Peter Grohmann – Alles Lüge außer ich*

Kapitel IV
Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh: Seid realistisch, verlangt das Unmögliche!
1967 bis 1977

Heute: Denkzettel 1-3

Denkzettel 1
Vor dem Blick 50 Jahre zurück zunächst einer auf heute, vielleicht zu diesem jungen Ding da, Laura Dekker, umsegelt als 13-Jährige die Welt unter Riesenanteilnahme, aber kein Mensch nimmt Notiz davon, dass ich mit dem Fahrrad in Paris war, mit 14, kurz nachdem die Wehrmacht das Land verlassen hatte. Laura Dekker ist nun ein gemachter Mann – kein Wunder, deutscher Vater!

Solche Nachrichten verdrängen das Politische auf die Seite »Ver- mischtes«, man hat’s nicht besser verdient. Mein Heimatblatt, rela- tiv seriös, widmet eine halbe Seite einem Herrn Kusmagk, König im Dschungelcamp des Fernsehens, und mein Heimatsender beklagt die Massen-Touristen, die auf den Klippen der Insel Giglio auf den Untergang der »Costa Concordia« lauern – gemeinsam mit meinem Heimatsender.

In Übersee ist es auch nicht viel besser. Der Muslimbruder Newt Gingrich schlägt in South Carolina Mitt Romney, republikanischer Mormone. Gingrich gilt den Medien als »Vollblutpolitiker« – nicht auszudenken, wenn er ein Halbblut wäre! Beide Männer wollen den schwarzen Kommunisten Barack Obama aus dem Amt jagen, nur weil der endlich Lebensmittelkarten für Leute ausgeben will, die weder was zu beißen noch was zu wählen haben. Und beide wollen keinen Sozialismus wie bei uns. Wobei die Wahlen in den USA allein durch die Höhe der Werbeetats entschieden werden, erzählen die Beobachter vor vorgehaltener Hand. Aber wir dürfen nicht meckern, auch unsere Volksabstimmungen werden ja von den Budgets gewonnen, kluge und originelle Sprüche (Fortschritt oder Untergang?) sind da ebenso die Ausnahme wie populäre Führungspersönlichkeiten. Mich nimmt ja niemand.

Was das alles mit Volksdemokratie zu tun hat? Ich sage nur: Ägyp- ten! Die ersten freien Wahlen seit den Pharaonen und der Wiedervereinigung mit dem Westen – und was passiert? Muslimbrüder! Selbst die Schwestern wählten die Brüder. Die Welt ist empört, nicht nur über das Wahlergebnis (70 Prozent für die Islamischten!), sondern auch über das Attest der internationalen
Wahlbeobachter. Die konnten keine nennenswerten Manipulationen feststellen. Schade. Wir wären sonst vielleicht einmarschiert.

Demokratie hat eben auch Nachteile, siehe Wulff oder Dschungelcamp, Gysi oder Medienvielfalt. Alles unter Beobachtung seit Schily, auch die Links-Fraktionen. Zugegeben: »Alles« ist vielleicht übertrieben. Die Aufklärung der rechtsradikalen Mordserie braucht noch Zeit.

Erst 2012 wurden alte Fotos entdeckt – in Sachen Benno Ohnesorg, Student und 1967 von dem Polizisten Kalle Kurras beim Demonstrieren aus nächster Nähe erschossen. Die Polizei (ver-)deckte die Tat von Kurras und half bei ihrer Verschleierung. Gott sei Dank kommt aber immer alles raus, spätestens nach 45 Jahren. Und wer hier rummeckert, spielt nur den Muslimbrüdern in die Hände!

Die Linke war ja damals, in den Sechzigerjahren, herzlich isoliert. Die Konflikte in der SPD hatten nach dem Kurswechsel (Große Koalition) zugenommen, die Unruhe, die Opposition trugen hauptsächlich die sattsam bekannten Intellektuellen, junge Arbeiterinnen und Angestellte. An den Schulen und Unis war’s bisher ruhig. – Und nun das!
Ein massenhafter Protest und scharfe Kritik am Terrorregime des Schahs – fundiert, begründet, scharf in der Analyse und getragen vor allem von der studentischen Jugend. Wir hatten das Gefühl: Jetzt geht’s los!

