Bundesfinanzhof (BFH) entscheidet gegen „Attac“
Nach fünf Jahren juristischer Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von „Attac“ hat der Bundesfinanzhof (BFH) ein letztinstanzliches Urteil gesprochen. Der BFH setzt den Rahmen für politisches Engagement von gemeinnützigen Organisationen sehr viel enger als das Hessische Finanzgericht, das die Gemeinnützigkeit von „Attac“ 2016 bestätigt hatte.
Das Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.2.2019 hat viel Empörung hervorgerufen.
Für Heribert Prantl, Jurist und Journalist und seit 2018 Leiter des Meinungsressorts der Süddeutschen Zeitung ist das Urteil ein Witz. „Es ist eine Entscheidung gegen die bunte, vielfältige Demokratie.“ (Video-Kommentar vom 27.2. 19 auf süddeutsche.de).
Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow bezeichnet die Aberkennung der Gemeinnützigkeit als fatales Signal und schreibt u.a.: Ich fordere die Mehrheit im Bundestag und die Bundesjustizministerin Katarina Barley auf, Rechtssicherheit für NGOs (Nichtregierungsorganisationen) zu schaffen. Wir brauchen diese, um ein starkes Zeichen für die Demokratie und den Ausgleich verschiedener Interessen zu setzen.“
Die Richter BFH erklärten die Mitwirkung an tagespolitischen Debatten im Grunde genommen für unvereinbar mit der Gemeinnützigkeit.
Die Folgen des Urteils liegen auf der Hand: Wenn sie NGOs künftig zu Themen wie Steuerflucht, Handelsabkommen äußern, sich für ein Verbot von Glyphosat einsetzen oder Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erwirken, gefährden sie ihre Gemeinnützigkeit und damit ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit.
In der bisherigen Abgabeordnung sind zahlreich Zwecke genannt, die gemeinnützig sind – darunter der Verbraucher- und Umweltschutz. Ausschließlich zu diesen Zwecken dürfen sich gemeinnützige Vereine dann äußern, wenn der Zwecke in der Satzung genannt ist.
Kurzum: Es nützt kein Jammern, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die Möglichkeit, diese durch das Urteil entstandene unbefriedigenden Situation zu ändern, indem er umgehend einen Vorschlag für eine neue Abgabenordnung vorlegt.
Nur eine aktive Zivilgesellschaft kann Transparenz von der Politik einfordern, kann Lobbymacht öffentlich machen, kann Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am politischen Geschehen gewährleisten. Es wäre fatal, wenn die aktiven NGOs künftig nur noch als „Jubelperser“ die gesellschaftspolitischen Entwicklungen begleiten würden.