Statistik klebt dem Stadtbezirk wenig schmeichelhaftes Etikett auf
Alle Jahre wieder legen die Statistiker der Stadtverwaltung neue Zahlen vor, begleitet von erklärenden Kommentaren. Betrachtet man die Bevölkerungsentwicklung, ändern sich die Daten zwangsläufig. Geburten, Sterbefälle, Zu- und Fortzüge tragen dazu bei. Die Änderungen der Fakten scheinen geringfügig. Die Beurteilung setzt schon mal neue Akzente. Im Falle des Stadtbezirks Mengede wird der Begriff „Migrationshintergrund“, in Verbindung mit Arbeitslosigkeit und anderen Negativfaktoren wie Bezug von Sozialleistungen 2016 deutlicher betont als ein Jahr zuvor.
Der am dünnsten besiedelte Stadtbezirk Dortmunds, der gleichzeitig mit 0,2 % das geringste Bevölkerungswachstum aufweist, habe 35 % Einwohner mit Migrationshintergrund, heißt es im Jahresbericht 2016 und auch der Ausländeranteil mit 14,3 % sei „für einen Außenbezirk überdurchschnittlich.“ Dortmunds Problemstandort Nr. 1 ist weiterhin die Nordstadt mit 70,4 % MigrantInnen. Gemeinsam mit Scharnhorst, Eving, Innenstadt-West und Huckarde teilen sich die Mengeder aber einen Spitzenplatz in der Negativliste mit mehr als 30 Prozent Migrantenanteil.
„Pass-Ausländer“ – mehr als woanders, aber nicht überall
Der Ausländeranteil liegt in der aktuellen Statistik mit 14,3 Prozent ebenfalls über dem Durchschnitt der anderen Außenbezirke (12,1), allerdings unter dem der Gesamtstadt mit 16,3 %. Aufgeschlüsselt nach den einzelnen Ortsteilen sind die prozentualen Anteile der MigrantInnen nur im Statistikatlas 2015 aufgeführt. Da bietet sich ein unterschiedliches Bild: In Westerfilde lebten zu diesem Zeitpunkt 18,8 % Ausländer, in der Alten Kolonie 20,2 %, Mengede Mitte hatte einen Anteil von 7,7 % und Bodelschwingh von 7,4 Prozent. Schlusslichter waren (und sind) die Mengeder Heide (3,4%), Schwieringhausen (0,6 %) und Niedernette (0,0%). Zieht man die „Deutschen mit Migrationshintergrund“ hinzu, verändert sich das Bild deutlich. In Westerfilde kommen noch einmal 23 Prozent hinzu, in Mengede Mitte 20% und in Bodelschwingh mit unterdurchschnittlichem Ausländeranteil sind es 25,8 %!
Was bedeutet „Migrationshintergrund“? Anders als viele glauben, handelt es sich nicht um einen anderen Namen für „ausländische Mitbürger“, ein ohnehin falscher Ausdruck, denn 1. haben Ausländer nicht die vollen Bürgerrechte, 2. sind Bürger keine Ausländer. Migrationshintergrund , ein Begriff, der in den 1990er Jahren von der Essener Pädagogik-Professorin Ursula Boos-Nünning geprägt wurde, schließt laut Definition „Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Einwanderer, (Spät-)Aussiedler sowie die als Deutsche geborenen Nachkommen dieser Gruppen ein.“ Es reicht in Deutschland sogar, wenn nur ein Elternteil zu einer der Gruppen gehört, in Österreich z. B. müssen beide Eltern immigriert sein. Jeder dritte Bürger mit Migrationshintergrund hat keinerlei eigene Erfahrung damit.
Deutsche mit Migrationshintergrund – das gibt es
Zu den Deutschen mit Migrationshintergrund gehören neben eingebürgerten Ausländern (die ein umständliches Verfahren dafür auf sich nehmen) Aussiedler bzw. Spätaussiedler aus ost- und südosteuropäischen Staaten. Darunter sind Gruppen wie die Siebenbürger Sachsen oder Banater Schwaben, die über Jahrhunderte hinweg ihre Kultur und Sprache behalten haben. Da die in den 80er und 90er Jahren eingewanderten Aussiedler nicht immer ausreichende Sprachkenntnisse hatten, setzte man bei dieser Gruppe generell erhöhten Integrationsbedarf voraus. Das Etikett „Migrationshintergrund“ ist schon oft kontrovers diskutiert worden. Betroffene empfanden es nicht selten als rassistisch und diskriminierend. Unter anderem war es 2012 in der Vorschlagsliste für das „Unwort des Jahres“ enthalten.
Die Arbeitslosenzahlen bestätigen für 2016 den Trend des Vorjahres. Westerfilde ist dabei mit 20,6 % weiterhin am meisten betroffen, gefolgt von Nette mit 16,5 % und Oestrich mit 13,5 %. Westerfildes Nachbarort Bodelschwingh, der als Aktionsraum mit Westerfilde zusammengefasst ist, schneidet mit 11, 2 % an zweitbester Stelle im Stadtbezirk ab – nach Schwieringhausen mit 6,6 %. Gemeinsam mit Mengede (11,3 %) liegen Letztere also unter dem Dortmunder Durchschnitt von 12,3 %.