Exklusiv: Susanne Köhnen – Schulleiterin am HHG

Sie fühlt sich nicht als „Powerfrau“, wirkt aber genau so.

Es ist sehr ruhig im sonst quirligen Schulzentrum mit Heinrich-Heine Gymnasium und Albert-Schweitzer-Realschule. Der Schulhof des HHG ist leer – nicht wie sonst, wo sich bis zu 860 Gymnasiasten, im weiten Areal von Schulhof und angrenzendem „Wald“ nebst „Gummiplatz“ vom anstrengenden Mathepauken abreagieren können. 

Foto: Schule

Dennoch, letzten Freitag, 08.Mai, einem nicht nur für Geschichtslehrer denkwürdigen Datum, löst Susanne Köhnen, Schulleiterin am Netter Heinrich-Heine-Gymnasium, ihr Versprechen ein, das sie MENGEDE:InTakt! bei ihrer Amtseinführung gegeben hat, nämlich unsere Redaktion zu einem Gespräch über die Erfahrungen in ihrer noch jungen Amtszeit einzuladen.

Allen Wirrungen der Corona-Krise zum Trotz reserviert sie sich dafür 45 Minuten ihrer begrenzten Zeit. Zwar gingen wir in ihrem Büro ganz coronakonform auf Distanz. Von einer distanzierten Gesprächsatmosphäre konnte jedoch keine Rede sein.

Sich öffnen und auch persönliche Details kundtun fällt Susanne Köhnen (46), Lehrerin in Deutsch und Geschichte, nicht schwer. Ihr Mann, Hochschullehrer, freundet sich gerade mit der digitalen Distanzlehre an. Zum Glück, sagt sie, habe ich einen 21-jährigen Sohn, der in Bayreuth Jura studiert. „Er ist selbständig und ich brauche mich um ihn nicht zu kümmern. Zumindest was das Schulische angeht. Entspannen vom Alltagsstress kann sie sich beim Anschauen von Action Filmen, einem Genre, das ihr schon fast peinlich ist. Zuletzt war es der Film Outbreak von Wolfgang Petersen mit Dustin Hoffman und Morgan Freeman in den Hauptrollen. Dort suchen die Ärzte passend zur heutigen Corona-Krise ein Gegenmittel gegen das gefährliche Virus Ebola.

Ihr beruflicher Aufstieg findet breite Akzeptanz

Auf die Frage, ob eine Beförderung aus dem ursprünglichen Kolleg/innen Kreis Probleme auslöste, antwortet Susanne Köhnen ganz entspannt: „Es gab keinerlei Rollenkonflikte“ Das Verhältnis zu ihren Kolleg/innen ist – aus ihrer Sicht – unverändert gut. „Die Zusammenarbeit ist zielgerichtet, herzlich und kooperativ“.

Einfühlungsvermögen und den richtigen Blick für das Machbare lebt Susanne Köhnen vor. Sie wirkt engagiert angesichts der aktuellen Herausforderungen. „Mir fehlt jedoch das Herzstück, die Schülerinnen und Schüler“, beklagt sie glaubhaft die leeren Gänge und Klassenzimmer. Bezogen auf ihre offenherzige Außendarstellung betont sie, dass es auch ihrem Inneren entspricht. „Ansonsten wäre das nicht authentisch“.

Zu Beginn der Chefsache hat ihr eine WhatsApp-Gruppe aller Gymnasial-Schulleiter/innen in Dortmund den Einstieg erleichtert. „Ich wusste gar nicht, welche vertrauensvolle, hilfsbereite und kooperative Zusammenarbeit unter den Kollegen herrscht. Sie treffen sich privat und besuchen gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen“, blickt sie auf eine gelungene Einarbeitung zurück.  

Abstand eingehalten: Klassenzimmer im HHG

Dann kamen die Herausforderungen anlässlich der Corona-Krise hinzu. Alle Erlasse des NRW-Schulministeriums mussten im Hinblick auf die Anforderungen an Hygiene und Distanzhaltung umgesetzt werden. Anschließend war das freiwillige Angebot der künftigen Abiturienten/innen zu organisieren. „Wir haben uns gefreut, dass 75% von ihnen das Angebot angenommen haben. Die anderen werden das auch so schaffen“, ist Susanne Köhnen überzeugt. 

Wer nun glaubt, außer der alles überstrahlenden Corona-Pandemie gibt es keine anderen Themen für die Schulleiterin, dem nimmt Susanne Köhnen direkt den Wind aus den Segeln: Weitere mächtige Aufgaben sind quasi nebenbei zu stemmen.

Das Heinrich-Heine-Gymnasium wird 5-zügig – ohne Container!