Der Berliner Oberkommissar Karl-Heinz Kurras schießt dem Stu- denten Benno Ohnesorg aus nächster Nähe in den Kopf. Dann prü- geln noch Polizisten auf ihn ein. Ein herbeieilender Arzt darf nicht helfen, und erst 20 Minuten nach dem Schuss kommt ein Krankenwagen. Obwohl das nächste Krankenhaus nicht weit entfernt ist, wird der Schwerverletzte – oder ist er schon tot? – fast eine Stunde lang durch Berlin gekarrt, auf dem Totenschein muss ein Assistenzarzt auf Druck des Chefarztes die falsche Todeszeit und die falsche Todesursache eintragen. Die Ärzte sollten die wahre Todesursache verschleiern – und der Todesschütze war schützenswert. Das zeigt, wie dick, wie hassgeschwängert besonders die Berliner Luft in dieser Zeit war.

Die Nachricht vom Tod elektrisierte uns alle, das ganze Land. (Benno Ohnesorg war 1967 nicht der erste Tote, doch die erschossenen Kommunisten der Fünfzigerjahre waren so wenig Thema der außerirdischen Opposition wie die in Krankheit dahinsiechenden 100 000 Zwangsarbeiter und Arbeitssklaven, denen Westdeutschland einen gehörigen Teil seines Wirtschaftswunders verdankte.) Sofort und überall und spontan versammelten sich Menschen aus der »Opposition«.
Der Dokumentarfilm »Polizeistaatsbesuch« von Roman Brodmann (SDR) dokumentiert treffend die bundesrepublikanische Gesellschaft am Vorabend von ’68: Spießbürger, die sich auf den Besuch der Majestäten vorbereiten – und auch diese verkrustete Gesellschaft der Spießer und alten Nazis hatte man im Blick. »Ein Film, wie er heute undenkbar wäre«, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Wie alles anfing? Der Blick zurück.
Abartig liebten die Deutschen diesen verkommenen Märchenkönig.
Na ja, viele hatten ja immer schon ein Faible für Verbrecher. Selbst der »Spiegel« höhnte über Bahman Nirumand, auch wenn sich Augstein später dafür entschuldigte. Abartig war auch die Liebe der Killer des Schahs für moderne europäische Haushaltsgeräte – für Küchenmaschinen mit scharfen Messern, für Brotschneidemaschinen, aber auch für Quirls und leistungsstarke »Zauberstäbe« aus der Gastronomie, mit denen sie ihre Opfer zu Tode quälten.

Das war dann doch zu viel! Meine Mutter empörte sich: »Dass der Schah so schlimm sein sollte, konnt man ja gar nicht glauben! Vor allem das mit den Küchenmaschinen – alles Markenware! So was macht man doch nicht.«

Der demokratische Premierminister Mohammad Mossadegh ver- staatlichte die Ölindustrie seines Landes und wurde deshalb durch einen von den USA und Großbritannien gelenkten Umsturz, die Operation Ajax, im August 1953 gestürzt – es begann die Zeit der Folterer. Mit Hilfe des Westens wurde alles niedergeknüppelt und totgemacht, was sich wehrte. Im Ausland Studierende protestierten, organisierten Unterstützung für die Opposition im Lande. Wenn sie ihre Heimat besuchten, wurden sie meistens erwischt – vor allem der englische Geheimdienst hatte dem Schah-Regime entsprechende Tipps gegeben. Letztlich konnten selbst die Amis den Schah gegen die stärker werdende Opposition nicht länger halten. Also sorgten sie dafür, das Ajatollah Ruhollah Chomeini aus dem Pariser Exil in den Iran zurückkam – mit den Mullahs gegen die Befreiungsbewegungen.

