel )
Lassen Sie uns in diesem Sinne eng mit unseren französischen Nachbarn zusammenrücken – in stillem Gebet für die Opfer, in Verbundenheit mit allen, die sich sorgen, aber auch mit dem Mut derer, die sagen:
„Das macht ihr nicht mit uns!“
Und so wollen wir trotz der schrecklichen Ereignisse in Paris heute am Volkstrauertag 2015 noch weiter zurückblicken als auf den vergangenen Freitag und wir wollen – nein – wir müssen uns erinnern – denn diese Erinnerung ist wichtig! Als Erinnerung an das Leid der anderen, vor allem an dasjenige derer, die in unserer Geschichte Opfer waren – von Kriegen und vom Terror.
Erinnerung, damit die Opfer nicht dem Vergessen anheimfallen. Erinnerung, damit – nach Ausschwitz, nach Stalingrad und auch nach dem 11. September und dem gerade vergangenen Freitag – nicht Sprachlosigkeit eintritt – angesichts der unzähligen unschuldigen Opfer.
Denn immer waren es Menschen, die die Orte des Grauens geschaffen haben.
Also Erinnerungsarbeit – gegen das Vergessen – um Menschen aufzurütteln und empfindsam zu machen für das Leid der Opfer. Und deshalb gibt es diesen Tag, gegen Ende des Jahres – diesen Tag und seine Aufgabe, der Verstorbenen zu gedenken und den Tod zu bedenken.
Beides ist wichtig, ist menschlich und ist gut. Denn: Wenn der Verstorbenen nicht gedacht würde, hätten sie vergebens gelebt. Denn im Vergessen und im Verschweigen kommt der Tod an sein Ziel. Denn er will auslöschen, was ist, und kann es nicht, wo ein Mensch eines anderen gedenkt, er kann es nicht , wo das Gedenken immer wieder zum Erinnern, das Erinnern immer mehr zum Verstehen führt.
So gesehen geht an diesem Tag mancher Blick und mancher Gedanke zurück. – Denn unser Leben ist ja alles andere als ewige Gegenwart, die ihrer selbst fraglos gewiss wäre, als gebe es kein Gestern, das in das Leben heute tief hineinreicht.
Unser Leben ist bis in seine Tiefen geprägt und bestimmt von dem, was Last und Glück der Vergangenheit ist, von den Ereignissen und Menschen, die es geprägt haben.
Sich dessen bewusst zu sein, sich das immer wieder in Erinnerung zu rufen, ist eine bleibende Aufgabe. Ich möchte nun ein Gebet sprechen …