„Die lustige Witwe“ im Lüner Heinz-Hilpert-Theater

Viele Besucher aus Mengede sehen in Lünen erfolgreiche Inszenierung aus Köln

Heinz-Hilpert-Theater Lünen

Wer am vergangenen Sonntagnachmittag die Vorstellung der Operette „Die lustige Witwe“ im Lüner Heinz-Hilpert-Theater besuchte, wird viele Mengeder Gesichter gesehen haben. Zeitweise hatte man im Foyer sogar den Eindruck, sich im Vorraum des Kulturzentrums Saalbau zu befinden, so oft musste man nach rechts und links grüßen und auch Hände schütteln.

Allein von der Seniorenbegegnungsstätte Bürenstraße war unter der ehrenamtlichen Leitung von Adelheid Bieletzki eine Gruppe von fünfundzwanzig Personen im Kleinbus angereist. Aber auch viele Einzelpersonen hatten sich in das Theater unserer Nachbarstadt aufgemacht. Grund genug für MENGEDE:InTakt! auf die dargebotene Aufführung näher einzugehen.

„Wenn man reich ist, werden einem viele Arme entgegehgestreckt.“ Esther Hilsberg (re) als Millionenerbin Hanna Glawari.

„Dann geh ich ins Maxim…“. Viele werden noch die Zeilen und die Melodie im Ohr haben, wenn Johannes Heesters im Frack schwungvoll den langen Seidenschal um den Hals warf und als Graf Danilo dahin ging, „wo ich zu Hause bin.“ Bei der Aufführung von Franz Lehárs Operette am Sonntagnachmittag fehlte der Schal ebenso wie ein übertriebenes Pathos. Einen Frack trug lediglich der Diener Njegus. Dafür glänzte die entstaubte Inszenierung von Birgit Eppenweber der „Kammeroper Köln“ mit jugendlicher Frische, mit farbenfrohen, aufeinander abgestimmten Kostümen, hervorragenden Stimmen und flotten Tanzchoreografien.

Wie in jeder Operette muss das Paar erst zueinander finden: Danilo Danilowitsch (Dominic Kron) und Hanna Glawari (Esther Hilsberg).

Inhaltlich unterscheidet sich Franz Lehárs Erfolgsoperette kaum von anderen dieses Genres: Die Protagonisten nähern sich, dann driften sie auseinander und zum Schluss kriegen sie sich doch. So ist es auch bei Danilo Danilowitsch und Hanna Glawari. Der Gesandtschaftssekretär und Frauenliebling soll aus Staatsraison die 20-Millionen-Erbin heiraten, damit das Geld in seinem bankrotten Vaterland Pontevedrinien bleibt. Doch die beiden müssen erst wieder zueinander finden, denn im Wege steht eine frühere unglücklich endende Affäre.

„Lolo, Dodo, Joujou Clocio, Margot, Froufrou,
Sie lassen mich vergessen das teu’re Vaterland!“

Was die Geschichte trotz ihrer Banalität unterhaltsam macht, ist deren sich selbst nicht ernst nehmende, ins Komödiantische gehende Umsetzung, teils von der Regie eingebaut („wir schaffen das“), teils im Originallibretto enthalten. Da ist die Witwe eine „angetrauerte Gattin“, da gibt es einen „älteren Jüngling“, da ist man „unverschuldet verschuldet geworden“.

Was den Erfolg dieses Bühnenwerkes jedoch ausmacht, das mit seiner Uraufführung im Jahre 1905 eine neue Operettenära einleitete, einen Siegeszug um die Welt machte und in Amerika sogar eine vorher nicht gekannte Produktion von Fanartikel auslöste, ist die Kraft der Musik. Da reihen sich hitparadengleich Ohrwürmer an Ohrwürmer unterschiedlichster Stilrichtungen, ohne dass man als Zuschauer eine Rangfolge festlegen möchte. Das wussten die Akteure zu nutzen: Dominic Kron als Danilo legte mit seiner kräftigen Tenorstimme in das „Maximlied“ erst alle Lebenslust und später allen Weltschmerz hinein. Esther Hilsberg konnte manchem Zuhörer mit ihrer glockenklaren Sopranstimme beim tragischen „Vilja Lied“ Tränen in die Augen treiben.

Diener Njegus (Wolfram Fuchs) hat als „Strippenzieher“ alle Fäden in der Hand.

Beide zusammen glänzten in dem innigen Liebesduett „Lippen schweigen.“ Sarah Cossaboon als Valencienne und Benedikt Sindermann als Camille vertrauten dem „Kleinen Pavillion“ inbrünstig ihre verbotene Liebe an. Der Ballsirenenwalzer und der flotte Can-Can boten ließen das Ballett zu einem Wirbelwind auf der Bühne werden. Und das von Inga Hilsberg geleitete große Orchester zeigte nicht nur beim Walzertakt die akustischen Vorteile von Live-Musik gegenüber Konservenbrei.
Hervorragend war auch Wolfram Fuchs in der Sprechrolle des Buttlers Njegus, der, scheinbar geistig abwesend, immer voll anwesend war und als „Strippenzieher“ alle wichtige Fäden in der Hand hielt.

„Ja das Studium der Weiber ist schwer.“ Männer klagen ihr Leid.

Noch etwas bewies die Inszenierung: Eine aufwendige Kulisse und ein prächtiges Bühnenbild sind gar nicht immer notwendig. Hier reichten stilisierte Laternen, ein eindimensional mit Glühlampen angedeuteter Eiffelturm, vielseitig einzusetzende Türen und ein paar rot gepolsterte Kisten aus, um die Phantasie der Zuschauer anzuregen und Pariser Flair zu verbreiten.

Der Can-Can Tanz der Grisetten.

Rolf Krönke und Christa Frohnert, seit Jahren Stammgäste im Lüner Theater, hatten diese Vorstellung bewusst in ihr Wahlabo aufgenommen: „Das hat sich gelohnt, wir sind von der Aufführung total begeistert.“ Auch bei den Senioren aus der Bürenstraße war die Zustimmung groß und der Theaterbesuch sorgte auch noch für Gesprächsstoff bei der Heimreise nach Mengede.

Info: Die Kammeroper Köln gastiert bereits am 14.02.17 wieder im Heinz-Hilpert-Theater Lünen und zwar mit „Barricade“, einer modernen Musical-Version nach Victor Hugos Roman „Les Miserables.“ Es sind noch Karten erhältlich.

Ende gut, alles gut.