Wie alles weiterging? Der Blick nach vorn.
Der Schah war nun wirklich etwas zu schlimm. Der freie Westen war, was die Unterstützung mörderischer Diktaturen oder Terroristen anging, nie kleinlich. Franco in Spanien, Salazar in Portugal, Idi Amin in Afrika,  der fromme Katholik Rafael Leónidas Trujillo Molina in der Dominikanischen Republik, Bin Laden in Afghanistan, Generalissimus Tschiang Kai-shek auf Formosa, Stroessner in Paraguay, Banda in Malawi, Park Chung-hee in Südkorea, Marcos auf den Philippinen, Musharraf in Pakistan, die Militärjunta in der Türkei, Stylianos Pattakos in Griechenland, Saddam Hussein im Irak, Mubarak, Ian Smith in Rhodesien, »Papa Doc« Duvalier in Haiti, Videla in Argentinien, Pinochet in Chile, Hassan II. in Marokko, an die 1 000 Scheichs und Könige – bei fast jedem Putsch, jedem politischen Mord, der Verfolgung von Opposition und jeder anderen Schweinerei waren die Westmächte dabei. Sie sind es heute noch – denn es geht nicht um Demokratie und Menschenrechte, sondern um Bodenschätze, um Öl, Uran, um Militärstützpunkte. Muss da nicht jeder als Bündnispartner willkommen sein? Also nun hörnse mal!

Die Große Koalition brachte bereits viele auf – und auf die Straße, und noch mehr, als jetzt der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. Damit war auch die Zeit der traditionellen Arbeiter(jugend-) bewegung irgendwie passé. In jenen Jahren suchten wir als Jugendliche und Oppositionelle immer noch nach einem sozialistischen Modell. Notfalls hätte es auch sozialdemokratisch sein können. Schweden – na, ja. Jugoslawien – da schon eher: Mit den Arbeiterräten dort war man auf Du und Du, wir bauten in Internationalen Brigaden an der Straße des Friedens und brachten Schnitzwerk aus Zadar mit nach Hause.

Dann vielleicht Israel? Theorie und Praxis der Kibbuzim überzeug- ten schon eher, und »jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen« hatte eine funktionierende Logik. Die Israelis waren deutschfeindlich, was uns sehr entgegenkam: Wir litten ja auch unter Filbinger und Kiesinger und Globke und Gehlen und der kaltschnäu- zigen »Wiedergutmachung« für fünf Millionen ermordeter Juden. Die Deutsche Bank und ihr Manager Hermann Josef Abs, Krupp und Daimler – das waren für uns die übrig gebliebenen Stellvertreter des Führers, die in der neuen Republik die Restauration förderten.

Denkzettel 2
Am 17. November 1967 machten wir uns – Manfred Esser, Wolfgang Kiwus, Jürgen Holtfreter, zusammen mit weiteren Genossen vom Club Voltaire – auf den Weg ins Neckarstadion, wo ein Spiel des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund ausgetragen wurde. Die Gruppe hatte zwei etwa fünf Meter lange Transparente mit der Aufschrift: »Der VfB grüßt den tapferen Vietcong« und »Borussia Dortmund grüßt die Kumpel in Hanoi« im Handgepäck und sich Stehplätze ganz oben gekauft. Um nichts auf die Mütze zu kriegen von den Fans, reichten wir an die Umstehenden zuerst mal unsere Bier- und Schnapspullen weiter – es war arschkalt. Dann entrollten wir bedächtig erst den Gruß nach Hanoi – noch merkte keiner, was das zu bedeuten hatte, denn »Ha noi« heißt bei uns auch so viel wie »Ach nee« oder »Ha, so ebbes!«.

Das zweite Transparent war schon eindeutiger – aber dass ausgerechnet der VfB Stuttgart den tapferen Vietcong grüßen sollte, nahm uns niemand ab. Die Polizei tauchte auf, doch da hatten wir längst die pralle Aufmerksamkeit des Stadions. Sogar die Spieler ließen den Ball ins Aus rollen. Die Transparente wurden beschlagnahmt. Sie lagern vermutlich noch heute bei der Stuttgarter Polizei, die übrigens bis 1973 noch kommunale Polizei war und nicht einmal unsere Personalien aufnahm. Der Medienerfolg der Aktion war überwältigend – über alle Sportseiten und im Fernsehen wurden unsere Botschaften bundesweit transportiert, wenn auch mit vorwurfsvollen Tönen: »Jetzt tragen sie die Politik sogar in den Sport.«

Denkzettel 3
Sie, die Lesenden, Hörenden, Sehenden, dürfen sich nicht ganz und gar auf uns Alte verlassen – wir sind zu vergesslich. Und zu versöhnlich obendrein.
Ach, diese Vergesslichkeit! So manche der jüngeren Zeitgenossen klagen über die 68er, die Alt-68er, und können die Dimension der radikalen und weltweiten Veränderungen jenes Jahrzehnts kaum er- fassen. Vielleicht, weil die Handlungsspielräume heute so begrenzt erscheinen, vielleicht, weil man nicht weiß, wie vorhandene Kraft und Phantasie einzusetzen wären, vielleicht, weil es an Utopien mangelt?

