Überall Fachkräftemangel!

Heinrich Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“

Ein politischer Reflex, der Nachdenklichkeit erzeugt. Angesichts der der terroristischen Mordserie in Hanau kündigte Innenminister Seehofer an, ab sofort mit deutlich mehr Polizeipräsenz für mehr Sicherheit zu sorgen. Es sollen Moscheen überwacht und sensible Orte stärker unter Beobachtung stehen.

Grundsätzlich alles richtig, doch wird der zukünftige Alltag zeigen, ob dieser Plan dauerhaft Bestand haben kann. Denn welche Polizeizuständigkeiten zwangsweise aufgrund dieses Aufgabenzuwachses zurückgefahren werden müssen, ist nicht bekannt. Nach einer Veröffentlichung des Deutschen Richterbundes fehlen jetzt schon mindestens 22.000 Beamte bei der Polizei und der Strafjustiz.

Nicht nur bei der Polizei beklagt man den Personalmangel. Wir haben uns im Internet einmal umgesehen. Beispielhaft hier eine Auswahl:

– Wochenlange Wartezeiten und hohe Preise beklagen Kunden, die einen Handwerker suchen. 150.000 Handwerker-Stellen sind schätzungsweise unbesetzt, der Nachwuchs fehlt. Experten warnen: Unqualifizierte könnten die Lücke füllen.

– Zum Schuljahr 2019/2020 fehlen in Deutschland 55.000 Lehrkräfte. Der Lehrerverband schätzt, dass 15.000 Lehrerstellen unbesetzt bleiben und 40.000 mit weniger qualifizierten Quereinsteigern und Pensionären gefüllt werden. Die Lage habe sich im Vergleich zum letzten Jahr verschlechtert.

– Trotz ihres hohen gesellschaftlichen Ansehens mangelt es nach Nachwuchs. Allein bis 2026 fehlen in Deutschland rund 100.000 Ingenieure.

– Auch der Bundeswehrverband schlägt Alarm: „Bis zu 1200 Soldaten der Bundeswehr sollen in Syrien eingesetzt werden. Weitere werden in Afghanistan, im Irak und in Mali gebraucht. Der Bundeswehrverband fordert dringend mehr Personal. Wir brauchen mindestens 10.000 Soldaten mehr.“

– Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat vor den Folgen eines Ärztemangels in Deutschland gewarnt. „Derzeit fehlen in Praxen und Krankenhäusern schon insgesamt 10.000 Ärzte in Deutschland. Das entspricht einem kompletten Studienjahrgang“, sagte Gassen der Düsseldorfer Rheinischen Post. Nach einer Verdi-Umfrage fehlen allein in den Krankenhäusern 80.000 Pflegekräfte. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln könnten in Deutschland in der stationären Versorgung bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte fehlen. Die Versorgungslücke im Pflegebereich insgesamt könnte sich bis zu diesem Jahr auf insgesamt knapp 500.000 Fachkräfte vergrößern.

Es gehört also schon eine Menge Optimismus dazu, wenn man erwartet, dass es je dazu kommt, all diese offenen Stellen besetzen zu können. Zu den Zahlen aus dem Gesundheitsbereich noch eine Anmerkung: Deren Ermittlung geschah vor Bekanntwerden der Corona-Epidemie, wo derzeit mit überbordenden Maßnahmen und Panikreaktionen agiert wird. Deren Auswirkungen auf den dann fehlenden Fachkräftemangel im Bereich der Medizin mag man sich noch gar nicht vorstellen. Ob über das am 1. März in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz wenigstens hier eine Erleichterung erfolgt, bleibt abzuwarten. 

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