Der listige Menschenfänger
Von Susanne Stiefel*
So muss die Revolution gemacht werden. Mit Witz. Mit Liebe zu den Menschen. Mit einem Lachen. Es wird Peter Grohmann nicht passen, dass einem dazu eine Biermann-Liedzeile einfällt. Keine Bange, es ist der frühe Biermann. Der Wolf, der noch nicht ins rechte Lager abgedriftet ist, noch nicht diese rechthaberische Attitüde pflegte, die so gar nicht Peter Grohmanns Ding ist (obwohl der insgeheim natürlich auch davon überzeugt ist, dass er recht hat, keine Frage). Es ist der frühe Biermann, der mir zu Peter einfällt. Die Ermutigung: „Die allzu hart sind brechen. Die allzu spitz sind stechen und brechen ab sogleich.“
Na klar ist er spitz, unser wöchentlicher Wetterer in Kontext. Deshalb passt er ja auch gut zu uns, die wir die Überzeugung, dass die Welt besser werden muss und kann, nie aufgegeben haben. Als Kolumnist ist er ein treffsicherer Aufspießer und er hat die ganze Welt im Blick. Ob Korea, USA oder Frankreich. Ob Flüchtlinge aus Afrika oder geknechtete Hartzer. Er steht auf der Seite derer, die gerne übersehen werden und kämpft furchtlos gegen die Mächtigen. Er sticht zu mit dem listigen Lächeln des Clowns, mit der lustvollen Überspitzung des Kabaretts. Er legt den Finger in die Wunde, aber er rührt nicht genüsslich darin herum. Er kämpft beharrlich, aber mit der Leichtigkeit des Floretts. Und mit seiner Heiterkeit.
Das macht er nicht zuletzt für sich, denn wer will schon brechen? Wer will schon resignieren, wenn es noch so viel zu tun gibt für ein besseres Leben? Wer verzweifeln an der Welt, an den Trumps, den nordkoreanischen Despoten oder den europäischen Wirtschaftsministern, die Griechenland in die Pleite treiben? Peter Grohmann ist kein Selbstquäler. Und mit seiner Lust an der Provokation reißt er viele mit, die Zauderer, die Nachdenklichen, die Hamlets. Nichts ist so überzeugend wie ein lächelnder Revolutionär. Peter Grohmann, der Einmischer, ist so einer.
So fängt der Grohmann alle. Altlinke. Naturfreunde. Gewerkschafter. Philosophen. Die Verkniffenen und die Luftikusse. Die Intellektuellen und die Pragmatiker. Die Alten und die Jungen. Peter Grohmann, der Menschenfänger.
Ein Mann wie ein Gemälde, bei dem es immer Neues zu entdecken gibt wie bei einem Hieronymus Bosch. Voller Farben. Voller Facetten. Voller Geschichten. So einen möchte man porträtieren. Also hab ich ihn gefragt, ob ich ihn mit meinen ZeitungsvolontärInnen besuchen dürfe. Studieren am lebenden Objekt, ein Porträt schreiben über einen, der viel erlebt hat. Na klar, sagte Grohmann. Na klar habe er Zeit. Wer so viel tut, hat offensichtlich keine Zeitnot. Und er redete die jungen KollegInnen schwindlig. Von seinen Begegnungen mit Joschka Fischer, von Andreas Baader und seinen Erlebnissen mit der RAF. Vom Club Voltaire, der Plakatgruppe, den AnStiftern. Und die jungen JournalistInnen saßen da mit offenem Mund, tranken seinen Cappuccino, den er gastfreundlich in zwölffacher Ausfertigung gebraut hatte, lachten mit ihm, hingen an seinen Lippen.
Vergessen die Vorsätze, nachzuhaken, zu hinterfragen, nachzubohren. Geschichten von Geschichte zu unterscheiden, Distanz zu wahren, sich nicht einlullen lassen. Er gab den roten Großvater und er hatte sie alle im Sack. Sie schrieben hymnische Porträts aus dieser Geschichtsstunde bundesrepublikanischer Wirklichkeit. Sie haben viel gelernt.
Er ist so jung, haben sie staunend gesagt, die jungen VolontärInnen. Er ist es auch in seinem achtzigsten Lebensjahr.
Happy Birthday, Peter Grohmann!