Da waren in den frühen Sechzigern neben der Anti-Baby-Pille, dem Contergan-Skandal, dem Bau der Berliner Mauer, der Ermordung John F. Kennedys, der Großen Koalition, Kiesinger und Lübke ja auch noch die Beatles, die Rolling Stones, Fluxus und der Minirock. Dann die APO, Napalm in Vietnam, die Kulturrevolution in China, der Prager Frühling, die Hippies, Woodstock, Easy Rider und die Mondlandung. Weiter ging’s mit Kriegsdienstverweigerung und Ostermarsch, Teakholz und Lambretta.

Meine Fresse, was denn noch alles? Noch mehr, noch viel mehr, in den nächsten zehn Jahren passierte Gewaltiges und erst im Rückblick merk ich, warum ich so wenig Zeit hatte. 1968 wurde Martin Luther King ermordet und ein Attentat auf Rudi Dutschke verübt. Es fanden die erfreulichen gewaltfreien Angriffe auf die Springerpresse statt, der Pariser Mai, schließlich tatsächlich Massenproteste gegen die Notstandsgesetze – und dann der Prager Frühling – ein viel zu später Abschied der alten Kader, der Stalinisten. Als im August Truppen des Warschauer Pakts in der »CheSSR« (so unser Slogan und selbstgefertigte Buttons, in An- spielung auf Che Guevara) einmarschierten, verflogen manche Illusionen über die Reformfähigkeit des so genannten Sozialismus – und alte Bündnisse zerbrachen.

Allenthalten brach auch auseinander, was nicht zusammengehörte, was die Machthabenden weltumspannend zusammengekittet hatten. Die gesellschaftlichen Widersprüche wurden schärfer. Gefragt und gedacht, nachgedacht, wurde öffentlich, und das forderte Konsequenzen von allen, die mitdachten.
Auch wir selbst, die in jenen Jahren studierten (ich nicht), lebten, arbeiteten, aktiv waren, fragen uns heute, im Jahr 2013, was wir da so alles möglich gemacht haben.

Liebgewordenes geht über Bord, Lebensentwürfe werden verändert. Die Universitäten scheinen sich zu erheben, Protest und Widerstand springt von den Hauptstädten in die Provinz.
Das Alte stirbt, aber das Neue entsteht noch nicht. Aber es schim- mert auf, dieses Neue, fasst Fuß auch landeinwärts. Aber wie erklärt sich das?
Die Veränderungen waren überfällig.

Da war die versäumte, verschleppte und immer wieder verhinderte Bildungsreform, ein stupider Antikommunismus, die Restauration des Kapitalismus, die vielfache Durchsetzung der Justiz, der Regierungsapparate mit ehemaligen Nazis. Aber auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen waren die alten Kameraden untergekrochen, in Parteien, Verlagshäusern, Institutionen, Parteien, Gewerkschaften. Und was heißt das, untergekrochen? Je nach Lage heizten sie ja die Stimmung an. Es waren Haltungen – oder Ausfälle, wie etwa der des CSU-Bundestagsabgeordneten Franz Xaver Unertl, der 1968 in der Berliner Morgenpost Rudi Dutschke eine »ungewaschene, verlauste und verdreckte Kreatur« nannte. Hier zeigten sich die Folgen des schon lange andauernden Kalten Krieges. Deshalb war ja auch der Slogan »Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren!« ein Treffer gegen die Herrschaft der Autoritäten.

