Experten-Berichte zerstreuten nicht alle Zweifel der BV
Kilometerlange Staus mit langen Wartezeiten und ein dank vieler Logistik-Unternehmen hoher Anteil von Lkw machen dem Stadtbezirk Mengede bereits heute zu schaffen. Wie soll das werden, wenn erst die 60-Hektar-Fläche des ehemaligen Knepper-Kraftwerkes als Industrie- und Gewerbefläche zusätzlichen Verkehr produziert? Anwohner und Lokalpolitik befürchten Schlimmes. Immerhin gestehen die mit der Planung betrauten Fachleute ein, dass „am Knotenpunkt Königshalt/Langenacker/AS DO-Bodelschwingh…bereits heute die Kapazitätsgrenze erreicht“ sei. Wie man dem drohenden Kollaps begegnen will, berichteten Vertreter beteiligter Firmen und Verwaltung jetzt der Bezirksvertretung.
Ihr Lösungsvorschlag, damit der zu erwartende Zuwachs an Fahrzeugen den A 42-Anschluss Bodelschwingh nicht total blockiert, ist ein zusammen mit Castrop-Rauxel entwickeltes Konzept zur Verkehrslenkung. Damit hofft man, vorhandene und künftige Belastungen deutlich zu verringern. Immerhin erwarten die Planer nach Inbetriebnahme des Geländes an Werktagen täglich insgesamt 9.336 Fahrten von Kraftfahrzeugen zusätzlich, darunter 3.862 Lkw-Fahrten.
Kein Durchgangsverkehr in Wohngebieten
Birgit Niedergethmann, Bereichsleiterin der Abteilung Städtebau/Bauleitplanung des Planungsamtes, betonte, das Ziel der geplanten Maßnahmen sei es, den Durchgangsverkehr um die Wohngebiete herum zu führen und direkt zum nahen Autobahn-Netz zu bringen. Diese Lage, so Dr. Lothar Bondzio vom Bochumer Verkehrsplanungsbüro Brilon Bondzio Weiser (BBW), sei durch die verkehrsgünstige Nähe zum Autobahnknotenpunkt A 42/ A 45 (plus A 2) ein einzigartiger Sonderfall, der das Gelände für viele Unternehmen zu einem Top-Standort mache.
Um das oben genannte Ziel zum Schutz der Anwohner zu erreichen, sollen Lkw ausschließlich über den Langenacker (Punkt A) fahren dürfen, Pkw und Klein-Lkw sowohl über Punkt A als auch über Nierhausstraße/Oststraße (Punkt B). Auf dem Königshalt sind an den beiden Knotenpunkten Königshalt/Langenacker/ BAB-Auffahrt (Punkt 2) und Königshalt Anschlusstelle Bodelschwingh/ BAB-Zufahrt (Punkt 1) Umbauarbeiten vorgesehen, die bisherige Stau-Ursachen und Wartezeiten deutlich verringern sollen. Am Knotenpunkt 2 sollen ein zusätzlicher Linksabbiegefahrstreifen vom Königshalt sowie eine zweistreifige Zufahrtrampe auf die A 42 und ein weiterer Fahrstreifen in der Zufahrt zum Langenacker die Warteschlangen reduzieren. Für den Punkt 2, die Autobahnabfahrt Bodelschwingh von der A 42, ist vorgesehen, die Ausfahrtrampe um eine zweite Rechtsabbiegespur auf drei Fahrstreifen zu erweitern.
Kontrovers diskutiert: Hilft die Extra-Abbiegespur?
Um dieses Verkehrskonzept realisieren zu können, ist auf Dortmunder Stadtgebiet die Änderung Nr. 2 des Bebauungsplanes Mg 116 nötig; Castrop-Rauxel musste einen Bebauungsplan neu aufstellen. Für die Bezirksvertretung galt es, wie auch für den gleichzeitig tagenden Umweltausschuss, eine Empfehlung auszusprechen. Doch so leicht ließen sich die Mengeder ihre Zustimmung nicht abringen. Nach der Vorstellung des Ausbauplanes zeigten ihre Fragen, dass die Argumente der Experten ihre Zweifel nicht zerstreut hatten. Andreas Flur (CDU) zeigte sich pessimistisch im Hinblick auf die Wirkung der zusätzlichen Abbiegespur. Schon heute staue sich der Verkehr auf der A 45 von Eichlinghofen bis zum Kreuz mit der A 2. Dr. Bondzio gestand ein, dass die A 45 ein „Flaschenhals“ sei – wie viele andere Verkehrsknotenpunkte im Ruhrgebiet.
