7o Jahre und kein bisschen weise

„Brave Jungs“ aus Mengede feiern in diesem Jahr einen runden Geburtstag

„70 Jahre und kein bisschen weise“, so abgewandelt könnte der Refrain eines  vor Jahren von Curd Jürgens gesungenen Liedes zu Ehren der „Brave Jungs“ aus Mengede lauten. Jürgens besang zwar die fehlende Weisheit der 60-Jährigen, aber auf die 10 Jahre kommt es in diesem Fall nicht so sehr an.

Wenn die Gruppe „Brave Jungs“ in diesem Jahr ihr 70-jähriges Jubiläum feiert, dann ist das in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Ursprünglich handelt es sich bei ihnen um einen Kegelclub. Kegelclubs sind meist kurzlebig. Spätestens, wenn nur noch drei oder vier Kegler aus der Gründergeneration übrig geblieben sind, löst er sich auf. Nicht so beim Jubilar. Den gibt es seit 1947 – die ersten Gründer sind inzwischen längst verstorben, ebenso deren Nachfolger. Und auch bei den derzeitigen „Machern“ gehört schon eine Menge Optimismus dazu, anzunehmen, sie könnten das 100-jährige Jubiläum noch erleben.

Immerhin: 70 Jahre sind schon ein stolzes Jubiläum. Das muss wohl mit dem Namen zusammenhängen, denn brave Jungs sind sie heute allemal noch, oder präziser formuliert: inzwischen wieder.

Aber alles der Reihe nach.

Die Gründer im Jahr 1947 waren im Bergbau beschäftigt, vorwiegend allerdings nicht „vor Kohle“. Damals hat man über sie vermutlich gesagt: „Eine Schüppe kennen die nur vom Hörensagen.“ Einzelne Namen sind leider nicht überliefert.

In den 50er Jahren gab es einen erstaunlichen personellen Wechsel. Warum das so war, ist nicht mehr bekannt, aber die damaligen Aktiven des Kegelclubs setzten sich nach und nach aus „Handwerksmeistern“ zusammen. Eduard Diederichs, Johannes Feldhaus, Alfons Keuchel, Friedhelm Knippschild, Hans Linde, Willy Nickel, Otto und Horst Thäle, Horst Sorre sind den älteren Mengedern heute noch gut bekannt. Sie zählten allesamt zum mittelständischen Mengeder „Handwerksadel“.

Auch diese zweite Generation der „Gründerväter“ ist inzwischen längst verstorben, aber sie schuf die Voraussetzungen, dass der damalige Nachwuchs bis heute den Club am Leben erhalten hat. Die jungen und dynamischen Macher von einst sind allerdings inzwischen auch in die Jahre gekommen. Bis vor 10 Jahren – praktisch bis zum 60sten Jubiläum – haben sie noch aktiv gekegelt. Seit dieser Zeit jedoch treffen sie sich vierzehntäglich nur noch zum Stammtisch bei Tom’s im Burghof. Diese dem Alter geschuldete Zurückhaltung hat der Gemeinschaft jedoch keinen Abbruch getan.

Foto aus dem Jahr 1997 – damals wurde der 50. Geburtstag gefeiert. Auf dem Foto sind abgebildet: Hintere Reihe – stehend – von links: Hubert Wiemann, Klaus Winter, Gerd Borgmann, Winfried Vedder, Klaus Baier, Jürgen Schulte-Kump, Hubert Ludwig, Manfred Mecklenburg. Vordere Reihe – kniend – von links: Franz Festtag, Georges Mediaty, Willy Köck. Es fehlt: Harry Pohl.

Auf die Frage, was der Grund dafür gewesen ist, dass es die Gruppe auch heute gibt und die Mitglieder sich noch regelmäßig treffen, werden die gemeinsamen Erlebnisse, aber auch die internen Regeln genannt.

  • An erster Stelle stehen für diejenigen, die sich heute noch regelmäßig treffen, die jährlichen Kegelausflüge. Kaum vorstellbar, aber Tatsache: Insgesamt 35 Jahre lang, jedesmal um den 17. Juni, ist man in ein Wirtshaus nach Bad Hönnigen/Rhein gefahren. Dieser Bade- und Weinort liegt rechtsrheinisch zwischen Koblenz im Süden und Bonn im Norden im Naturpark Rhein-Westerwald. Die Kreisstadt Neuwied liegt ca. 10 Kilometer südöstlich von Bad Hönningen. 
Man ließ sich nicht beeindrucken von spöttischen und ungläubigen Nachfragen und Meinung der Ehepartner und Arbeitskollegen, das müsse doch langsam mal langweilig werden. Die Ausflüge – so jedenfalls die übereinstimmende Meinung – haben die Gemeinschaft geprägt und zusammengeschweißt und sind allesamt noch in guter Erinnerung.
  • An zweiter Stelle werden die ungewöhnlichen Aufnahmebedingungen genannt. Die Aufnahme von Neumitgliedern bedurfte eines einstimmigen Beschlusses der alten Clubmitglieder. Vor dieser Abstimmung war zunächst eine anspruchsvolle Prüfung abzulegen. Der Anwärter hatte sich an drei Kegelabenden einzufinden und musste dort seine sportlichen Qualitäten unter Beweis stellen. Das bezog sich auf das reine Kegeln, aber auch auf seine „Nehmerqualitäten“. Wer in dieser Disziplin schwächelte, sich z. B. im Laufe der drei Abende nicht benehmen konnte, hatte wenig Chancen die Aufnahmeprüfung zu bestehen.
  • An dritter Stelle wird das Versprechen zur absoluten Verschwiegenheit genannt, das jeder mit dem Eintritt in die Gemeinschaft ablegen musste. Bis auf ein einziges Mal („Einen  Maulwurf hatten wir mal“) hat das auch über die Jahre hinweg geklappt. Und dieses „Gelübde“ erklärt wohl auch dieTatsache, dass aus den vergangenen 70 Jahren im Grunde genommen nur ein Foto überliefert ist. Das stammt aus dem Jahr 1997 und erschien aus Anlass des 50. Geburtstages des Kegelclubs „Brave Jungs“ in den Dortmunder Ruhr Nachrichten.
  • Und schließlich verdankt die Gruppe ihr Jubiläum den über Jahre hinweg stabilen Organisationsstrukturen mit dem inzwischen verstorbenen Hubert Wiemann als Präses an der Spitze.

Mal sind es sieben…- von links: Gerd Borgmann, Winfried Vedder, Jürgen Schulte-Kump, Georges Mediaty, Klaus Baier, Dieter Görtz.

Aktuell treffen sich die Mitglieder der Runde alle 14 Tage jeweils am Dienstag im Mengeder „Burghof“. In voller Stärke sind es sieben Personen, manchmal sind es weniger.

… mal sind es vier; von links: Dieter Görtz, Franz Festtag, Winfried Vetter, Klaus Baier.

Aber immer gibt es so viel zu erzählen, als habe man sich wochenlang nicht mehr gesehen. Und wer sich die einzelnen Mitglieder ansieht oder ihnen zuhört, wenn sie über tagespolitische Ereignisse sprechen, denkt, in 10 Jahren könnten sie gemeinsam noch locker den 80. Geburtstag ihres Clubs feiern.

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