Dieser Tage machen die Menschenversuche am Diesel Furore. Neu ist nur der Diesel – Versuche direkt am Menschen sind ein alter Hut. Die Arzneimittelindustrie testet ihre Medikamente selten am Äffchen, und es ist nicht all zulange her, da wurden auch an Städtischen Kliniken in Stuttgart solche Versuche unternommen – allerdings „nur“ an psychisch Kranken. Da gibt’s keinen Mitgliederentscheid durch die AOK, da muss man durch, da ist Ethik gefragt. Alles vermutlich weder Ausnahme noch Einzelfall – und wenn’s hierzulande aufliegt, sind die Verantwortlichen (wie bei Stuttgart 21) längst im Himmel.
Wer freilich so etwas auf die Tagesordnung setzen will, muss mit Geschrei und Unglauben rechnen. Im aktuellen Auto-Abgas-Fall taten daher die Akteure gut daran, heimlich zu ermitteln, um aufklären zu können. „Ein Fall für Kottan“ – mit dem kleinen Unterschied, dass die Bösewichte den Ermittler bezahlen. Man darf gespannt sein, ob hinten mehr rauskommt als vorne. Mir ist speiübel.
„Das haben wir nicht gewusst“ ist eine beliebte deutsche Redensart, fast so beliebt wie „das haben wir nicht gewollt“. Bei den „Mehrkosten“ des Desaster-Projekts 21 hat etwa Prof. Roland Ostertag bereits 2014 der Öffentlichkeit exakte Berechnungen der erwartbaren Kosten präsentiert, und alles hat sich unter der Bettdecke verkrochen – Stadt, Land, Bund.
Zugegeben, es waren unangenehme Fakten. Bei einer Fertigstellung bis 2022 betrügen (ach, was für ein schönes Wort!) die Kosten rund zwölf Milliarden Euro (und nicht acht oder neun), bei einer Fertigstellung von S 21 bis 2025 rund 16 Milliarden. Wetten, dass?
Hintergrund all dessen ist natürlich, wie mein Freund Franziskus sagt, das hemmungslose Streben nach Geld, das die Welt regiert. Er hat öfter recht als wir glauben. Heben Sie diese Kontext auf, wenigstens bis 2022.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Initiator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Die KONTEXT:Wochenzeitung ist eine Internet-Zeitung aus Stuttgart, die seit bald 7 Jahren wöchentlich mittwochs ins Netz gestellt wird. Zusätzlich liegt sie als Printausgabe der Wochenendausgabe der taz bei. Wir danken der Redaktion und Peter Grohmann für die Zustimmung zum Abdruck der Kolumne.
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