Drei Dinge, die wir in der letzten Woche gelernt haben

Lobbytreffen der Bundesregierung – Glyphosat mit einer Klage stoppen – Unterzeichnung von JEFTA

Die geheimen Lobbytreffen der Bundesregierung
Das informationsfreiheitsgesetz des Bundes gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich.

„Amtliche Information“ ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, also beispielsweise Schriftstücke in herkömmlichen Akten, aber auch elektronisch gespeicherte Informationen.

Allerdings: Von Gesprächen der Bundesregierung mit Lobbyisten fehlen oftmals jegliche Protokolle, Vermerke oder Notizen. Das dürfte kein Zufall sein, eher Methode. Offensichtlich wird damit das Informationsfreiheitsgesetz elegant unterlaufen.
abgeordnetenwatch.de hat dies durch Nachfragen bei diversen Ministerien bestätigt bekommen.
In zahlreichen Fällen räumten die Ministerien auf die Anfrage ein, dass es keinerlei Unterlagen gebe – „selbst bei brisanten Anlässen wie einem Telefonat zwischen Wirtschaftsministerin und Autolobby inmitten des Dieselskandals.“

Es ist schon erstaunlich, wie ungestört Lobbyisten ihre Interessen verfolgen können. Das kennen wir ja schon von den Auseinandersetzungen um TIPP. Die Lobbyisten können ein und ausgehen – im Bundestag und in den Ministerien. Die kritische Öffentlichkeit bleibt außen vor. Sie fordert sei langem ein Lobbyregister, aus dem hervorgeht, wer auf welche Entscheidung Einfluss nimmt. Geheimniskrämerei an dieser Stelle ist eine Gefahr für unsere Demokratie.

*abgeordnetenwatch.de sieht sich als der direkte Draht von Bürgerinnen und Bürgern zu den Abgeordneten und Kandidierenden. „Bürger fragen – Politiker antworten“ ist der Kern des Portals. „Der öffentliche Dialog schafft Transparenz und sorgt für eine Verbindlichkeit in den Aussagen der Politiker. Denn alles ist auch Jahre später noch nachlesbar. Daneben werden auf abgeordnetenwatch.de das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten und ihre Nebentätigkeiten öffentlich.“

Glyphosat mit einer Klage stoppen
Zur Erinnerung: Die EU hat im November letzten Jahres nach längerer Diskussion der Zulassungsverlängerung des Planzenschutzmittels Glyphosat zugestimmt. Dazu gibt es zwei aktuelle Nachrichten:
1. Auf „arte“ war am letzten Mittwoch eine sehenswerte Dokumentation zu sehen, die sich mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat befasst. In der Ankündigung zur Sendung hieß es u.a.:
„Seit Mitte der 90er Jahre werden Teile Europas von einem geheimnisvollen Tiersterben heimgesucht. In den Ställen verenden Tausende Rinder. Die Landwirte kämpfen in ihren Beständen mit Fruchtbarkeitsproblemen, Fehlgeburten, missgebildeten Kälbern. Und: Sie erkranken selbst. Wissenschaftler stehen lange vor einem Rätsel, bis man in den Tieren hohe Mengen des Totalherbizids Glyphosat, des weltweit am häufigsten eingesetzten Pestizids, findet. Allein in der europäischen Landwirtschaft werden jährlich Millionen Liter glyphosathaltiger Pestizide eingesetzt.“

Die Dokumentation ist auf der Mediathek bei „ arte“ anzuschauen. Wer danach noch meint, das Pflanzenschutzmittel Glyphosat sei unbedenklich, muss mit dem „Klammerbeutel gepudert“ sein

2. Die Brüsseler Hauptstadtregion hat beim Europäischen Gerichtshof Beschwerde gegen die EU-Entscheidung zur Neuzulassung von Glyphosat eingereicht. Aus Sicht der Beschwerdeführer war die wissenschaftliche Bewertung der Gesundheits- und Umweltrisiken der Chemikalie nicht ausreichend. Darüber hinaus sei den Studien der Industrie mehr Gewicht beigemessen worden, als unabhängige Analysen. Laut Regionalregierung liegen zu wenige Daten vor und dadurch werde gegen das “Vorsorgeprinzip” verstoßen. Ziel der Klage ist es, die Verlängerung der Zulassung rückgängig zu machen.

