Buchempfehlung: MEMORANDUM 2016

MEMORANDUM 2016
Europäische Union und Flüchtlingsmigration –
Solidarität statt Chaos

Wie jedes Jahr seit 1975 hat die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ auch 2016 ein Memorandum herausgegeben. In diesem Jahr trägt es den Titel „ Europäische Union und Flüchtlingsmigration- Solidarität statt Chaos“ und widmet sich der Fragestellung, wie es 2016 mit der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und in Europa aussieht und was für die weitere Entwicklung zu erwarten ist.

Erstmals im November 1975 legte die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ ein „Memorandum für eine wirksame und soziale Wirtschaftspolitik“ vor. Seit 1977 wird in jedem Jahr in der Woche vor dem 1. Mai ein weiteres Memorandum für eine alternative Wirtschaftspolitik veröffentlicht.
Mittlerweile gilt das Memorandum vielfach als „Gegengutachten“ zum jährlichen Gutachten des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ (der „fünf Weisen“).MEMO_2016_Rücken-18,5.indd

Das Memorandum 2016 wurde Ende April auf einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Es gliedert sich – wie in den vergangenen Jahren – in zwei Teile – die Kurzfassung, die bis Ende März von über 900 WirtschaftswissenschaftlerInnen, Gewerkschafterinnen und gesellschaftspolitisch Tätigen durch ihre Unterschrift unterstützt wurde, die Langfassung, die ausführliche Erläuterungen und Begründungen zur Kurzfassung enthält.

Wer ist die Memorandum-Gruppe?
In der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ arbeiten WirtschaftswissenschaftlerInnen sowie GewerkschafterInnen und  an der Entwicklung wirtschaftspolitischer Vorschläge und Perspektiven, „die sich an der Sicherung sinnvoller Arbeitsplätze, der Verbesserung des Lebensstandards, dem Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie wirksamer Umweltsicherung in Deutschland orientieren.
Dies schließt die Kritik und Zurückweisung der Vorstellungen und Theorien ein, die Beschäftigung, Einkommen, Sozialleistungen und Umweltschutz den Gewinnen der Privatwirtschaft nach- und unterordnen.“

Nach Auffassung der Memorandum-Gruppe tritt „die einseitig kapitalorientierte Position der Unternehmensverbände und der Bundesregierung in Deutschland auch deshalb mit besonderer Autorität auf, weil sie von der überwiegenden Mehrheit der WirtschaftswissenschaftlerInnen unterstützt wird.“ Hierdurch werde der Eindruck verbreitet, zur aktuell betriebenen – in erster Linie auf private Gewinnförderung gerichteten – Wirtschaftspolitik gäbe es aus wissenschaftlichen Gründen keine Alternative.
Dieser einseitigen Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Kapitalinteresse will die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ ihre Kritik und Gegenposition entgegensetzen, denn es handelt sich nach Auffassung der Gruppe nicht um Sachzwänge, sondern um Interessen der Privatwirtschaft, die hinter der Politik des Sozialabbaus und der Einkommenskürzungen stehen. Zu dieser Politik gebe es vernünftige und realistische Alternativen, die im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegen; diese Interessen würden sich allerdings nicht durch Appelle an die Einsicht der Bundesregierung, sondern nur im Kampf gegen die Interessen der Privatwirtschaft durchsetzen lassen.

Wesentliche Inhalte des MEMORANDUM 2016
Wie sieht es 2016 mit der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und in Europa aus? Und was ist für die weitere Entwicklung zu erwarten? Allen offiziellen Prognosen widersprechend, ist die Krise nach wie vor nicht überwunden. Und angesichts der zunehmenden Migration steht die Wirtschaftspolitik wie in der gesamten Europäischen Union so auch in Deutschland vor neuartigen Herausforderungen und wichtigen Weichenstellungen. Das MEMORANDUM 2016 benennt, wie die überkommenen Probleme und neuen Aufgaben bewältigt werden können. Dies erfordert eine nachhaltige, sozial-ökologisch ausgerichtete wirtschaftspolitische Strategie, die die wirklichen Krisenursachen angeht. Mit einem arbeitsmarktbezogenen Verteilungsbericht wird ein gangbarer Weg hierfür benannt. Weitere Themen sind die Politik der EZB und Geldpolitik, Steuerpolitik und Bankenregulierung. Außerdem behandelt das MEMORANDUM dieses Jahr kritisch die Energiewende sowie die Bildungspolitik.

Forderungen der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik
Für den notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft fordert die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ ein Investitions- und Ausgabenprogramm von zusätzlich 100 Milliarden Euro jährlich. Sie verteilen sich auf die Bereiche Bildung (25 Milliarden Euro), Verkehrsinfrastruktur (10 Milliarden Euro), Kommunale Ausgaben (10 Milliarden Euro), energetische Gebäudesanierung (5 Milliarden Euro), lokale Pflegeinfrastruktur (20 Milliarden Euro) und zusätzliche Arbeitsmarktausgaben (30 Milliarden Euro).

Ausgangspunkt für ein solches Investitions- und Ausgabenprogramm sind ungedeckte gesellschaftliche Bedarfe. Diese konzentrieren sich auf:

  • das berechtigte Anliegen nach mehr und qualitativ besserer Bildung,
  • nach einem geringeren Energie- und Ressourcenverbrauch,
  • nach besseren Maßnahmen der Daseinsvorsorge und
  • generell nach einer besseren Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen.

Gleichzeitig zielt dieses Programm darauf, die Beschäftigung und die Masseneinkommen zu steigern. Es geht um den Abbau von Arbeitslosigkeit und zugleich um die Verbesserung der materiellen Lebenslage großer Teile der Bevölkerung.

Zur Bewältigung der Flüchtlingsmigration ist nach Auffassung der Arbeitsgruppe ein Kapazitätsaubau in folgenden Bereichen erforderlich:

  • Kinderbetreuung: Zigtausende Plätze in Kitas fehlen; der  Kita-Ausbau muss intensiviert werden
  • Schulen und Hochschulen: Es geht nicht nur um ein Mehr an Lehrkräften
  • Volkshochschulen und Jugendbildungsarbeit: Finanzielle Austrocknung beenden
  • Familien- und Jugendsozialarbeit: Frühzeitige Intervention baut dem Entstehen von Parallelgesellschaften vor
  • Gesundheitsdienste: Wiederaufbau funktionsfähiger Strukturen nötig
  • Integration erschöpft sich nicht im Spracherwerb und in der Eingliederung in den Arbeitsmarkt
  • Einrichtung von Koordinierungs-, Informations- und Beratungsstellen
  • Keine weitere Privatisierung der inneren Sicherheit
    Die Finanzierung ist möglich

Um die anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen und die Forderungen der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ umzusetzen, ist eine entsprechende Finanzierung notwendig. Die Finanzierung erfolgt dabei auf drei Ebenen:

  • Selbstfinanzierungseffekte,
  • Kreditaufnahme,
  • Steuerpolitik.

In der Tat, das alljährliche MEMORANDUM ist zu einer festen und unverzichtbaren Einrichtung geworden und aus der aktuellen Debatte nicht mehr wegzudenken.

Weitere Informationen: www.alternative-wirtschaftspolitik.de