Holt die Kinder vom Strich !

help and hope fördert die Mitternachtsmission mit 25.000 Euro

Seit 2012 fördert die Stiftung help and hope die Dortmunder Mitternachtsmission. Auch Ende 2016 wurde das Projekt „Hilfe für Kinder und Jugendliche in der Prostitution und Prävention“ mit 25.000 Euro gefördert. In diesem Projekt suchen Sozialarbeiter bzw. Streetworker zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten Orte auf, wo sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen aufhalten.

Die Dortmunder Mitternachtsmission hat den Kampf gegen die Kinderprostitution im Stadtgebiet Dortmund bereits Anfang der 90er Jahre mit dem Schwerpunkt „Hilfe für Kinder und Jugendliche in der Prostitution und Prävention“ aufgenommen. Mit der Spende der Stiftung kann eine halbe Dauerstelle für diesen Schwerpunkt finanziert werden, die restliche Finanzierung der Dauerstelle erfolgt durch anderweitige Zuschüsse.

Die dauerhafte Finanzierung einer solchen Stelle ist enorm wichtig, denn werden für Kinder und Jugendliche in der Prostitution keine Angebote und Hilfen zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven geschaffen, kann man davon ausgehen, dass der gefährdete Personenkreis sich von dem Milieu nicht mehr lösen kann. Insbesondere bei den drogenabhängigen Mädchen besteht enormer Handlungsbedarf, denn hier stehen kaum Beratungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung. Absehbare Folgen: Immer mehr dieser Kinder und Jugendlichen verlieren sich in der Drogen- und Prostitutionsszene.

Übergabe des symbolischen Schecks. Von links: Silvia Vorhauer (MiMi), Judith Hessellink (Stiftung help and hope), Andrea Hitzke (MiMi). Foto: Laura Riedesel (Stiftung help and hope)

Wenn Andrea Hitzke – derzeitige Leiterin der Mitternachtsmission – über die tägliche Arbeit in diesem Schwerpunkt berichtet, dann ist man zunächst ziemlich sprachlos. Nach aktuellen Veröffentlichungen des Bundeskriminalamtes (BKA) wird der weltweite Umsatz, der mit Kinderprostitution und mit Kinderpornografie erzielt wird, auf 10 -12 Milliarden US-Dollar geschätzt. Damit gehört die sexuelle Ausbeutung von Kindern – neben Waffen- und Drogenhandel – zum weltweit ertragsreichsten Geschäftszweig. Allein in Deutschland geht man von jährlich 300.000 Fällen von Kindesmissbrauch aus, wobei die Dunkelziffer vom BKA deutlich höher angesetzt wird.

Kinder und Jugendliche in der Prostitution benötigen ein Hilfsangebot, das auf freiwilliger Basis in Anspruch genommen werden kann und das sofort und unbürokratische Hilfe anbietet. So ist denn auch der Schwerpunkt der Arbeit der Dortmunder Mitternachtsmission für diesen Aufgabenbereich die aufsuchende Sozialarbeit, auch Streetwork genannt, d.h. die Mitarbeiterinnen – eine hauptamtliche Mitarbeiterin, die durch 6 Honorarmitarbeiterinnen unterstützt wird – gehen dort hin, wo Kinder und Jugendliche „arbeiten“.

Die Prostitution dieser Kinder und Jugendlichen erfolgt verdeckt, das bedeutet für die konkrete Arbeit, dass die Mitarbeiterinnen in einem sehr großflächigen Bereich streetworken müssen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es wichtig ist, täglich 2x präsent zu sein, zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten. Ein Einsatz der Streetworker vor Ort dauert mindestens eine Stunde bis zu durchschnittlich 3-4 Stunden. Bis Einbruch der Dunkelheit ist jeder allein unterwegs, denn die Eins-zu-eins-Situation bietet die beste Form der Kontaktaufnahme zu neuen Mädchen. Abends und nachts sind sie zu zweit unterwegs. Abgesehen von festen Verabredungen vor Ort weiß das Team nie, was beim Einsatz zu erwartet. Oftmals sind sofortige weitergehende Hilfen notwendig.

Sicher ist: Werden für Kinder und Jugendliche in der Prostitution keine Angebote und Hilfen zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven geschaffen, kann man davon ausgehen, dass der gefährdete Personenkreis sich von dem Milieu nicht mehr lösen kann. Insbesondere bei den drogenabhängigen Mädchen besteht enormer Handlungsbedarf, denn hier stehen kaum Beratungs- und Betreuungsangebote zur Verfügung. Absehbare Folgen: Immer mehr dieser Kinder und Jugendlichen verlieren sich in der Drogen- und Prostitutionsszene.

Knapp 60 minderjährige Prostituierte, überwiegend Mädchen mit deutscher Staatsangehörigkeit, aber auch Jungen, hat die Mitternachtsmission allein im Jahr 2016 betreut.

Es ist daher wichtig die Mitternachtsmission nachhaltig finanziell zu unterstützen, damit sie halbwegs über eine Budget-Sicherheit verfügt und sich nicht gezwungen sieht, Betreuungsmaßnahmen zu reduzieren, was sofort mit einer Gefährdung der bisherigen Arbeit verbunden wäre.

Vor diesem Hintergrund ist die Spende der Stiftung help and hope zur Finanzierung einer halben Stelle für die Mitternachtsmission wie ein warmer Regen in dürren Zeiten.