Aber »die Fraun mussten immer noch auf die Knirpse uffpassen«, ärgerte sich meine Mutter.
Da war die Weigerung der Elterngeneration, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Der Blick auf Verbrechen und Versagen wurde nicht zugelassen, stattdessen deckte man Massenmörder, forderte, dass Leute wie Dutschke an die Wand gestellt werden sollten, standrechtlich erschießen, das Pack, das linke. Ab nach Sibirien! Ausrotten, die Ratten! Hippies und Gammler, wo du hinguckst.
Die Mutter: »Aber so läuft man doch nicht rum, oder? Ich frag ihn noch, sagemal, sag ich, du rauchst doch nicht etwa auch? Da hat er mir n Joint gedreht.« Versuchen kann man’s ja.

Viele Politiker schürten diesen Hass. Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus waren uns ja auch nie fremd. Spießertum und Doppelmoral lasteten auf dem Land wie eine Seuche. Lebten wir bis dahin nicht irgendwie in Zeiten der Vergeblichkeit? Wir wollten die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen bringen, und nun tanzten sie plötzlich wie von selbst.
Auch die verschlafenen Jahre wurden weggewischt. Das war leicht, denn draußen, in der Gesellschaft, war der Bär, im Lande der Teufel los. Und der Langhans.
Die APO, die außerparlamentarische Opposition, war da, was Neu- es, das niemand so richtig einschätzen konnte. Die Macht hatte plötzlich eine Gegenmacht.

In jenen Jahren gründeten sich zahlreiche bunte, alternative und grüne Listen, vor allem bei Kommunalwahlen. Überall waren Clubs entstanden, die Manufaktur in Schorndorf, der Club Alpha in Schwäbisch Hall, allerorten gab es, selten ohne Kampf, selbstverwaltete Jugendzentren, freie Kinos und Theatergruppen, so den Theaterhof Prießenthal, politisches Kabarett wie die Stuttgarter Orgler (mit Helmut Bader, Ulrich Cassel und mir), alternative Betriebe, Druckereien, kleine Verlage, Zeitschriften, Zeitungen, Flugblätter, Plakate und »plakat« – eine neue Infrastruktur der progressiven Intelligenz.

Auf der anderen Seite agierte der Verfassungsschutz. Er schlich sich in Telefonleitungen, staatliche Spitzel animierten linke Radikale zu Gewalttaten.
Aber es gab auch das: Leute vom Ausländeramt warnen Betroffene vor einer Razzia.
Eine neue Radikalität veränderte den Alltag.

Nachtrag:
Die Andersdenkenden und Radikalen von einst sind inzwischen Justiz- oder Außenminister geworden oder in der Vorstandsetage vom Daimler gelandet, wurden Oberbürgermeister in Schwäbisch Gmünd oder IG-Metall-Vorsitzender in Frankfurt. Alle weg. Bis auf Fritz. Ich bin gespannt. Die Kinderladenkinder sind groß und unsere Extremisten von einst sitzen in der Regierung. Schall und Rauch. Viele Jahre später haben wir immer noch nicht gewonnen.

Die Internationale
Der Arraber isst Fellaffel
Der Deutsche lieber Karttoffel
Der Tommy mag gern Fisch und Schips
Der Deutsche kriegt davon n Schwips
Der Ami ißt sich kugelrund
Der Deutsche an sich ißt gesund
Der Moslem meidet Alkohol
Der Deutsche kriegt den Hals nie vol.

* Peter Grohmann – Jahrgang 1937 – , Kabarettist und Schriftsteller, Kämpfer gegen Obrigkeitsglauben, Gehorsam und Standesdünkel hat seine Lebenserinnerungen niedergeschrieben und 2013 veröffentlicht. Das Buch umfasst auf 320 Seiten acht Kapitel. Jedes Kapitel erinnert mit „Denkzetteln“ an deutsche Geschichte – im jeweils 10-jährigem Rhythmus – eine Mischung aus Persönlichem und Politischen und meist aus beidem zugleich.
MENGEDE:InTakt! wird in den nächsten Wochen weitere Auszüge aus dieser Biographie abdrucken und bedankt sich beim Autor für die großmütige Erlaubnis. „Eine kurzweilige und vergnügliche Lektüre, bei der einem mitunter durchaus das Lachen im Halse stecken bleiben kann“. (Klappentext der Biographie)
Wir setzen heute den Abdruck fort mit den „Denkzetteln 1 bis 3“  aus dem Kapitel IV: Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh: Seid realistisch, verlangt das Unmögliche!
1967 bis 1977 .