Ein abwechslungsreicher Gang entlang der südöstlichen Grenzen des Stadtbezirks Mengede
In früheren Zeiten wurden die Gemarkungsgrenzen bei regelmäßig stattfindenden Schnadegängen kontrolliert. Der Grenzverlauf wurde Beschneiden (Schnad, Schneise) begeh- und befahrbar gehalten, die Grenzsteine wurden untersucht, ob sie noch an ihrem richtigen Paltz waren oder ov ein Nachbar sie zu seinen Gunsten versetzt hatte. Nach der Einführung der Katasterämter im Jahre 1817 waren diese Kontrollen überflüssig. Sie wurden vom preußischen Staat sogar verboten, weil sie immer wieder Anlässe zu alkoholischen Exzessen boten.
Im Jahre 2006 nahm der Heimatverein Mengede die alte Tradition der Schnadegänge wieder auf. Nicht, um den Mitgliedern eine Gelegenheit zu Trinkgelagen zu geben, auch nicht, um den Grenzverlauf zu kontrollieren, sondern um freundschaftliche Nachbarschaftsbeziehungen zu pflegen, bei reizvolle Gängen durch den Stadtbezirk die Natur zu erkunden und deren Veränderungen wahrzunehmen.
So konnte Heimatvereinsvorsitzender Hans-Ulrich Peuser am vergangenen Donnerstag an der ehemaligen „Schenkwirtschaft zur Erholung von Wilhelm Wiemann“ in Nette gut 30 Teilnehmer und Teilnehmerinnen begrüßen, die sich mit ihm auf einen von Franz-Heinrich Veuhoff und Jürgen Utecht ausgearbeiteten etwa 8 Kilometer langen Rundkurs begaben. Es ging vorbei an der ehemaligen Diskothek Bonanza. Viele Teilnehmer kannten den legendären Musikschuppen noch aus seinen Glanzzeiten, in denen von 1967 bis 1985 mehr als 100 berühmte Sänger und Gruppen live auf der Bühne gestanden haben.
Auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen in Niedernette begrüßten Wilhelm Kattenstedt und seine Familie die Schnadegänger. Er verwies auf die lange Tradition des Hofes, dessen erste urkundliche Erwähnung nach den Recherchen des Heimatforschers Pfarrer Albrecht Stenger um 1600 zu finden ist. Im Jahre 1974 wurde der landwirtschaftliche Betrieb komplett umstrukturiert mit Konzentration auf den Einkauf und Verkauf von Schafen. Kattenstedt: „Wir haben damit auf die steigende Nachfrage besonders von muslimischen Mitbürgern reagiert. Bis heute kaufe ich Schafe aus der Region ein. Einmal wöchentlich werden bei uns nachfrageabhängig 100 bis 200 Schafe in dem angegliederten Pachtbetrieb geschlachtet und marktgerecht zerlegt.“
Anschließend führte er die Gruppe an die Baustelle des neuen Hochwasserrückhaltebeckens, dessen Dimension die Teilnehmer staunen ließ, zumal auf der anderen Emscherseite noch ein Becken gleichen Ausmaßes angelegt wird. Entlang der Ellinghauser Straße und dem weitläufigen Betriebsgelände von Ikea ging es zum ehemaligen Gut Königsmühle. Nach einer Kaffee- und Imbisspause im Hofcafé „Kleiner König“ erläuterte die Vorstandsvorsitzende Sandra Heller die vielfältigen Aktivitäten der auf dem Gut angesiedelten Stiftung „Help an hope“. Das sind Ferienprogramme für Kinder- und Jugendliche, Spieltreffs und Kreativangebote, die aktuell vom Meisenknödelbasteln bis zur Kürbisschnitzerei gehen: „Unsere Angebote werden so gut angenommen, dass wir manchmal schon an unsere Kapazitätsgrenzen kommen. Ein Handyverbot brauchen wir bei unseren Kursen nicht auszusprechen, die Kinder vergessen ihr Handy einfach.“ Sie wies darauf hin, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien kostenfrei teilnehmen können und dass sich für die anderen die Gebühren im vertretbaren Rahmen halten.
Beim anschließenden Rundgang zeigte Sandra Heller den Teilnehmern die zur Stiftung gehörenden Einrichtungen wie Spielplätze und Fahrradverleih. Sie erläuterte Zukunftsprojekte wie die Anlage eines Parcours zum Laufenlernen und Bewegungstraining auch für Rollstuhlfahrer. Außerdem ging sie kurz auf die anderen auf dem Hof angesiedelten Institutionen wie Waldorfkindergarten, Demeter Gärtnerei und Werkstatt Distelwiese ein. Über die Roonheide und Mengeder Straße gingen die Schnadegänger dann zurück zum Ausgangspunkt, den sie gegen 15.30 Uhr erreichten.