Warum werden Gelder für Westerfilde nicht abgerufen?
Es klingt seltsam: Geld für die Stadterneuerung ist da, aber keiner will es haben? Im Stadtbezirk Mengede ist davon das Gebiet „Soziale Stadt Westerfilde/ Bodelschwingh“ betroffen. Warum bereitstehende öffentliche Mittel in Millionenhöhe nicht abgerufen und deswegen auch für 2019 erst mal keine weiteren beantragt werden, fand die Bezirksvertretung (BV) in der Oktobersitzung erklärungsbedürftig und verschob die Entscheidung über die Verwaltungsvorlage auf den Sitzungstermin in der letzten Woche. Die Teamleiterin des Amtes für Wohnen und Stadterneuerung, Kerstin Furkert, erläuterte, warum es bei der Umsetzung des Stadterneuerungsprogramms (STEP) hakt. Nach der Diskussion empfahl die BV einstimmig die Annahme des Stadterneuerungsprogramms.
Aktuell sind laut Verwaltung für Westerfilde/Bodelschwingh zur Verfügung stehende Fördermittel in Höhe von 2.900.000 € von der Bezirksregierung Arnsberg nicht ausgegeben. In der Vorlage heißt es: „Der Stadterneuerungsprozess wird konsequent umgesetzt. Für 2019 ist kein weiterer Antrag vorgesehen.“ Bisher wurden insgesamt 3,3 Millionen bewilligt. Das hieße also, dass lediglich 800.000 € in die zahlreichen Planungen gesteckt wurden. Insgesamt sind für STEP-Projekte in ganz Westerfilde und einem Teil von Bodelschwingh bis 2024 fast elf Millionen € eingeplant.
Komplizierte Vergabeverfahren schrecken Baufirmen ab
Furkert begründete die schleppende Umsetzung der zahlreichen Vorhaben vor allem mit Problemen in der Bauwirtschaft. Zwar gebe es derzeit viele Mittel aus den verschiedensten Fördertöpfen und es werde auch viel gebaut, aber eher im Auftrag privater Investoren. CDU-Bezirksvertreter Reddig machte darauf aufmerksam, dass vor allem die bei Vorhaben der öffentlichen Hand vorgeschriebenen Ausschreibungen Unternehmen der Bauwirtschaft abschreckten. Sie seien umständlich und zeitraubend. Dass diese Kritik ins Schwarze trifft, gab auch die Berichterstatterin des Amtes für Wohnen und Stadterneuerung zu. Die Vergabeverfahren seien zum Teil sehr aufwändig. Alle Bauaufträge ab einer bestimmten Investitionssumme (5.548.00€ seit Januar 2018) müssten europaweit ausgeschrieben werden.
Auf Anfrage von Mengede InTakt wies die in Westerfilde wohnende Fraktionssprecherin der Bündnisgrünen, Isabella Knappmann, darauf hin, dass „ganz zu Anfang des Prozesses noch höhere Summen im Raum standen.“ Es seien aber nicht alle Komponenten des STEP förderfähig gewesen. Zudem sei es nicht gelungen, einen Träger für das geplante neue Bürgerzentrum zu finden, wodurch erhebliche Kosten wegfielen.
Die noch vorhandenen 2,9 Millionen seien Restmittel, die für die bekannten städtebaulichen Maßnahmen wie Wohnumfeldverbesserung, Spielplätze, Wettbewerb zur Marktplatzgestaltung, Quartiersbüro oder das Fassadenprogramm nicht aufgebraucht wurden. Knappmann: „Insbesondere das Fassadenprogramm wird von den Hauseigentümern noch nicht im gewünschten Umfang genutzt.“ Die sozialen Aktivitäten seien größtenteils aus dem Stadtteilfonds (35.000 € pro Jahr) oder andere Projekte wie DONAPART finanziert. “Da kommen nicht so schnell Millionen zusammen.“
Erst mit der Schlussrechnung gilt Geld als ausgegeben
Der noch ausstehende größte Batzen sei für städtebauliche Maßnahmen und in der Planungsphase befindliche Bauprojekte wie Wenemarstraße , Marktplatz, Bürgertreffpunkte und Jugendfreizeitstätte Kess vorgesehen. Der Eindruck, dass bisher so wenig ausgegeben worden sei, spiegele möglicherweise nicht komplett die Realität wieder. Das hänge damit zusammen, dass die benötigten Finanzmittel erst nach der Schlussrechnung tatsächlich als verausgabt gelten. Somit würden beendete Maßnahmen erst später bei den Ausgaben sichtbar.
Knappmann machte in der Diskussion deutlich, dass viele BewohnerInnen sehr zufrieden mit der Entwicklung des Ortskerns seien und sich hier auch mit engagieren. Schaue man aber Richtung Grollmannsweg und die dortigen Siedlungen, falle auf, dass die BewohnerInnen dort nichts von den städtischen Projekten wüssten und deswegen auch keine Initiative ergriffen hätten. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass dies am Desinteresse der dortigen Siedlungseigentümer liege. Ein Aspekt bereitet der Grünen-Fraktionssprecherin besonders Sorge – die „schleichende Armutszuwanderung.“ Sie sieht bei diesem Problem ebenfalls die Vermieter in der Pflicht. Die Wohnungen in den Westerfilder Siedlungen, auch bei Vonovia, lägen durchweg am unteren Ende der Mietpreisskala. Das ziehe einkommensschwache Familien an. Die Vermietergesellschaften seien gefordert, an Publikum mit unterschiedlichem Einkommen zu vermieten.
Fotos: Zybon-Biermann