Eine Kolumne von Peter Grohmann
KONTEXT:Wochenzeitung vom 11. 4. 2018
Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt neuerdings seinen Kommunen, die Daten der BürgerInnen zu verscheuern, auf dem Postweg. Die Knete soll die Budgets entlasten. Es kommt immer darauf an, wie man rechnet. In Budapest etwa werden aus 48,5 Prozent der Stimmen für Orbán über Nacht zwei Drittel für eine rechtsradikale Regierung. Da sieht der Wahlbeobachter alt aus. Der Hintergrund stimmt halt.
Nehmen wir Audi, Daimler und Bosch, drei der größten ungarischen Unternehmen. Die sind keine fünfte Kolonne für ein demokratisches Europa. Sie stehen fest an der Seite von Viktor und der Rendite. Im Inneren des Landes werden Kunst und Presse gleichgeschaltet, Zigeunermusik gibt’s nur für Touristen, sind die Arbeitskräfte willig und fähig und die Gewerkschaften noch schwächer als Kommunisten, Sozialdemokraten und Grüne zusammen. Die logistische Anbindung ist sehr gut, das Papier auch, auf dem sich alle EU-Mitgliedsstaaten auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit verpflichtet haben. Europa, was brauchst du mehr?
Eine Waffenmesse! In Stuttgart! Im Mai! Vom 15. bis 17. Nix wie hin!
Die Itec nennt die Sponsoren der Militärmesse (hat aber die Stadt Stuttgart und das Land vergessen): Rheinmetall, Thales, HP, arabische Kriegstreiber, Shepard und ein paar Dutzend weitere – alle, die über Leichen gehen, sind da friedlich versammelt.
Mai 68 – Mai 2018, da muss einem doch allerlei einfallen! Computerprogramme für Kriegssimulationen, Infos zur Raketenabwehr, Highlights zur Drohnentechnik, alles nachhaltig, eine Messe des guten Geschmacks. Slow food bewaffnet, gewissermaßen. Alles eine Frage der Rendite, aber wir sind die Guten und immer an ihrer Seite.
Im Gazastreifen hat die israelische Armee letzte Woche Yaser Murtaja erschossen. Er war Journalist und böse: Verteidigungsminister Lieberman sagt, in Gaza gebe es keine unschuldigen Menschen. Auch das ist eine Lösung.