Herbert Knebel im Heinz-Hilpert-Theater in Lünen

Heinz_Hillpert_Theater

Heinz-Hilpert-Theater

 „Wir tun euch jetzt rocken“ –
Affentheater in Lünen

Vor 28 Jahren, mit 34 Jahren, ließ er sich als Frührentner „kaputtschreiben“ und ist seitdem ununterbrochen beschäftigt: Herbert Knebel. Als Ruhrgebietskultfigur entwickelte er ein derartiges Eigenleben, dass man leicht vergisst, dass hinter der Kostümierung mit Knappschaftsbrille, Elbsegler, Retro-Jacke und Oberhemd mit Hosenträger der Kabarettist und Schauspieler Uwe Lykow steckt.

Dem wurde von der Pförtnerin sogar einmal der Zutritt zum Heinz-Hilpert-Theater verwehrt, denn es könne ja jeder sagen, er sei Herbert Knebel.

Am Dienstag und Mittwoch vergangener Woche gastierte er wieder in „seinem“ Lüner Theater, das vor über 20 Jahren dem noch gar nicht so bekannten Künstler eine Plattform gab, als das „Bürgerhaus Brambauer“ dann doch zu klein geworden war. Mit seinem Affentheater präsentierte er wieder vor ausverkauftem Haus das nun schon seit zwei Jahren erfolgreiche Programm „Männer ohne Nerven“. Und dabei zeigten sie, dass gerade die manchmal ein ziemlich schwaches Nervenkostüm haben.

Uwe Lykow als Herbert Knebel in "Männer ohne Nerven".

Uwe Lykow als Herbert Knebel in „Männer ohne Nerven“.

So gehen dem „Trainer“ (Detlef Hinze) gleich zu Beginn die Nerven durch, als er zum Takt-Angeben bis vier zählen muss. Oder Ozzy Ostermann (Georg Göbel-Jacobi), der nach seinen vergeblichen Bemühungen, ihn zu beruhigen, selbst zu den Beruhigungspillen greifen muss. Einer bleibt immer souverän, hat für alles eine Erklärung, und mag sie noch so an den Haaren herbei gezogen sein: Herbert Knebel. Bei Knebels Erzählung von seiner Guste als Nichtschwimmerin, die er mal eben aus Spaß ins Becken stößt („Ich wusste gar nicht, wie gut die tauchen kann“), läuft im Kopf der Zuhörer ein Slapstick-Film.
Ebenso beim Besuch des indischen Restaurants „Zum Ghandi“, als Guste vom „sauscharfen“ Lammgeschnetzelten nascht und ihre brennende Kehle mit dem Wasser aus dem Hundenapf löscht, nachdem sie alle umstehenden Gefäße geleert hat.
Oder beim Sandaleneinkauf, als der Verkäufer sich beim Halten von Knebels mehrstöckigen Schokoladen-Eis so ungeschickt verhält, dass er „erst den Teppich und dann die gesamte Kollektion versaut.“ Zum Glück wird Herbert dann rausgeschmissen, wobei er die neuen Sandalen ohne zu bezahlen noch an den Füßen hat.

Herbert Knebel (Uwe Lykow),Ozzy Ostermann (Georg Göbel-Jacobi) und Ernst Pichl (Martin Breuer) (von links)

Herbert Knebel (Uwe Lykow),Ozzy Ostermann (Georg Göbel-Jacobi) und Ernst Pichl (Martin Breuer) (von links)

Wie gewohnt, ist Gitarrist Ozzi Ostermann wieder der Macho, der mit seinem breitbeinigen Gang und seiner typischen Gesichtsakrobatik die Frauen im Publikum anzumachen versucht. Und wenn er dann solo spielt, merkt man erst, was für ein hervorragender Musiker er ist. Auch Bassist Ernst Pichl (Martin Breuer) agiert wieder wie ein seriöser Oberlehrer.
Eine Aufwertung erlebt Schlagzeuger „Trainer“ mit seiner typischen Fistelstimme und dem „Bandscheibenschmerzverhinderungsgang“. Anfangs ist er noch wie immer der Naive, der sich fragt, wieviel Energie die Windräder wohl bei der Winderzeugung verbrauchen. Später zeigt er ungeahnten Fähigkeiten, als er blitzschnell bei „Stadt, Land Fluss“ alle Wörter mit „X“ weiß. Zur Belohnung erklingt für ihn „Unser Trainer ist kein Doofer“.

Köstlich ist die Szene, in der Knebel mit seinen Mitstreitern auf die wilden Zeiten in der Eisdiele als Kontaktbörse zurückblickt. „Ich war heiß wie ein Vulkan, wo sollte ich mich den anders abkühlen als in der Eisdiele?“ Wo man mit der „Juck-Box“ („ein 100 Kilo schwerer i-pod“) durch Drücken einer Single, „das war eine alleinstehende Schallplatte“, Botschaften ans andere Geschlecht sendete. Als man mit „Let’s spend the night together“ die Angebetete ansprach, und die dann mit „Yes Sir, I can Boogie“ antwortete.

Herbert Knebel (als King Elvis) und sein Affentheater als "Männer ohne Nerven":

Herbert Knebel (als King Elvis) und sein Affentheater als „Männer ohne Nerven“:

Apropos Musik: Die gab es reichlich, mit perfekt in die Welt der Akteure des Affentheaters versetzte und ins Ruhrdeutsch übertragenen Coversongs. Aus „We will rock you“ von Queen wurde „Wir tun euch jetzt rocken“, Bob Dylan lieferte die Melodie zu „Von innen jung“ und Herbert war mit „Wild Thing“ der Troggs „der Siedlungsking“. Aus „San Francisco“ wurde der Altenheimsong „Mich kriegt kein Schwein nach St. Franziskus“. Da war auch noch ganz ohne Grönemeyer die Ode an die Currywurst, die „die Rosette zum Brennen bringt.“ Sie wurden alle durch die Mangel des Affentheaters gedreht, von den Beach Boys über Hot Chocolate, bis zu Johnny Cash und Steppenwolf.

Bei den finalen Zugaben schlüpfte Knebel dann in die Rolle von King Elvis. Im weißen Bühnenanzug, etwas herausgewachsen und selbstverständlich mit Elbseglermütze, legte er „im kochend heißen Lünen“ eine Performance mit Hüftschwüngen, Po-Wackeln und Beinarbeit hin, um die ihn das Original beneidet hätte. Bei „Suspious Mind“ war er stimmlich näher am Original als mancher Möchtegern-Imitator. Am Ende hielt es keinen der 750 Zuschauer mehr auf den Sitzen. Es gab frenetischen Beifall für die Akteure, hatten sie dem Publikum doch jede Menge töffte Musick und ebenso viel Spass zum Beömmeln beschert.
Info:
Die nächsten interessanten Vorstellungen im Heinz-Hilpert-Theater:
Die Wanderhure (24.9.), Fritz Eckenga (4.10.),RPWL plays Pink Floyd (3.11.), Ben Becker: Ich, Judas (5.11.)
Karten unter 02306 1042299 (ohne Ticket-Gebühren) oder im Netz bei Eventim (mit Gebühren)