Was wir in diesen Tagen gelernt haben

Arme Kirchen – Lobbyisten – Wenig Fantasie

Arme Kirchen
Sparen ist auch bei den beiden großen Kirchen in Deutschland in Deutschland angesagt. Begründung: Die steigende Zahl der Kirchenaustritte zwinge zu drastischen Sparmaßnahmen. (Vgl. hierzu auch die Beiträge auf MENGEDE:InTakt! vom 26.10. und vom 31.10. 2015 „Arme Kirchen – Evangelische Noah Gemeinde schrumpft“)

Diese vor allem mit dem Mitgliederschwund begründeten  rigorosen Sparmaßnahmen werden jedoch durch die jetzt veröffentlichten Zahlen über die Entwicklung der Einnahmen nicht gestützt. Im Gegenteil: Trotz sinkender Mitgliederzahlen erreichten beide Kirchen auch im vergangenen Jahr ein deutliches Plus bei den Steuereinnahmen. Aus Kirchenkreisen hört man nun dazu als Begründung, die Kirchensteuern hätten sich besser entwickelt als die Zahl der Gemeindemitglieder. Die Kirchen profitierten dabei offenbar von steigenden Löhnen und sinkender Arbeitslosigkeit.

Nach einer Meldung des „Spiegel“ vom 3.12. sind die Kirchensteuereinnahmen für die evangelische Kirche Deutschland (EKD) insgesamt kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2008 lagen sie bei 4,58 Milliarden Euro, im Jahr 2013 bei 4,84 Milliarden Euro und im Jahr 2014 bei 5,07 Milliarden Euro. Das Erzbistum Köln, die größte katholische Diözese meldete für das laufende Jahr einen Zuwachs von 5 %; 2014 hatte das Erzbistum 804 Millionen Euro eingenommen.

Die Strategie der Kirchenoberen, Personal drastisch einzusparen und Kirchengebäude zu verkaufen, wird so angesichts der vorstehenden Zahlen noch fragwürdiger und sollte vielleicht doch noch einmal überdacht werden.

Lobbyismus und die Folgen
Lobbyismus wird von der Bevölkerung allgemein als zulässige Interessenvertretung betrachtet. Dem könnte man zustimmen, wenn offengelegt würde, wer auf wen, bei welcher Gelegenheit und aus welchem Anlass Einfluss ausübt. Diese Transparenz ist meist nicht gegeben, wie z. B. bei der Parteienfinanzierung. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow (SPD) meinte dazu kürzlich in einer Pressemitteilung: „In den letzten Jahren ist durch fragwürdige Parteienfinanzierung, z.B. durch Spenden, Sponsoring oder Honorare für Reden, immer mehr der Eindruck entstanden, dass Lobbyisten sich einen direkten Zugang zur Politik erkaufen können. Dem müssen wir endlich Einhalt gebieten, indem wir die Parteienfinanzierung fair und transparent umgestalten.“
Es kann ja aus Sicht der Steurzahler nicht richtig sein, dass die Parteien ihre staatlichen Einnahmen erhöhen, ohne zugleich für mehr Transparenz bei ihren privaten Geldquellen zu sorgen.

Joseph Stiglitz – amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet – bezeichnet diese Art von Lobbyismus in seinem neuesten Buch* als „eine Form der Korruption, die nicht darin besteht, Politikern Umschläge mit Geldscheinen zuzustecken.“ Die Lobbyisten bedienen sich nach seiner Auffassung allerdings „eines genauso unfairen Verfahrens, durch das mit Wahlkampfspenden ‚politische Maßnahmen’ gekauft werden, was einige wenige sehr reich werden lässt.“

Mehr Transparenz wird seit langem schon beim direkten  Kontakt der Lobbyisten mit den Abgeordneten des Bundestages gefordert. Bisher weigerten sich die Regierungsparteien, die Namen derjenigen Lobbyisten zu veröffentlichen, die einen direkten Zugang zu den Abgeordneten des Bundestages haben. Nach einer längeren gerichtlichen Auseinandersetzung hat die Bundestagsverwaltung nunmehr einen ersten Schritt zu mehr Transparenz unternommen und eine Liste mit Namen von Lobbyisten veröffentlicht, die von den Parteien einen Zugang zum „Hohen Haus“ bekommen haben.
Es überrascht nicht, dass die meisten der 1111 Einlasskarten von der CDU bewilligt wurden – insgesamt 765. Von der SPD wurden Einlasskarten für 275 Lobbyisten ausgestellt, 61 von den Grünen und 28 von den Linken.
Autokonzerne und Rüstungskonzerne gehören zu den bevorzugten Gästen der Abgeordneten, ebenso Ölkonzerne, die Agrarindustrie und die Pharmaindustrie.
Das sind alles Konzerne und Industriezweige, die in letzter Zeit im Zusammenhang mit den Stichworten

  •  Abgase bei Kraftfahrzeugen,
  •  Freihandelsabkommen,
  •  Tierhaltung,
  •  Braunkohletageabbau,
  •  krebsverursachende Düngemittel,
  •  steigende Gesundheitskosten

von der Bevölkerung zu Recht sehr kritisch betrachtet werden.

Nach Auffassung des Politikportals Abgeordnetenwatch (www.abgeordnetenwatch.de)haben diese Branchen in den vergangenen Jahren in besonderem Maße von politischen Entscheidungen der Großen Koalition profitiert.

Wenig Fantasie bei der Betreuung älterer Kunden
Ältere Menschen möchten gerne eine auf ihre Lebenssituation zugeschnittene Betreuung beim Kauf von Dingen des täglichen Lebens haben.

Eine Umfrage der Deutschen Seniorenliga hat jetzt ergeben, dass die Warenangebote der Firmen und auch die Produktinformationen nicht den Bedürfnissen der älteren Menschen entsprechen. Es besteht eine große Unzufriedenheit, denn 82 % vermissen eine ausreichende Produktinformation und 75 % fühlen sich durch die Produktvielfalt überfordert. Nur 2% der Befragten sind mit dem Produktangebot zufrieden. 20 % der Befragten meinen, die Unternehmen würden die Kunden allein lassen, sobald sie ihr Produkt verkauft haben. (Siehe auch www.deutsche-seniorenliga.de)

Dabei wäre es gar nicht so kompliziert, ältere Menschen als zufriedene Kunden zu gewinnen und auch zu behalten. Hersteller und Handel bräuchten sich lediglich etwas intensiver um diese ältere Generation zu kümmern. Erhard Hackler – geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Seniorenliga – regt z. B. an, ältere Menschen mit in die Produktentwicklung einzubeziehen. Daraus würden sich nicht nur altersgerechtere Produkte und Dienstleistungen ergeben, sondern diese Klientel fühlte sich durch eine solche Maßnahme ernster genommen.

*Joseph Stiglitz: „REICH und ARM – Die wachsende Ungleicheit in unserer Gesellschaft“, S. 102; 2015 Siedler Verlag