Außergewöhliches beim Konzert im Amtshaus
In ihrem Bestreben, dem Publikum bei der Musik im Amtshaus (MiA) immer ein abwechslungsreiches Programm innerhalb der jährlichen Veranstaltungsreihe zu bringen und dabei immer wieder etwas Besonderes zu bieten, hatte die künstlerische Leiterin Elisabeth Sedlack-Zeidler für das Konzert am vergangen Samstag das italienische Duo Rita Marcotulli und Luciano Biondini gewinnen können.
Und außergewöhnlich war das Konzert in mehrfacher Hinsicht. Da waren zunächst die beiden Solisten, beide Künstler von Weltruf mit vielen internationalen Auszeichnungen. Was Veranstalter Michael Konrad vom Bezirksmarketing zu der humorigen Ansage verleitete „Wir freuen uns, zwei namhafte Künstler aus der italienischen Kleinstadt Rom hier in der Großstadt Mengede begrüßen zu können.“ Außergewöhnlich war auch die Kombination der beiden Instrumente, die man nicht häufig in einem konzertanten Zusammenspiel erlebt: Klavier und Akkordeon. Das liegt u.a. auch an deren unterschiedlichen Klangeigenschaften. Dabei ist die Harmonie auch deshalb sehr schwer herstellbar, weil ein Akkordeon sich im Gegensatz zum Piano nicht nachstimmen lässt.
Außergewöhnlich war auch das präsentierte Musikangebot, das Elemente der traditionellen italienischen Volksmusik mit solchen mit klassischem Charakter und denen des Jazz verband. Eine Herausforderung, bei der die Akteure ein Höchstmaß an musikalisches Können einsetzten, um sie zu bewältigen. Hochkonzentriert und mit technischer Perfektion ließen sie sich von ihrer musikalischen Inspiration leiten. Ebenso gefordert waren aber auch die Zuhörer, die sich unter dem Titel „La Strada invisibile“ auf diese „unsichtbare Straße“ begaben, ohne zunächst zu wissen, wohin sie sie führte. Dabei mussten sie bereit sein, nicht immer Harmonien im klassischen Verständnis und Musik im Bereich der traditionellen Hörgewohnheiten präsentiert zu bekommen. Mit dieser Bereitschaft bot sich ihnen dann ein unvergessener Abend.
Das Konzert begann mit einem wehmütig von Biondini zum „Klagen“ gebrachten Akkordeon, in das Rita Marcotulli mit dem Klavier einstimmte, wobei die Harmonien der Instrumente manchmal auseinander drifteten und dann wieder zusammenfanden. Das wurde noch deutlicher bei der zweiten Musiksequenz, bei der der Zuhörer manchmal den Eindruck hatte, die Klaviertöne bewegten sich zwischen denen des Akkordeons. Beindruckend war der Beginn im folkloristischen Bereich, dann tauchten immer mehr „jazzige“ Elemente auf, bis ein Stadium des „Cool Jazz“ erreicht wurde und auf wundersame Weise waren die Solisten danach wieder zurück bei dem volkstümlichen Klängen ihrer italienischen Heimat. Immer wieder kam das von ihnen in die Musik eingebrachte Gefühl zum Ausdruck, immer wieder ließen sie dem Publikum dabei auch die Freiheit, ihren Gedanken und Empfindungen nachzugehen und vielleicht sogar ein wenig in einen traumhaften Zustand zu versinken.
Häufig überraschten beiden Künstler die Zuhörer damit, dass sie ihren Instrumenten auch untypische Töne entlockten, Biondini ließ schon mal sein Akkordeon orgelähnlich klingen und Marcotulli setzte das Piano „durch Spezialbehandlung“ mal schlagzeugähnlich oder auch als Zupfinstrument ein. Interessant war es auch, die Solisten in ihrer persönlichen Wirkung und Körpersprache zu beobachten. Rita Marcotulli bildete eine Einheit mit ihrem Klavier und schien manchmal darin zu versinken. Der Gesichtsausdruck von Luciano Biondini vermittelte den Eindruck einen tiefen Versunkenheit, bei der er die Töne aus seinem Instrument förmlich heraus zu pressen schien. Stellenweise erinnerten seine Grimassen an Emil Zátopek kurz vor dem Zieleinlauf beim 10.000 m Lauf. Es dauerte etwa 30 Minuten, bis sich erstmalig und auch nur kurzzeitig fröhliche Gesichtszüge und ein Lächeln zeigten.
Zum Schluss zeigten die Solisten, dass es auch möglich war, beide Instrumente in voller Harmonie akustisch fast zu einem verschmelzen zu lassen. Nach dem Schlussapplaus erhielten die Zuhörer dann noch eine fast romantisch klingende Zugabe. Michael Konrad dankte den Künstlern, dass sie die Zuhörer auf ihre Weise an den Zauber der Musik herangeführt und musikalisch „tolle Stories“ erzählt hatten. Er versprach, dass „MiA „ nach dem Abschluss mit dem Kinderkonzert am 18. März auch in der 6. Saison ab September wieder in „aller Vielfalt glänzen wird.“
Die Publikumsresonanz auf das Konzert war überwiegend positiv, was die Niederschriften im Gästebuch verdeutlichten. Da gab es Eintragungen wie. „Schöne Kombination mit viel Gefühl“ über „Wunderschöne Musik zum Träumen“ und bis „ein außergewöhnliches akustischer Erlebnis“. Differenziert, sehr diplomatisch und nicht im Buch festgehalten urteilte Leni Osterhaus aus Frohlinde mit einem Vergleich: „Das Konzert war für mich wie eine kunstvoll gestaltete mit vielen Geschmacksfacetten ausgestattete mehrstöckige Torte, nach dessen Genuss man aber auch mal wieder Appetit auf ein einfaches Stück Apfelkuchen hat.“