SPD-MdB Marco Bülow stimmt gegen
Autobahn-Privatiserung
Heute, am 01. Juni stimmt der Bundestag über die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft ab. Die SPD-Bundestagsfraktion hat vorgestern in einer Probeabstimmung mit Mehrheit für die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft und damit den Einstieg in eine Autobahn- Privatisierung votiert.Worum geht es?
Die Gründung einer privatwirtschaftlich organisierten Infrastrukturgesellschaft, die künftig die Autobahnen betreiben soll, ist Teil des umfangreichen Gesetzespakets, mit der die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern neu geregelt werden sollen. Die Zuständigkeit für die Autobahnen wird an eine Gesellschaft privaten Rechts übertragen. Das wird von den Gegnern dieses Gesetzes als eine formelle Privatisierung eingeschätzt.
Auch wenn die Gesellschaft und all ihre Töchter zu 100% in öffentlicher Hand bleiben, können doch Teile des Straßennetzes privatisiert werden, nämlich über öffentlich-private Partnerschaften, sogenannte ÖPPs. Hierbei finanzieren und organisieren Privatunternehmen den Straßenbau und erhalten dafür über Jahrzehnte eine garantierte Rendite aus Maut oder Steuern.
Wegen unterschiedlicher Streitfragen wurde das Gesetzespaket, das eine Zweidrittelmehrheit braucht, bereits um zwei Wochen verschoben. Auch jetzt gibt es sowohl in der SPD als auch bei der Union noch Kritiker, die eine Ablehnung angekündigt haben. Entscheiden soll der Bundestag nun am 1.6. – und per Fristverkürzung bereits einen Tag später der Bundesrat.
Die Privatisierung droht entgegen vielfältiger anderslautender Beteuerungen. Wenn diese verhindert werden soll, müsste am Donnerstag im Bundestag eine Mehrheit gegen das Gesetz stimmen.
Marco Bülow – zu dessen Wahlkreis auch der Stadtbezirk Mengede gehört – hat in der Probeabstimmung seiner Fraktion gegen die Autobahn-Privatisierung gestimmt. Hierzu erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete:
” Ich halte es für einen großen Fehler, dass die SPD-Bundestagsfraktion bei der Grundgesetzänderung am 1.6. 2017 mehrheitlich zustimmen wird. Zwar hat die SPD im Diskussionsprozess noch einige positive Änderungen durchgesetzt, das reicht aber nicht aus.
Eine spätere Privatisierung von Teilen des Autobahnnetzes bleibt nicht ausgeschlossen. Da für eine erneute Änderung eine 2/3 Mehrheit nötig ist, wird diese Entscheidung so gut wie nicht mehr umkehrbar sein. Damit haben erneut einzelne Lobbyinteressen den Vorzug vor dem Allgemeinwohl erhalten. Zudem wird der Bundestag ein weiteres Mal entmachtet. Dies setzt den schon länger bestehenden Prozess der schleichenden Entmachtung der gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter fort, bei dem immer mehr Befugnisse auf andere Ebenen übertragen werden.
Viele haben versucht die Regierungskoalitionen von der Entscheidung abzuhalten und die Diskussion wurde in der SPD sehr intensiv geführt. Auch viele Dortmunderinnen und Dortmunder sind bezüglich dieses Themas bereits auf mich zugekommen. So überreichte mir die Dortmunder Attac-Gruppe hierzu eine umfangreiche Unterschriftenliste. Leider hat unser Einsatz nur zu einigen Veränderungen geführt. Ich werde mich weiterhin gegen die Entmachtung des Parlamentes und gegen den Ausverkauf von originären Staatsaufgaben zugunsten von Einzelinteressen zur Wehr setzen. ”
Marco Bülow hat bereits Anfang des Jahres sein Kritik an den Plänen der Bundesregierung deutlich gemacht. Diese Kritik hat er u.a. wie folgt begründet:
„Diese neue Gesellschaft kann ohne parlamentarische Kontrolle öffentlich-private Partnerschaften eingehen. Kontrollrechte sind damit im Privatrecht ausgehebelt, selbst wenn der Bund Gesellschafter bleibt. Privatfirmen könnten dann Straßen bauen und die Maut kassieren. Zwar heißt es im Gesetz, dass „Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen“ umfassen, ausgeschlossen sind. ÖPP-Projekte (Öffentlich-private Partnerschaft) auf 100 Kilometer sollen aber möglich sein.
Dieses Projekt ist auch wirtschaftlich zweifelhaft. ÖPP-Projekte haben sich in der Vergangenheit als für die Allgemeinheit zu teuer erwiesen (im Schnitt 20 Prozent teurer) und stellen eine schleichende Kapitalprivatisierung öffentlicher Infrastruktur dar, weil sie in der Regel auf Jahrzehnte hinaus vergeben werden. Das sagt übrigens auch der Bundesrechnungshof.
Ich finde es auch demokratisch höchst problematisch, weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit nicht weniger als 13 Grundgesetzänderungen in einer namentlichen Abstimmung im Paket zu beschließen. Dabei geht es nicht nur um die Autobahn-Privatisierung, sondern zum Beispiel auch um die Bund-Länder-Finanzierung oder den Unterhaltsvorschuss. Alles wichtige Gesetze, die einzeln diskutiert und beschlossen werden sollten.
In diesem Gesetzespaket geht es auch um Privatisierungen im Bereich der Bildungsinfrastruktur. Für den Bau und die Sanierung von Schulgebäuden mit privaten Investoren in Form einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) sollen im Rahmen des geplanten Gesetzespakets ebenfalls die Voraussetzungen geschaffen werden. Das wäre ein gigantisches Privatisierungsvorhaben, das den bislang massivsten Ausverkauf der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland darstellt. Schulen laufen damit in Gefahr, zum Anlageobjekt von Konzernen zu werden. Denn der Kern von ÖPP sind privatrechtliche Geheimverträge mit Gewinngarantien, die von internationalen Kanzleien entworfen werden und geheime Schiedsgerichte, die die parlamentarische Kontrolle durch ihre Paralleljustiz unterwandern.“