Fragen, ob eine Verbesserung der bisher sehr lückenhaften Rad- und Fußwegeverbindung geplant seien, bejahte Bondzio. Es sei ein Fuß- und Radweg in die Siedlung vorgesehen; auch der derzeit stillgelegte Gleisanschluss solle erhalten bleiben. Ralf Pyszny vom britischen Industrieimmobilien-Konzern SEGRO betonte, dass gerade die Option, hier wieder eine Bahnverbindung herstellen zu können, einer der Gründe gewesen sei, „warum wir uns für das Grundstück entschieden haben.“ Zweifel, ob der vorgelegte Plan nicht zu optimistisch sei und es dennoch zu hartnäckigem Rückstau kommen könne, wenn die zusätzlichen Verkehrsströme zu bewältigen seien, teilte er nicht. Er versicherte im Gegenteil, SEGRO habe in Düsseldorf sogar in innerstädtischen Lagen zwei Projekte in dieser Weise realisiert, die dort hervorragend funktionierten.
Und dann noch: B1-Sperrung, A 45-Ausbau
Dennoch betonten Mitglieder aller Fraktionen, dass sie stärkere Beeinträchtigungen durch den anwachsenden Durchgangsverkehr befürchten. Da spiele z. B. die Sperrung der B1 für den Lkw-Verkehr eine Rolle. Wie diese sich auswirken werde, könne niemand voraussagen. Das bestätigte auch Dr. Bondzio. Dann sei zusätzlich die Erweiterung der A 45 auf insgesamt sechs Spuren geplant, was über Jahre hinweg die Straßen der Umgebung in erheblicher Weise noch belasten könne. Grünen-Sprecherin Isabella Knappmann warnte, die zusätzlichen Großprojekte dieser Art könnten alle Mühen der Planung zunichte machen.
Es wurde außerdem angeregt, das vorhandene Verkehrskonzept möglichst auszuweiten, denn bereits jetzt gebe es lange Staus bis auf den Burgring. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, es müsse dringend Straßen NRW mit ins Boot geholt werden, da sowohl der Königshalt als auch die Nierhausstraße Landesstraßen seien und alle dortigen Veränderungen entsprechend abgestimmt werden müssten.
Gudrun Feldmann (SPD) verdeutlichte noch einmal die Enttäuschung der Lokalpolitik angesichts eines möglichen weiteren Logistik-Standortes auf dem früheren Kraftwerks-Gelände. Mengede werde „überrollt von Logistik-Unternehmen“. Man habe auf Betriebe mit gut bezahlten Arbeitsplätzen gehofft. Doch die Branche, die im Nordwesten bereits jetzt am meisten vertreten sei, biete eher bescheidene Verdienstmöglichkeiten. Das bedeute auch geringere Kaufkraft für einen großen Teil der Bürger. Dies wiederum führe dazu, dass Geschäfte in den Stadtteilen schließen müssten, weil Kunden wegblieben.
Hagedorn: Wissen noch nicht, wer kommt
Hagedorn-Sprecher Rick Mädel verwies darauf, dass „wir noch nicht wissen, welcher Nutzer kommt. Wir bereiten uns auf den schlimmsten Fall der Belastung vor.“ Details wie Fragen der Digitalisierung seien noch nicht besprochen; Flächen für Versorgungsleitungen würden aber eingeplant.
In der Nachbarschaft wohnende Bürger erhielten in der Einwohnersprechstunde Gelegenheit, ihre Sorgen vorzutragen; dabei ging es den Betroffenen um Fragen wie Lärmschutz und den zu erwartenden Feinstaub, aber auch um einen Radweg ins Mengeder Ortszentrum. Einen Radweg werde es geben, auch begrünte Lärmschutzwände seien vorgesehen, Feinstaubbelastung könne untersucht werden.
Auch eine weitere Bürger-Informationsveranstaltung soll es geben. Bisher sei kein Punkt in geltendes Baurecht umgesetzt worden. Bezirksbürgermeister Wilhelm Tölchs Kommentar: „Wir werden uns sicher noch öfter sehen.“ Ralf Pyszny betonte, nach der Erteilung des Baurechts müsse man zumindest drei Jahre bis zur Fertigstellung rechnen.
Trotz aller Bedenken und Wünsche vor allem der SPD-Fraktion (dazu gehörte z. B. die immer wieder geforderte und abgelehnte Messstelle für Luftqualität), die der Verwaltung mit auf den Weg gegeben wurden, entschied sich die Bezirksvertretung mit Mehrheit für eine Empfehlung. Die CDU-Fraktion, die sich mit den vorgelegten Plänen überhaupt nicht anfreunden konnte, enthielt sich der Stimme.
Pläne: BBW, Fotos: Archiv