Die erstaunliche Verwandlung öffentlicher Parks

Beispiel Ludwigshafen: Phantasie und Knowhow ermöglichen Metamorphose

Harald Sauer: Frische Ideen für öffentliches Grün. Foto: Zybon-Biermann

Traumgärten, die man kostenlos jederzeit in der eigenen Stadt besuchen kann? So etwas gibt es in Ludwigshafen. Vor allem einem Mann, dem Chefgärtner der 165.000-Einwohner-Gemeinde am Rhein, ist das dortige Blühwunder zu verdanken: Harald Sauer, verantwortlich für das Grün in Ebertpark und Hauptfriedhof. Er berichtete jetzt auf Einladung der Dortmunder Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS) im Bildungsforum Schule, Natur und Umwelt des Botanischen Gartens Rombergpark zum Thema „Die erstaunliche Verwandlung öffentlicher Parks in Ludwigshafen durch unkonventionelle Stauden-, Gehölz- und Wechselflorpflanzungen.“

Teil des vom Freundeskreis finanzierten Quellgartens. Foto: Hegmann

Öffentliche Parks, in denen es anderes als mehr oder weniger gepflegten Rasen und Gehölze zu sehen gibt, sind selten. Statt langweiliger Grünflächen blühende Gärten in städtischer Regie zu finden, ist bisher die Ausnahme. Dortmund gehört zu den Glücklichen, die so etwas vorzuweisen haben. Das große Staudenbeet im Botanischen Garten Rombergpark und die Senkgärten an den Rosenterrassen sind prachtvolle Beispiele – entstanden nicht zuletzt dank der ehrenamtlichen Planung-, Mitarbeit und Beratung der GdS.

Ludwigshafen hat im Ebertpark und im Hauptfriedhof auch Großartiges anzubieten. Hier war es allerdings die Stadt selbst, oder besser, ihr ambitionierter Chefgärtner, auf dessen Konto die blumige Metamorphose vorrangig geht. Allerdings gibt es auch in der Stadt am Rhein inzwischen einen Freundeskreis, der als gemeinnütziger Verein die innovativen Pflanzungen finanziell unterstützt.

Chefgärtner der Stadt entwickelte eigenen Gestaltungsstil

Bäume ringsum schaffen dramatische Lichteffekte in einer idealen Natur. Foto: Hegmann

Harald Sauer, gelernter Landschaftsgärtnermeister, hatte durch seine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau eher wenig mit Pflanzenverwendung zu tun. Im Laufe seiner Tätigkeit entdeckte er den Reiz eines sorgfältig geplanten Zusammenspiels von Stauden, Gräsern und Gehölzen, die damit erreichbare Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten und vertiefte seine Kenntnisse. Das gelang so gut, dass er und seine Schöpfungen bald allgemein Aufmerksamkeit erregten. So wirkte er bei der Planung des temporären Schaugartens der GdS-Regionalgruppe Kurpfalz im Rahmen der Landesgartenschau 2015 in Landau mit.

Nicht nur optische Vorzüge und der ökologische Wert solcher naturnah wirkenden Bereiche spielen eine Rolle, sondern auch der angesichts knapper öffentlicher Mittel vorrangige Kostenaspekt. Für eine standortgerechte und richtig zusammengestellte Stauden-/Gräser-Pflanzung sind durchschnittlich zehn Minuten Pflege pro Quadratmeter und Jahr aufzuwenden. Der Aufwand variiert, je nachdem, welche Arten gewählt und wie sie präsentiert werden. Allen gemeinsam ist, das sie am Ende des Winters abzumähen bzw. zurückzuschneiden sind. Das Schnittgut kann oft liegenbleiben. Manche Bereiche benötigen nur vier Minuten Arbeit pro Quadratmeter und Jahr. Sauer: „Das sind gute Flächen für den Kämmerer.“

Eine sonnige Rabatte auf einer langen Rasenfläche des Hauptfriedhofes. Foto:Hegmann

Zu den bekanntesten Beispielen pflegeleichter Staudenkombinationen zählt „Silbersommer“. Das vom Bund Deutscher Staudengärtner unter Leitung von Cassian Schmidt entwickelte und vermarktete Rezept für ein langfristig ansehnliches Beet hat sich vielerorts bewährt. Das Silbersommer-Bild, das Sauer präsentierte, entstand allerdings in Mannheim. In Ludwigshafen wurde auf ein derartiges „Fertigmenü“ verzichtet. Daheim hat der Ludwigshafener Chefgärtner sowohl auf dem Hauptfriedhof wie auch im Ebertpark eigene Lösungen gesucht und gefunden, die jeweils an den Ort angepasst sind.

Pfiffige Ideen gefragt – und nie die Kosten vergessen!

Prozession der Barbapapas: Geschnittene Sträucher müssen nicht ernst aussehen. Foto: Dr. Joachim Hegmann

Auffallend ist dabei nicht nur die Zusammenstellung von Stauden, Gräsern und Blumenzwiebeln, sondern auch die Einbeziehung der Gehölze in das Gesamtbild. So zögert der Pfälzer nicht, manche Sträucher mit farbigem, auffallenden Blattwerk wie Sambucus nigra ‚Black Lace‘ regelmäßig auf Bodenhöhe zurück zu schneiden. Die sonst als kleiner Baum oder Großstrauch wachsende Sorte des Schwarzen Holunders nimmt so das Aussehen einer filigranen Blattschmuckstaude an. Andere Gehölze werden in originelle Formen geschnitten und setzen verblüffende und heitere Akzente. Da gibt es dicke, grüne „Barbapapas“ und Hainbuchen in Gestalt abstrahierter Vogelscheuchen, vor denen sich garantiert weder Meise noch Rotkehlchen fürchten.

Vogelscheuchen, die kein Piepmatz fürchtet. Foto: Hegmann

Dank phantasievoller und intelligenter Herangehensweise an die Gestaltung bleiben trotz beeindruckender Ergebnisse die Kosten moderat. Harald Sauer darf diesen Aspekt nie vergessen. Verständlich wird das aber, wenn man sich vor Augen hält, dass ein klassischer Sommerflor, der permanent gepflegt und auch gewechselt werden muss, zwischen 100 bis 150 Euro pro Quadratmeter und Jahr verschlingen würde.

Um die Jahrtausendwende herum hatte man aus Gründen der Sparsamkeit überlegt, den Ebertpark in seiner ursprünglichen Form aufzugeben und in eine einfache Grünanlage, also Rasen plus Bäume, umzuwandeln. Inzwischen spricht niemand mehr davon. Im Gegenteil: Der experimentierfreudige Chefgärtner darf inzwischen auf die Unterstützung durch Politik, Verwaltung und Bürger zählen. Dazu – was ebenso wichtig ist – auf viele engagierte Mitarbeiter, ohne die solche Projekte nicht realisierbar wären.

Verwunschenes Reich im Schatten, für das nicht zu viel Pflege nötig ist. Foto:Hegmann