Vorbild für den Anbau des HHG? Die neue Reinoldi-Sekundarschule in Westerfilde

Die enorm gestiegene Anzahl von (Grund)Schülern in unserem Stadtbezirk erfordert weitere Maßnahmen auch bei den weiterführenden Schulen. Der Beschluss des Dortmunder Schuldezernats wurde gefasst, das HHG zukünftig 5-zügig zu fahren. Das heißt für die Schule: Die erforderlichen Räumlichkeiten sollen nach einem pädagogisch zukunftsweisenden Konzept errichtet werden. „Ich musste mich mit Themen befassen, z.B. Baupläne begutachten, die ich nicht studiert habe. Andererseits war es interessant, Berufsgruppen aus der Architektur und dem Controlling kennen zu lernen“. Sie verrät: „Das jetzige Gebäude wird um einen modernen Schultrakt erweitert. Es wird keine Containerlösung geben.“

Das Mensa-Konzept muss überarbeitet werden.

Susanne Köhnen setzt dabei voraus: „Gesund und schmackhaft sollen nicht im Widerspruch stehen. Mit einem ausgewogenen, vielseitigen und vollwertigen Angebot werden Schülerinnen und Schüler fit und konzentriert durch den Schultag kommen“. 

Fragen unserer Redaktion:

Kann das HHG auch digital?

Das HHG besetzt den Slogan: „Wir können digital“. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass es leichter gesagt ist als getan. „Oft scheitert es an vorhandener Hardware. Der Speicher unseres Cloud-Server war schon nach einigen Wochen voll. Hier arbeiten die Technik- und Informatiklehrer fieberhaft an Erweiterungen.

In den Haushalten können sich nicht alle Familien die Anschaffungen von iPads und Notebooks leisten oder haben mehrere schulpflichtige Kinder mit Technik zu versorgen. Deshalb legt das HHG in Zusammenarbeit mit dem Schulamt ein Konzept auf, wie Bedürftige mit der notwendigen Technik ausgestattet werden können. Eine weitere Herkulesaufgabe steht der Schulleiterin damit bevor.

Auch im Lehrerkollegium gibt es Anpassungsbedarf, was den Umgang mit digitalem Lernen angeht. Seitens der Lehrer wurden anfangs verschiedene Kommunikationsmedien, z.B. Email, Cloud oder der Lernplattform Moodle, wahlweise genutzt. Das konnte zur Verunsicherung der Schüler/innen führen. Spätestens nach den Sommerferien wird Moodle als Standardsystem für alle genutzt. Außerdem kommen Videokonferenzen via Jitsi und Big Blue Button hinzu.

So oder so ähnlich geht Homeschooling

Das Lernen von zu Hause aus, ohne Kontakt zu Freunden und Lehrern, ist seit Beginn der Kontakteinschränkungen eine bisher nicht gekannte Herausforderung für Schüler und ihre Familien. Das gilt allerdings auch für Lehrkräfte, die selbst schulpflichtige Kinder im „Homeschooling“ betreuen, und außerdem ihre Schüler auf Distanz begleiten müssen. „Sie stehen selbst am ‚Anschlag´ und spüren ihre Belastung deutlich“, schildert Susanne Köhnen die Erfahrungen ihrer Kolleg/innen. So sind beide Seiten – Schüler und Lehrer – auf ihre Weise von der Situation betroffen.

Verbringt Susanne Köhnen mehr Zeit im Büro als im Unterricht?

„Wieviel Stunden unterrichtet eine frisch gebackene Schulleiterin denn mit tatsächlichem Unterricht?“, lautete die Frage des Verfassers. 

„Nur noch 5 Stunden wöchentlich“, bedauert die Chefin. Ihr besonderes „Baby“, dem Geschichtsleistungskurs in der Oberstufe, wird sie sich nach den Sommerferien widmen. „Vermutlich wird das Baby nur digital zur Welt gebracht“, so ihre persönliche Einschätzung.

Wann kommen die Schüler zurück in den Präsenzunterricht?

  • Zurzeit sind die angehenden Abiturient/innen freiwillig zur Prüfungsvorbereitung im HHG. Die Abiturprüfung findet aufgrund der Corona-Auflagen in der 3-Fach Sporthalle statt. Damit ist der erforderliche Mindestabstand gewährleistet.
  • Ab dem 11. Mai 2020 besuchen die Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase 1 wieder das HHG. 
  • Ab dem 26.05. kommen alle Schüler/innen zurück in den Unterricht. Nicht mehr ganztags, wie es das HHG-Schulkonzept vorsieht. Und auch nicht jeden Tag. Nur die Hälfte des Gebäudes darf benutzt werden.

Aber immerhin ein Hoffnungsschimmer. Viele Schüler vermissen ihre Freunde und die alltäglichen Kontakte. Diese langweilige und einsame Zeit geht endlich zu Ende.

Das HHG scheint gewappnet, dank des engagierten Kollegiums mit ihrer neuen Chefin. Sie stellt ihr Team in den Vordergrund. „Nicht ich allein bin die „Powerfrau“, wir haben viele davon in unserem Kollegium“. Damit schließt sie auch die Männer mit ein.

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