Die „Roten Linien“ sind ausradiert
Vor gut einem Jahr gab es im Mengeder Saalbau eine Veranstaltung, die MENGEDE:InTakt! mit folgender Überschrift versehen hatte: TTIP, CETA und TiSA – mehr Zweifel als Hoffnungen. Dazu veröffentlichten wir den beigefügten Cartoon von Mario Lars.
TeilnehmerInnen der Veranstaltung formulierten ihre Skepsis gegenüber den vollmundigen Versprechungen. Im Gegensatz zu den Befürwortern haben die geplanten Freihandelsabkommen nichts mit einer Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in Europa, Amerika oder gar in den Ländern der sog. Dritten Welt zu tun. Eher gehe es um eine massive Veränderung der Gesellschaft. Präziser formuliert: Es gehe um die Durchsetzung von Interessen der weltweit agierenden Konzerne, zu Lasten demokratischer Errungenschaften, zu Lasten staatlicher Gestaltungsmöglichkeiten und zu Lasten öffentlich gewährleisteter Daseinsvorsorge.
Ein Jahr ist ins Land gegangen, die Basis der SPD hatte „Rote Linien“ formuliert, die auf keinen Fall überschritten werden dürften. Ihr Parteivorsitzender – Wirtschaftsminister Gabriel – fühlt sich nach wie vor wohl eher als Vertreter der Bosse, denn als Interessenvertreter der Mehrheit der Bevölkerung. Sein Ministerium setzt weiterhin auf das Abkommen.
Am vergangenen Montag – also vorgestern – veröffentlichte Greenpeace – streng unter Verschluss gehaltene TTIP-Dokumente. Die Erkenntnis hieraus: Die Befürchtungen der TTIP-Gegner sind berechtigt. „Sämtliche ‚roten Linien‘, die die SPD bei TTIP aufgestellt hat“, so schreibt die taz in ihrer heutigen Ausgabe , „werden damit von den USA nicht nur übertreten, sondern quasi ausradiert.“
„Die SPD-Führung scheint erneut eine strategische Chance zu verspielen. Sie könnte z. B. gemeinsam mit der wachsenden Schar der Kritiker aus der Gesellschaft einen vollständigen Stopp der Verhandlungen fordern mit anschließenden Neuverhandlungen. Ob die Große Koalition damit zu Ende wäre, ist noch offen. Aber die SPD wäre auf jeden Fall eine Alternative zur ‚marktkonformen Demokratie‘, wie sie von der Bundeskanzlerin propagiert wird.“ Das schrieben wir vor einem Jahr, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Und auch unser Lieblingscartoonist Mario Lars trifft mit seinem Cartoon den „Nagel auf den Kopf“.