MENGEDE:InTakt! hatte bereits im Frühjahr 2015 im Rahmen eines Interviews mit dem Verein roterkeil, der die Mitternachtsmission ebenfalls finanziell unterstützt, über die Arbeit der Mitternachtsmission berichtet. Diesem Interview hatten wir einen Bericht aus dem Alltag der Mitternachtsmission beigefügt, verfasst von einer Mitarbeiterin, den wir nachfolgend noch einmal zur Verfügung stellen:

„Genauso so unterschiedlich wie die Einstiegsbedingungen in die Prostitution sind, genauso vielfältig sind auch die Beratungen und deren Schwerpunkte. Zur Veranschaulichung zwei Fallbeispiele:

Lena fiel dem Ordnungsamt und den Streetworkern das erste Mal mit 14 Jahren auf, da sie in der nördlichen Innenstadt sexuelle Dienstleistungen anbot. Gespräche mit den Jugendamt und der Familie konnten die Situation relativ schnell klären, so dass Lena nicht mehr anschaffen ging.
Wir begleiteten Lena und ihre Familie noch ein paar Monate. Die Entwicklung verlief wunschgemäß. Wir regten allerdings einen Schulwechsel an, da Lena in ihrer bisherigen Schule extrem gemobbt wurde. Nach gut einem Jahr nahm die Polizei zu uns Kontakt auf. Lena war wieder wegen Prostitution aufgefallen. Lenas Geschwister hatten mittlerweile beide zu einer weiterführenden Schule gewechselt,sowohl sie als auch Lena wurden in den Schulen wieder gemobbt, da sie bei den „Bekleidungs- und Ausstattungsvorschriften“ ihrer Mitschüler nicht mithalten konnten. Über die Möblierung ihrer Kinderzimmer wurde zunächst gelacht, dann kamen überhaupt keine Mitschülerinnen mehr zu ihnen zu Besuch.
Lena versuchte einfach durch die Prostitution für sich und ihre Geschwister Sachen zu finanzieren, die ihnen die Akzeptanz und auch Zuneigung ihrer Mitschüler wiederbringen sollten. Die Familie lebte von ALG II, das bekanntlich nur das Existenzminimum sichert. Was uns allerdings bis dahin nicht bekannt war, war die hohe Überschuldung der Familie. Durch Verhandlungen mit Gläubigern oder den klaren Hinweis an diese, dass die Familie zurzeit zahlungsunfähig ist, konnten wir Entspannung in die finanzielle Situation bringen. Aber zaubern konnten wir auch nicht, so dass es bei den Kindern immer wieder Bedürfnisse gab, die vom ALG II nicht zu befriedigen waren.
Lena „entschied“ sich dann immer für den ihr bekannten Weg. Wir waren in großer Sorge, da sie einenzunehmend teilnahmsloseren Eindruck hinterließ. Letztendlich besprachen wir unsere Einschätzungen und Beobachtungen mit ihr, und dass wir sie „hier“ nicht mehr schützen können. Zu erwähnen ist auch, dass Lena einen größeren Kreis von Stammkunden hatte, die ihre private Handynummer besaßen oder in der näheren Umgebung wohnten.
Lena lebt heute in einer Wohngruppe. Sie hat sich dafür freiwillig entschieden. Dieser Schritt ist ihr – auch auf Grund ihres starken Verantwortungsgefühls für ihre kleineren Geschwister – nicht leicht gefallen.

Ganz anders die Situation von Anna. Sie kommt aus einer gut situierten Familie. Die Mutter ist zwar allein erziehend, hat jedoch einen gut bezahlten Job und der Vater zahlt großzügig Unterhalt. Anna lernte mit 16 Jahren in einer Diskothek einen „sehr netten“ jungen Mann kennen. Er war sehr aufmerksam, sehr charmant, sehr großzügig und gab ihr das Gefühl etwas ganz Besonderes zu sein. Es war die große Liebe.
Das Paar plante eine gemeinsame Zukunft, was Anna nach der Schule machen wollte (Der junge Mann war ja nur vorübergehend arbeitslos und hatte natürlich die sichere Aussicht auf eine sehr gut bezahlte Managerstelle in einem Autohaus?!), wo man wohnen wollte, wie man sich einrichten würde, wohin man in Urlaub fahren würde und sogar wann man an die Kinderplanung denken sollte.
Pech war jetzt nur, dass sich der Beginn der Managertätigkeit immer weiter verzögerte. Zum Beispiel musste dann doch ein neues eigenes Büro für den jungen Mann geschaffen werden, was diverse Umbauarbeiten notwendig machte. Dann hatten die Handwerker Murks gebaut…. Unter Tränen berichtete der junge Mann Anna eines Tages, dass er nun in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Er hätte nun Möbel etc. für seine Wohnung kauft, damit Anna sich bei ihm wohl fühle und er müsse ja noch (nur) ein paar Raten für sein Auto bezahlen. Allerdings hätte er jetzt auch hohe Pokerschulden und die Leute, denen er etwas schulden würde, wären nicht zimperlich!
Gemeinsam überlegte man einige Tage, was man tun könnte. Vielleicht wären die Leute bereits zufrieden, wenn man einige hundert Euro anzahlen könnte. So kam es zu Annas erstem Einsatz auf einem Straßenstrich außerhalb Dortmunds. Natürlich waren die Leute nicht nur mit einer Anzahlung zu frieden. So kam es zu weiteren Einsätzen von Anna auf der Straße.

Sie kam über die Polizei zu uns. Auf Grund der Bedrohungssituation musste Anna in ein anderes Bundesland. Sie lebt heute bei der Cousine ihrer Mutter und hat eine Ausbildung begonnen. Es geht ihr richtig gut.“

Weitere Informationen:
Dortmunder Mitternachtsmission e. V.
Dudenstraße 2-4 (Ecke Hohe Straße)
44137 Dortmund
Tel.: 0231/14 44 91
Fax.: 0231/14 58 87
E-Mail: mitternachtsmission@gmx.de
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