Bei der „Musik im Amtshaus“ ist der Flügel in besten Händen

Das „Kapustin-Projekt“ – ein Abend voller musikalischer Überraschungen

RomanRofalski gab den ZuhörerInnen immer wieder Informationen zu den gespielten Werken und seinen Intentionen.

„Heute geht’s kreuz und quer durch die Zeiten und Genres der Klavierliteratur, auf dem Programmzettel können Sie Namen wie Domenico Scarlatti, Niccoló  Paganini, Johannes Brahms oder Maurice Ravel lesen, dazu noch Bill Evans und Frederic Rzewski, und dazwischen immer wieder Nicolai Kapustin.“ Mit diesen Worten begrüßte die künstlerische Leiterin Elisabeth Sedlack-Zeidler die Zuhörer bei der „Musik im Amtshaus“ am vergangenen Samstagabend.

Die künstlerische Leiterin von MiA, Elisabeth Sedlack-Zeidler stimmte die ZuhörerInnen auf das Konzert ein.

Dabei äußerte sie den Verdacht, dass der Konzertflügel bei der gewaltigen Aufgabe eigentlich Lampenfieber haben müsste. Doch die Angst des Flügels war sicher unbegründet, denn bei dem Pianisten Roman Rofalski war das Instrument im wahrsten Sinne des Wortes in besten Händen.  

Das Konzert begann mit einem Jazz-Klassiker aus dem Jahre 1934, mit „East of the sun“ von Brooks Bowmann, dem Rofalski seine eigene Note gab, indem er das balladenhaft zärtlich lockende dieses Liedes gekonnt aufnahm und verstärkte. Die eigene Note sowohl im Spiel als auch in der Zusammenstellung und Kombination der unterschiedlichen Werke zog sich als roter Faden durch das gesamte Programm. Wobei der Konzerttitel „The Kapustin Projekt“ den programmatischen Schwerpunkt vorgab, bei dem die Kompositionen des zeitgenössischen in der Ukraine geborenen und in Moskau lebenden Komponisten Nicolai Kapustin im Mittelpunkt standen. Der hat, während seiner Haupt-Schaffensperioden hinter dem Eisernen Vorhang lebend, seine ganz eigene Art des Jazz entwickelt, als er als schöpferischer Komponist und Pianist feststellte, dass er den Jazz nicht länger ignorieren konnte. Auch er sah für seine Werke Improvisationen vor, doch es ist schon fast ein Anachronismus, dass er diese Improvisationen in Noten niederschrieb.

Bei Klavierspiel ersunken in den eigenen Vortrag: Roman Rofalski.

Roman Rofalski als ein sowohl klassisch als auch im Jazz ausgebildeter Pianist zeigte dem häufig überraschten und manchmal erstaunten Publikum im Amtshaussaal immer wieder die Schnittmengen zwischen auskomponierter und improvisierter Musik. Am gesamten Abend ohne Notenvorlagen spielend, nutzte er immer wieder die Gelegenheit, über den von Kapustin vorgegebenen kompositorischen Rahmen hinaus zu improvisieren, was besonders bei den ausgewählten Preluden aus den Jahren 1984 und 1988 zum Ausdruck kam. Sehr eindrucksvoll war dabei das kontrastreiche nahezu übergangslose Aneinanderreihen von leichten Dur-und melancholischen Moll-Tonarten. Für seine Eigenkomposition „In between“ aus dem Jahre 2014 gelang es ihm, dem Flügel ganz ungewöhnliche Klänge abzugewinnen, indem er ihn mit einem Holzkeil, einem Blatt Papier und einem kleinen Magneten „manipulierte“. So erreichte er z.B. mit dem Blatt Papier eine schnarrende Wirkung und einen Bassklang. 

Die Paganini Variationen von Johannes Brahms wurden vom Pianisten mit ganz viel Rofalski angereichert. „Diese Variationen sind mit allen Gemeinheiten ausgestattet, die auch mir als Musikstudenten das Leben schwer machten. Um in meinen Konzert aber jede Menge Spaß dabei zu haben, habe ich sie mit populären Stücken durchsetzt.“ So hatte er schwungvolle Tanzrhythmen vom Jazzwaltz bis zum Tango eingebaut, dann verwirrte er die Zuhörer mit einem Schlusspunkt, der doch keiner war. Humorvoll angelegt war Rofalskis zweite Eigenkomposition, die er „Bonsai Metamorphosen“ nannte. Hier beschreibt er musikalisch das wegen mangelnder Pflege beginnende Kränkeln eine Bonsai Baumes, der sich nach wieder beginnender Zuwendung zu einen prächtigen Baum normaler Größe entwickelt.

Rofalski bot virtuoses Klavierspiel auf höchstem Niveau und führte dabei die ZuhörerInnen kreuz und quer durch die Zeiten und Genres der Klavierliteratur.

Seine Absicht, Parallelen zwischen den Klavierwerken unterschiedlicher Genres und Zeiten zu zeigen, kam auch bei den Gegenüberstellen von Maurice Ravels „Une barque sur l’ocean“ und Frederic Rzewskis „Piano Piece 4“ heraus, wobei er den rechten Pedal des Konzertflügels nahezu exzessiv einsetzte und damit Schwingungen erzeugte. So entwickelten sich bei Ravel im „Kopfkino“ der Zuhörer die Bilder von der im weiten Ozean schlingernden verlorenen Barke und bei Rzewski  die Empfindungen von Klangwolken.  Mit der Sonate L 27 h-moll von Domenico Scarlatti gespickt mit Improvisationen zeigte Rofalski, dass man einer glänzenden Perle noch zusätzlichen Glanz verleihen kann.

„Tanzende Finger“.

Die Zuhörer im Amtshaus waren vom gebotenen Konzert und von Rofalskis virtuosem Klavierspiel auf höchstem Niveau begeistert. Das drückten sie in ihrem Schlussapplaus aus. Der Künstler bedankte mit dem Ohrwurm „Moon River“, den sicher jeder schon vielfach gehört hat, der aber in der Version von Rofalski mit seinen Improvisationen einen neuen Hörgenuss bot. Was die Zuhörer empfanden, drücken zwei Eintragungen im Gästebuch aus: „Ein überraschender Abend, anregend und vielgestaltig, virtuos dargebracht von Roma R. …Man könnte ihm noch länger zuhören.“ „Eine Freude, wie er die Klaviatur beherrscht und den Flügel erbeben lässt.“

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