Musik im Amtshaus schließt Konzertsaison ab

ZuhörerInnen erleben ein Fest für die Sinne

Dieses klanglich den historischen Instrumenten nachempfundene Cembalo zeigte auf seiner Innenseite eine italienische Landschaft.

„Heute, zum Abschluss unserer Konzertsaison, schwebt auf den Wassern des Canale Grande – geradewegs zum Amtshaus – eine Gondel heran, die uns in wenigen Minuten auf verzweigten Wegen zu einem faszinierenden Crossover von barocker und moderner Musik tragen wird.“ Mit diesen fast schon poetischen Worten stimmte die künstlerische Leiterin Elisabeth Sedlack-Zeidler die Zuhörer auf das folgende Konzert ein. Einen glanzvolleren Schlusspunkt hätten sie und Michael Konrad vom Bezirksmarketing zum Ende der siebten Reihe der „Musik im Amtshaus“ nicht setzen können.

Eingeladen hatten sie einen Jazzsaxophonisten, eine Opernsängerin und eine barocke Bassgruppe. Schon diese Kombination mutet abenteuerlich an. Was die fünf Solisten mit ihrem Programm „Talking about Barbara“ dem Publikum im ausverkauften Amtshaus dann boten, war ein fesselndes „Crossover“, und das nicht nur in musikalischer Hinsicht.

David Budai (Gamba re) Vanessa Heinisch (Laute) und Laila Salome Fischer (Mezzosopran)

Da waren zunächst die gesellschaftlichen Aspekte. Wer bisher geglaubt hatte, die Emanzipation der Frauen hätte mit der Französischen Revolution begonnen, nach dem Ende des ersten Weltkrieges einen Höhepunkt  erreicht, bis sie endlich gegen Ende des 20. Jahrhunderts bei Alice Schwarzer angekommen sei, der wurde eines beseren belehrt. Mindestens in der Musik hat die Emanzipation schon viel früher begonnen. Die Italienerin Barbara Strozzi, im Jahre 1619 in der Lagunenstadt Venedig geboren und gestorben 1677 in Padua, gehörte als Komponistin und Sängerin zu den führenden Köpfen einer jungen dynamischen Musikergeneration des 17. Jahrhunderts. Sie bewies schon damals, dass Musik eben nicht nur Männersache ist. Ihre Kompositionen zeugen von Abenteuerlust und Experimentierfreudigkeit in einer Musikwelt, die sich vom bis dahin dominierenden kirchlichen Liedgut abheben wollte und mit der „Erfindung“ der Oper begonnen hatte.  

Mit ausdrucksvoller Stimme, einer gefühlsbetonten Mimik und Körpersprache trug die mehrfach ausgezeichnete Mezzosopranistin Laila Salome Fischer, getragen von den sie begleitenden Instrumentalsolisten, drei der Werke von Strozzi vor: L’Eraclito amoroso, Amor dormiglione und Lagrime mie. Hier stand, wie auch bei den übrigen dargebotenen Werken von Monteverdi, Giulio Caccini oder Giovanni Battista Fontana die Liebe im Mittelpunkt.

Mezzosopranistin Laila Salome Fischer trug ihre Lieder mit gefühlbetonter Mimik und Körpersprache vor.

Meistens die unerfüllte oder tragische Liebe. „Von ihr singe ich so gerne, weil sie kreativer und vielfach emotionaler ist als die glückliche“,  betonte die Künstlerin. Nach der Devise „etwas Gregorianik geht immer, darf im Gegenteil nicht fehlen“ intonierte sie „Veni creator spiritus“ von Rabanus Maurus, bei dem ihre Stimme im Vorraum ertönte, zu den Musikern in den Saal hinüber schwebte und sich mit ihrer  Musik vereinte.

Schon gleich nach Konzertbeginn zeigten die „Zeitenwandler“, wie der Bandname in der deutschen Übersetzung heißt, dass Jazz keine Erfindung der Neuzeit ist. Mit Spürsinn und Entdeckergeist haben sie Grundlagen und Elemente des Jazz in der Musik des 17. Jahrhunderts herausgefunden und musikalisch umgesetzt. Bei ihrem Konzert im Amtshaus repräsentierte Klarinettist und Saxophonist Magnus Mehl den Jazz-Part, während Maximilian Volbers (Cembalo, Blockflöte), David Budai (Gamba, Violoncello) und Vanessa Heinisch (Laute) mit ihren zugegebenermaßen nachgebauten alten Instrumenten den barocken Teil einbrachten. Die musikalische Kommunikation zwischen den Musikepochen funktionierte hervorragend, wobei Improvisation und Variation natürlicherweise bei Klarinette und Sax lagen und die Sopranstimme von Laila Salome Fischer oft die Brücke zwischen Zeiten und Stilen bildete. Bewundernswert war der Einsatz von Vanessa Heinisch, die von einer schweren Erkältung geplagt, bei quälenden Hustenreizen, laufender Nase  und Tränen in den Augen den vollen künstlerischen Einsatz brachte. Als einziges Zugeständnis an ihre Krankheit nahm sie ab und zu einen Schluck vom Tee, den Michael Konrad ich fürsorglich bereit gestellt hatte.   

Saxophonist Magnus Mehl intonierte den Jazz-Part (li), daneben Maximilian Volbers am Cembalo.

Getragen von ihrem Mut, dem Publikum etwas Außergewöhnliches zu bieten, bewies das gesamte  Ensemble Stilsicherheit, Virtuosität und eine immense Portion an Eigenwilligkeit, mit dem Ziel, den Zuhörern ein Fest für die Sinne zu bieten. Und das gelang ihnen vortrefflich. Gilda, eine frühere Mengederin, die zu den Konzerten häufig aus Bochum anreist, urteilte: „Das war wieder ein hervorragendes Konzert mit vielen musikalischen Höhepunkten. Am meisten beeindruckt war ich von dem Gesang, der wie aus Klostermauern vom Vorraum in den Musiksaal herüberschallte.“  Voll des Lobes waren aus die Eintragungen im „goldenen“ Gästebuch wie: „Eine Krönung der siebten Saison, ein wunderbarer Abschluss“. Auf jeden Fall machte dieses Schlusskonzert bereits Appetit auf die kommende achte Saison der „Musik im Amtshaus“.   Lassen wir uns überraschen.

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