Scheiß Langeweile – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Scheiß Langeweile

Eine Kolumne von Peter Grohmann

|Kinder ohne Computer sind am Arsch, genauso wie Alte, die nicht mal ’ne App herunterladen können, weil sie kein Handy haben. „Peter, da wachste auf und bist Risikogruppe“, sagte mir meine Omi Glimbzsch aus Zittau im März. Warum soll’s uns besser gehen als den Wohnsitzlosen? Volles Risiko! Aber es gibt auch Grund zur Freude: Am internationalen Weltflüchtlingstag war Volkszählung – es waren über 80 Millionen Menschen unterwegs, viele in den engen Grenzen von 2020 und ohne App.
Bleibe im Lande und schütze dich redlich. Es frustet! Mehr als drei Monate keine Weiber, kein Wodka, keine Wagenrennen! Haschisch alleine, Nachschub fraglich, Partys von der Polizei aufgelöst, wenn überhaupt, und manchmal nicht mal das. Kein Volksfest, kein Fußball, kein Shopping. Kurzarbeit, wenn überhaupt, aber sichere Aussichten auf größere Pleiten. Mallorca? Lockdown statt Lago. Wenn überhaupt, sagen unsere Kinder. Macht keinen Spaß mehr.

Und die Nachrichtenlage ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Die erzählen dir was von Klimawandel, lassen den Diesel nicht in die Stadt, die drohen dir mit Flüchtlingskrise wegen untergehenden Reichen und dass 100 pro – also todsicher – noch viele, sehr viele kommen werden. Wetten, dass die sogar schon unterwegs sind. Wir brauchen einen starken Mann, Homeoffice, dass ich nicht lache, da steckt doch mehr dahinter, das ist doch Diktatur, die nehmen uns die letzten Rechte, man darf gar nichts mehr, mit mir nicht! Man muss mal wieder durchregieren. Kennst du den schon? Dem Tönnies seine Schweinepest heißt Corona, die Grippe für Doofe. Alle machen, was sie wollen, die da oben: Labertaschen, Schwätzer, egal, interessiert keine Sau, alles Geschwätz. Macht keinen Spaß mehr.

Aber dann, endlich, das erste Mal wieder, der warme Abend, die laue Nacht, Party in Kretschmanns Garten. Sommersonnenwende. Zwischen besoffen und gefrustet – ich geb‘ noch einen aus – und bekifft und enttäuscht und alleine gelassen mit falschen Nachrichten und Drosten ohne Mund- und Nasenschutz, fatale Aussichten, haste mal ’ne Mark. Hier kannste runterladen: Es zittern die morschen Knochen. Bis hierher war alles gut, und dann das. Alles zumachen. Durchgreifen. Das kommt davon. Alle einsperren. Alles Verbrecher. Ach, unsere Kinder! Stuttgart ist jetzt weltberühmt. Und das Echo im Netz? Von dumm und dubbelig bis rassistisch. Alle abschieben.

P.S. Ein Großteil des Festivals „Stuttgarter Kriminächte“ wurde in den Herbst verschoben. Das war ihnen zu spät.

Peter Grohmann* ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter.
Dank an Peter Grohmann für die Zustimmung zur Veröffentlichung der Kolumne. 
*) peter-grohmann@die-anstifter.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert