Lobbyismus der besonderen Form
112 Lungenärzte haben den Freunden der Autoindustrie, an erster Stelle der Bundesregierung, einen Riesen-Dienst erwiesen. Verkehrsminister Scheuer hat diesen Ball gerne aufgenommen. Auch FDP-Vorsitzender Lindner wittert Morgenluft.
Scheuer hatte am Wochenende gesagt, er werde die Kritik der Lungenärzte an den Grenzwerten zum Thema im Verkehrsministerrat der EU machen. Fragt man sich doch: Haben wir diese Verkehrsminister aus der CSU verdient und warum haut die SPD nicht mal kräftig auf den Tisch.
Doch zu den Zahlen: Rund 3800 Lungenärzte wurden von den Initiatoren um eine Unterschrift gebeten, 112 haben das Papier unterschrieben – das sind knapp 3%.
Initiatoren des Papiers sind ein Lungenarzt und drei weitere Personen, die keine Mediziner sind.
Die mediale Aufregung war gewaltig. Allerdings wurde nicht vorher kritisch nachgefragt, auf welcher Datenbasis die Ergebnisse zustande gekommen sind. Das erinnert an Amerika: Erst einmal Nachrichten raushauen, egal ob falsch oder richtig.
Ähnlich obskur auch die Begründung: Man habe noch nie einen Menschen gesehen, der an Feinstaub gestorben sei. Sie werden auch noch niemanden gesehen haben, der am Rauchen verstorben ist, denn in der Regel versterben die Menschen an Herzversagen.
Der fahle Beigeschmack, der einen überkommt, hat auch mit der mangelnden Transparenz zu tun. Es ist bisher nicht gelungen ein Lobby-Register einzurichten und das Treiben der Lobbyisten zu dokumentieren. CDU/CSU weigern sich und die SPD engagiert sich in dieser Frage mal wieder nur halbherzig. Gerade der Umgang der Regierung mit der Autoindustrie hinterlässt ein ungutes Gefühl. Es wäre für die politische Kultur in unserem Lande hilfreich, wenn z. B. die Verkehrsminister nicht nur das Wohlergehen der Autoindustrie im Blick hätten, sondern auch das der Gesellschaft von morgen.