Zum Stand der Diskussion um die Zulassung von Glyphosat
Die EU-Staaten verschoben am 25. Oktober 2017 eine Abstimmung über eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Die EU-Kommission hatte eine zehnjährige Verlängerung vorgeschlagen, für die es unter den EU-Staaten keine Mehrheit gab. Im zuständigen Expertenausschuss der Mitgliedstaaten fand ein revidierter Vorschlag der EU-Kommission, die Zulassung für fünf Jahre zu erneuern, am 9. November weder eine qualifizierte Mehrheit dafür noch dagegen.
Am 27. November stimmte eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten schließlich einer Verlängerung der Zulassung um weitere fünf Jahre zu. Während 18 Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, das sich bisher stets enthalten hatte, dem Vorschlag der EU-Kommission zustimmten, stimmten neun Länder (Frankreich, Italien, Belgien, Österreich, Griechenland, Zypern, Malta, Kroatien und Luxemburg) dagegen. Portugal enthielt sich als einziges Land seiner Stimme.
Bei seiner Zustimmung setzte sich der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), angeblich ohne Abstimmung mit der Bundeskanzlerin, über die Geschäftsordnung der Bundesregierung hinweg; denn Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte einer weiteren Zulassung nicht zugestimmt. Gemäß üblichem Vorgehen hätte sich Deutschland also enthalten müssen, da die beiden in die Entscheidung involvierten Minister unterschiedlicher Auffassung waren.
Andrea Nahles nannte diesen Vorgang, der im Vorfeld der Gespräche für eine mögliche Große Koalition nach der Wahl zum 19. Bundestag stattfand, einen „schweren Vertrauensbruch“. Die Grünen forderten Schmidts Rücktritt, die FDP stellte die Koalitionsfähigkeit infrage.

EU und Japan haben in Tokio das Handelsabkommen JEFTA unterzeichnet
Das waren keine guten Nachrichten: Die EU und Japan haben in Tokio das Handelsabkommen JEFTA unterzeichnet. Allerdings muss das EU-Parlament dem Abkommen noch zustimmen, bevor es in Kraft tritt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte im Frühjahr diesen Jahres über das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU gesagt: „Wir glauben, dass das Abkommen nötig ist. Weil wir an freien, fairen und regelbasierten Handel glauben. Europa will Geschäfte machen – faire Geschäfte.“

Ob das aber der Fall sein wird mit Japan, daran lassen Berichte von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ Zweifel aufkommen. Verhandlungspapiere, die von der Umweltorganisation Greenpeace geleakt wurden und den Medien vorliegen, legen den Verdacht nahe, dass die EU-Kommission gleich bei mehreren Themen eben nicht die hohen Standards anlegt, die sie immer verspricht: weder beim Walfang, noch beim Handel mit Holz, noch bei der Transparenz, noch beim Vorsorgeprinzip.

Und auch nicht beim höchst umstrittenen Investorenschutz. Japan lehnt das neue Handelsgericht, das transparent und unabhängig arbeiten soll, schlicht ab. So jedenfalls steht es in einem Lagebericht der Bundesregierung, den Greenpeace ebenfalls veröffentlicht hat.

Der Grüne-Europaabgeordnete Sven Giegold sieht die Vereinbarung ebenfalls kritisch: „Besonders schädlich ist JEFTA im Bereich der Wasserversorgung. Das Abkommen befördert die Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Wasser ist keine Handelsware, sondern ein öffentliches Gut“.
Ob sich das EU-Parlament der Auffassung der EU-Kommission anschließen wird, ist angesichts der Skepsis in der Öffentlichkeit fraglich. Immerhin wurde in diesen Tagen ein Appell der Organisation campact gegen JEFTA in der jetzt vorliegenden Ausgestaltung kurzfristig von knapp 600.000 EU-BürgerInnen unterzeichnet.

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