Blumenwiese statt Rasen

Tiefbauamt informierte BV über „Stadtgrün Naturnah“

Blüht reich, stammt aber aus einer Ansaat: Blumenwiese am Rande des Hochwasserrückhaltebeckens.

Blumenwiese statt Rasen: Das ist Dortmunds neues Ziel, wenn es um städtische Grünflächen geht. „Stadtgrün Naturnah“ heißt das bundesweite Projekt der Deutschen Umwelthilfe, an dem die Westfalenmetropole als eine von insgesamt 15 Kommunen teilnimmt. Martin Rüthers und Jürgen Hundorf, Mitarbeiter der Abteilung Stadtgrün beim Tiefbauamt, erläuterten jetzt der Bezirksvertretung (BV), was dahinter steckt.

Bei dem vom Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz geförderten Projekt handelt es sich um ein „Labeling-Verfahren“ mit dem das Engagement zur ökologischen Aufwertung städtischer Grünflächen belohnt wird. Label heißt in diesem Fall so viel wie Prädikat, Prüf- oder Gütesiegel im Sinne von Qualitätsmerkmal.

Dortmund macht als eine von 15 Kommunen mit

Dortmund habe, wie Rüthers berichtete, in einer lokalen Arbeitsgruppe ein dreistufiges Verfahren entwickelt, um das auf 2018 und 2019 beschränkte Vorhaben zu realisieren: Bestandsaufnahme, Maßnahmenplan und Grünflächenstrategie gehören dazu. Dazu sei eventuell ein politischer Beschluss nötig. Einige Bezirksvertreter bedauerten, erst jetzt informiert zu werden. Wer könne sich einbringen? Nur große Wohnungsbauunternehmen oder Organisationen wie NABU oder BUND? Prinzipiell könne jeder einen Beitrag leisten, versicherte Rüthers und forderte die BV auf, weitere Projekte zu benennen. Immerhin werden in Mengede bereits 18 Hektar Grünfläche in städtischem Besitz extensiv bewirtschaftet. „Extensiv“ bedeutet vor allem, weniger häufig geschnitten.

Eine Kornraden-Blüte: Die giftige, aber hübsche einjährige Pflanze war einst in Getreidefeldern verbreitet und gefürchtet, heute ist sie fast ausgestorben.

Angesichts des dramatischen Artenrückgangs sei die veränderte Bewirtschaftung dringend geboten. Immerhin sind bereits 80 Prozent der Insekten verschwunden, so die Berichterstatter. Allerdings sei die Akzeptanz der Bürger trotzdem noch ein Hauptproblem bei der Umstellung. Ist eine naturnahe Wiese, die statt zehn- bis zwölfmal pro Jahr nur zwei bis dreimal gemäht oder von Schafen abgeweidet wird, eine Wildnis mit Unkraut oder ein Ort voller Leben mit vielen verschiedenen Pflanzen und Tieren? Was ist schön? Die Frage stellt sich für viele beim Thema Grün, egal ob am Rande der Straße, auf Verkehrsinseln oder in öffentlichen Parks. Um bei größeren Flächen zu verdeutlichen, dass man sie nicht einfach vernachlässigt, kennzeichnet Stadtgrün sie durch einen „Sauberkeitsstreifen“ am Rand. Die Umrahmung besteht aus kurz gehaltenem Rasen.

Was ist schön? Wildblumen = Unkraut?

Abgesehen von reinen Geschmacksfragen stellt auch die geringe Verbreitung von Wissen über Pflanzen und Tiere Stadtgrün ab und zu vor Herausforderungen. So sei man von einer Kita-Leitung um Hilfe gerufen worden, weil auf dem Gelände so viele Wespen herumflögen. Vor Ort stellte es sich dann heraus, dass statt aggressiver Wespen lediglich ein paar friedliche Hummeln dort unterwegs waren.

Jürgen Hundorf erläuterte die Problematik aus gärtnerischer Sicht: Es genüge nicht, weniger oft zu schneiden. Bei der heute üblichen Mahd großer Flächen mit Schlegelmäher bleibe das Schnittgut als Mulch liegen. Es düngt zusätzlich. Auf einem ohnehin stark mit Stickstoff versorgten Boden – durch Dünger aus der Landwirtschaft, aber auch durch den Verkehr – wachsen aber hauptsächlich Gräser, die vom Wind bestäubt werden. Die für Insekten und andere Tiere wichtigen Blütenpflanzen bevorzugen magere Böden. Bei dem Einsatz von Balkenmähern und der Entfernung des Schnittgutes werde der Boden abgemagert, der Überschuss an Nährstoffen entfernt. Auch die Beweidung durch Schafe sei ein guter Weg. Die so behandelten Flächen entwickelten sich, so Hundorf, dann schnell zu mehr Blütenreichtum. Stadtgrün hilft – auch beim Straßenbegleitgrün, Verkehrsinseln und auf Baumscheiben – gelegentlich durch Ansaaten nach.

Bürger und Mitarbeiter müssen umdenken

Orangerotes Habichtskraut ist eine eifrig wuchernde Wildstaude, die hier einem Rasenparkplatz Farbe verleiht. Ein Beispiel für das, was auch in Privatgärten möglich ist. Fotos: Zybon-Biermann

Es sind übrigens nicht nur die Bürger, die es in der städtischen Natur gern „ordentlich“ hätten. Auch mancher Mitarbeiter , vor allem diejenigen, die schon länger dabei seien, habe Probleme bei der Umstellung, gestand Hunfeld. Zum Beispiel, wenn es darum geht, den Mäher ein paar Zentimeter höher einzustellen, um kleine Tiere wie wandernde Amphibien zu schonen. Sowohl Rüthers als auch Hunfeld bedauerten, dass sie das wichtige „Naturnah“-Verfahren „nebenbei“ erledigen müssten, weil ihnen aufgrund ihrer anderen Aufgaben wenig Zeit dafür bliebe. Das Tiefbauamt hat im Zuge des Labeling-Verfahrens einiges zu schultern: Insgesamt sollen, so die Berichterstatter, in Dortmund 140 Hektar städtische Grünfläche ökologisch bewirtschaftet werden.

Sicher ist, dass bei der Umstellung der Mahd auf Balkenmäher und den seltenen Schnitt sehr viel Mähgut anfallen wird. Was tun mit der Masse an Grünschnitt? Bei Stadtgrün hat man schon eine Idee: Eine Biogasanlage für Dortmund – das wäre die Lösung, die das Projekt vollenden könne. Die BV fand die Idee prinzipiell auch gut, aber – wenn eine solche Anlage Dreck macht und stinkt, dann „bitte nicht in Mengede unterbringen“, so der (scherzhafte?) Kommentar einiger Lokalpolitiker.

Isabella Knappmann hatte abschließend noch eine Frage, die weitere Zukunft des Dortmunder Grüns betreffend. Es sei beschlossen, dass demnächst die EDG Grünpflege-Aufgaben übernehmen solle. Was werde dann aus dem schönen Projekt? Bei Stadtgrün hofft man, dass die entsprechend geschulten eigenen Mitarbeiter, die zur EDG wechseln, dort dafür sorgen werden, dass die Wiesen auch dann noch zur Blüte kommen.

 

 

 

 

 

 

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