Von Nähmaschinen, Schusterwerkzeugen und
anderen Kostbarkeiten
„Tante Hedwig, Tante Hedwig, die Nähmaschine näht nicht, die Nadel ist gebrochen, Tante Hedwig ist gestochen.“ So oder ähnlich sangen in früheren Zeiten sicher auch die Kinder der „alten Kolonie“ in Mengede die eine oder andere Version dieses populären Klageliedes über ein nicht funktionierendes handwerkliches Utensil.
Damals konnten sie noch nicht ahnen, dass viele Jahre später Alexander Seuthe gerade in dieser Kolonie eine stattliche Sammlung von Nähmaschinen anlegen würde, die im Gegensatz vom Werkzeug der Tante Hedwig aber allesamt funktionsfähig sind.
Sein erstes Sammelstück war das „ Cloer Eiserkucheneisen“ seiner Oma Helene aus den 50-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das bewirkte die Initialzündung zu seiner Sammelleidenschaft. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Relikte vergangener Zeiten hinzu. Heute füllen sie eine ganze Haushälfte in der Marschallstraße 52. Die zweite Haushälfte ist sein persönlicher Wohnbereich, mit Küppersbusch-Herd und anderen Möbeln und Gebrauchsgegenständen ganz im Stil Wirtschaftswunderjahre eingerichtet.
Zukünftig will der Sammler zwar nicht diesen Privatbereich, aber doch den musealen Teil seines Hauses einmal im Monat der Öffentlichkeit zugänglich machen.
„Meine Idee war immer, Dinge zu erhalten, die zu schade sind, dass sie nur nutzlos in irgendwelchen Ecken liegen und ihre Existenz mehr und mehr in Vergessenheit gerät“, erläutert er als Motivation. Dabei will er die Gegenstände nicht einfach zur eigenen Erbauung oder nur zum Anschauen hinstellen. Sie sollen möglichst funktionsfähig sein. Viele von ihnen hat er eigenhändig repariert. Seine absoluten Lieblingsstücke sind die oben genannten Nähmaschinen. Von Maschinen der Firma Pfaff hat er im Laufe der Jahre gleich mehrere Modelle erworben.
Maßschneiderin Marianne Smeenk aus Mengede (sie hat ein eigenes Studio auf der Strünkedestraße und ein temporär geöffnetes „Büdchen“ an der Mengeder Straße) lenkte sein Interesse in diese Richtung. Ihre Nähmaschine als wichtigstes Werkzeug funktionierte nicht mehr richtig. Für die Reparatur suchte sie professionelle Hilfe bei Alex Seuthe. „Ich hatte bisher nur alte Motorräder repariert. Doch ich fand heraus, dass sie ähnlich funktionieren wie Nähmaschinen. Beide haben Nockenwellen, wenn auch die Kraftübertragung in eine andere Richtung geht.“ Die Reparatur war erfolgreich und die Liebe zu den Nähmaschinen war geweckt. „Jetzt bin ich auf der Suche nach einer Pfaff 143, mein absolutes Wunschmodell, denn sie besitzt eine technisch geniale Führung der Nadel.“
Durch den Nachlass der Familie Koch aus Westerfilde wurde sein Interesse für Schuhmachermaschinen und Schusterwerkzeuge geweckt. Im deren Keller fand er eine fast komplette Werkstatt, fein konserviert mit einer Patina aus Staub und Öl. Alle Geräte sind inzwischen in einem Top-Zustand, so dass er auf ihnen inzwischen Maßschuhe und Lederkleidung herstellt, für sich und auch für andere Liebhaber. „Der Preis ist Verhandlungssache. Man sollte aber bedenken, dass eine Fliegerkappe der 30er Jahre aus 40 Einzelteilen besteht und etwa 60 Arbeitsstunden erfordert.“
Seuthe ist oft unterwegs, um Raritäten für seine Sammlung zu finden. Einen Schlittenstaubsauger „Miele A“ bekam er in einem Museum in Hamm, bei dem er mit penetranter Hartnäckigkeit immer wieder nachfragte, ob er zu kaufen sei.
Bei Geschenkangeboten muss er manchmal vorsichtig sein, „denn oft wollen die Leute nur ihren alten Schrott los werden.“ Echte Kostbarkeiten sind nicht immer Schnäppchen, für eine seltene Nähmaschine muss man auch schon mal 700 € hinblättern.“
Was gibt es sonst noch zu sehen? Eiserne Bügeleisen, die auf dem Herd erhitzt wurden, ein Schreibmaschine aus den 20ern, bei der jeder Buchstabe einzeln in Position gebracht werden muss, hölzerne Schusterleisten und Schuhspanner, Dreifuß, Haarschneidemaschinen für den Handbetrieb, alte Elektrorasierer, Metallschilder aus früheren Zeiten und im ehemaligen Schweinestall drei wie neu glänzende Oldtimer Motorräder der Marke „Yamaha“, mit denen er Motorradausflüge unternimmt.
Das interaktive Museum von Alexander Seuthe ist an jedem zweiten Freitag im Monat von 16 bis 19 Uhr geöffnet. Adressaten sind interessierte Mitbürger und auch Eltern, die ihren Kindern die Welt von gestern vorstellen wollen. Für Schulklassen reicht allerdings die Platzkapazität nicht aus. Seuthe führt seine Sammelstücke auch in Aktion vor. „Wenn jemand seine kaputte Aktentasche aus frühen Zeiten mitbringt, die kann nach Begutachtung evtl. sogar repariert werden“, erklärt er. Über die E-Mail Adresse sralex@gmx.de kann Kontakt mit ihm aufgenommen, ein Besuch angekündigt oder ein individueller Öffnungstermin vereinbart werden.