Westhausen: Vom historischen Pütt zur Lernfabrik 4.0
Nach Jahrzehnten soll es einen erneuten Anlauf zur Entwicklung des ehemaligen Zechengeländes Westhausen geben. Dortmunds Wirtschaftsförderung möchte auf dem Grundstück des zentral zwischen Westerfilde und Bodelschwingh gelegenen, zum Teil denkmalgeschützten Gebäude-Ensembles eine „Lernfabrik 4.0“ schaffen. Die Bezirksvertretung nahm das ambitionierte Vorhaben, das zusammen mit Partnern der Handwerkskammern,Wirtschaft, Wissenschaft und Stadterneuerung geplant wird, zur Kenntnis. Die Wirtschaftsförderer hatten auch gleich einen Berichterstatter ins Mengeder Amtshaus geschickt. Der für Großprojekte der Produktionstechnik zuständige Frank Grützenbach war gekommen, um Fragen der Lokalpolitik zu beantworten.
In der schriftlichen Vorlage wird erläutert, was mit der „Dortmunder Lernfabrik“ gemeint ist. Sie solle sich von bisherigen ähnlichen Projekten in Nordrhein-Westfalen und Deutschland dadurch unterscheiden, „dass sie nicht auf ein Unternehmen oder ein Berufsfeld ausgerichtet ist, sondern eine kombinierte Campussituation von und für Handwerk und Bildung ermöglichen soll.“ Angestrebt werde eine Zusammenarbeit von Unternehmen, Bildungseinrichtungen sowie anwendungsorientierten Forschern und Entwicklern. Ziel des Projektes mit „neuartiger Lernatmosphäre“ soll es u. a. sein, Lehrer und Schüler auf die Anforderungen von Digitalisierung und moderner Arbeitswelt vorzubereiten.
Projekt einzigartig in ganz Deutschland
Außerdem könnte die Lernfabrik „als Entwicklungs- und Demonstrationszentrum“ für Handwerksbetriebe Westfalens und des Ruhrgebietes dienen, zusätzlich aber Weiterbildungs- und Netzwerkmöglichkeiten im Sinne eines außerschulischen Lern- und Erlebnisortes bieten.
Damit dies gelingt, soll zunächst ein Konzept erarbeitet werden. Ein erster Termin dazu fand am 10. Januar dieses Jahres statt; bis Juli will die Wirtschaftsförderung mit den oben genannten Partnern einen Zeit- und Maßnahmenplan fertigstellen, inklusive der Vorschläge zur Finanzierung und der in Frage kommenden Betreiber. Es soll auch untersucht werden, inwieweit man Unternehmen, Bildungsträger, Stiftungen, Bund und Land im Hinblick auf Gründung, Förderung und Planung einbeziehen kann.
Das Konzept soll in drei Phasen erarbeitet werden. Die erste ist wiederum in drei Schwerpunkte aufgeteilt. Der erste hat das Motto „Begegnung“. Dahinter steht die Überlegung, dass Unterschiede in Wissen und Erfahrung Kreativität und neue Ideen fördern, was auch für die Vernetzung unterschiedlicher Berufe, Gesprächsrunden und Begegnungen sowie multiprofessionelles Arbeiten gilt.
Zweiter Schwerpunkt ist „Bewegung und Mobilität“ – und zwar sowohl in geistiger als auch in körperlicher Hinsicht. Sport mit seinem positiven Effekt auf sprachliche, schulische und körperliche Entwicklung soll gefördert, bestehende Angebote dazu in Bodelschwingh und Westerfilde sollen erweitert werden.
An dritter Stelle steht die kulturbasierte Kreativität (culture-based creativity). Durch den Einsatz kreativer Mitarbeiter lasse sich die Wettbewerbsfähigkeit steigern, innovative Produkte entwickeln, der soziale Zusammenhalt fördern und das Vertrauen in die Gesellschaft erhöhen.
Campus, Gründerzentrum, Zuhause auf Zeit
In der zweiten Phase sollen die bis dahin erzielten Ergebnisse auf ihre Realisierbarkeit geprüft und daraus Module entwickelt werden, z. B. ein Ausgangsort zur Berufsorientierung, eine Lehrfabrik zu Innovationen im Handwerk, ein „Think-Make-Work“ Zentrum für Gründerinnen und Gründer, ein Generationenzentrum oder auch ein „Welcome“ und „Boarding House“ (Zuhause auf Zeit, z. B. kurz- oder längerfristig mietbare Apartments) für Unterbringung und Tagung. In der dritten Phase soll die angestrebte Campussituation in Kombination mit Handwerksbetrieben geprüft werden; anschließend wird ein Plan der möglichen Maßnahmen sowie der Finanzierung erstellt sowie dem Rat zur Entscheidung vorgelegt.
Das neue Projekt fand durchaus (vorsichtigen) Beifall. So lobte der Bündnisgrüne Jürgen Utecht, das Ganze klinge „hochinteressant“, allerdings seien die Aussagen der Vorlage noch zu vage, man wünsche sich genauere Information, z. B., welche Gebäude für welche Zwecke geeignet seien. Dies, so versicherte Grützenbach, werde im Rahmen des vorgesehenen Konzeptes erarbeitet. Es stehe in den nächsten Monaten im Vordergrund. Bereits jetzt sei aber klar, dass man sich auch Nutzungsmöglichkeiten für die vorhandenen großen Baudenkmäler auf dem Gelände, den Malakowturm und die Lohnhalle, wünsche.
Der Westerfilder Dirk Reddig (CDU) erinnerte daran, dass frühere Entwicklungen auf Westhausen durchaus enttäuschend gelaufen seien. So habe man ursprünglich gehofft, dass nach dem Brand der Waschkaue 1993 der Neubau optisch an das Ziegelmauerwerk der Lohnhalle angepasst würde, was aber damals nicht geschehen sei. Grützenbach versicherte, die Stadt sei im Gespräch mit den Eigentümern des Geländes und auch mit dem „Nordwärts“-Team gebe es einen Dialog.
Die Geschichte begann bereits 1873
Die Zeche Westhausen nahm 1873 ihren Betrieb auf. Der wuchtige Malakowturm entstand in der Anfangszeit; 1906 baute der Architekt Paul Knobbe die Lohnhalle mit der Waschkaue im Jugendstil. Der Gebäudekomplex gehört zu den architektonisch bedeutsamen Anlagen des Ruhrgebiets. In der Maschinenhalle von Schacht III befindet sich ein kleines Museum, das vom Geschichtsarbeitskreis Zeche Westhausen betrieben wird. (Siehe auch unseren Bericht „Westhausen aus Dornröschenschlaf wecken“ vom 31. 5.2016.)