Für Autofreunde: Ein Hingucker in noch mattem Grün

Chevrolet, Ford oder Chrysler? Wer kennt den grünen, noch nicht restaurierten Oldtimer?

Jürgen Schaefer und sein Oldtimer

Möglicherweise ist das Fahrzeug einigen Lesern bereits aufgefallen. Seit mehreren Wochen steht auf dem Gelände der KFZ-Werkstatt Knieß von Jürgen Schaefer an der Mengeder Straße 655 ein grüner, noch nicht restaurierter Oldtimer. Ohne Frage ein Blickfang für alle, die an der Werkstatt vorbeigehen oder –fahren.

Und viele, die sich für Autos und speziell für ältere Baujahre interessieren, werden sich fragen „Was ist das eigentlich für ein Modell und wer ist der Hersteller? Vom Design her erinnert der Wagen an US-amerikanische Fahrzeuge aus den Nachkriegsjahren. Doch ein Abzeichen oder Typenschild mit Hinweisen auf US-Marken wie Chevrolet, Ford oder Chrysler sucht man vergeblich. Die Lösung des Rätsels heißt: „Popjeda“. Und Popjeda (zu Deutsch: „Sieg“) ist ein PKW des Fahrzeugherstellers GAZ, aus der damaligen Sowjetunion. Gebaut wurde die für die damalige Zeit äußerst repräsentative, viertürige Limousine von 1946 – 1958 im damaligen Gorki. Heute heißt die 400 km östlich von Moskau gelegene, fünftgrößte Stadt Russlands, Nischni Nowgorod.

Der Popjeda, ein  Modell des russischen Automobilherstellers GAZ, Baujahr 1953

Insgesamt rund 240.000 Exemplare des Popjeda wurden dort produziert, einschließlich einiger Sondervarianten wie Cabrios, Pickups, Taxen und Allradfahrzeugen für das Militär. In Polen wurde der Wagen in Lizenz unter dem Namen Warszawa sogar bis 1973 hergestellt. Etwa  250.000 Exemplare verließen das Werk in Warschau. Vom Design her stand tatsächlich das Styling damaliger US-Fahrzeuge Pate. Fahrzeughersteller im ehemaligen Ostblock hatten sich mit der wieder beginnenden Automobilproduktion nach dem zweiten Weltkrieg gerne an westlichen Modellen orientiert. Dennoch ist der Popjeda technisch eine vollständige  Eigenkonstruktion der russischen Ingenieure.

Ein robuster Motor: Die 2,1 L Maschine mit 50 PS

Der Reihenvierzylinder mit 2,1 Litern Hubraum brachte es auf 50 PS. Ein Dreiganggetriebe hielt die Drehzahl niedrig und die Höchstgeschwindigkeit des Popjeda lag bei 105 km/h.

MENGEDE:InTakt!  hatte die Gelegenheit mit Jürgen Schaefer über seinen Popjeda Oldtimer, Baujahr 1953 und seine Restaurierungspläne für das Fahrzeug zu sprechen.

MENGEDE:InTakt! Herr Schaefer, was war eigentlich der Anlass, sich so ein ausgefallenes Auto aus dem ehemaligen Ostblock zuzulegen?

Jürgen Schaefer: Ich hatte dieses Modell vor rund 25 Jahren zum ersten Mal gesehen und der Wagen hat mir auf Anhieb gefallen. Da war mir klar, dass ich so ein Auto irgendwann einmal selbst besitzen und fahren möchte. 

MENGEDE:InTakt! Und wo konnten Sie dieses Fahrzeug erwerben und wie ist er dann am Ende nach Mengede gekommen? 

Jürgen Schaefer: Bevor es zum Kauf kam, habe ich mich erst einmal ausführlich informiert und jahrelang alles Mögliche gelesen und gesammelt, was über das Modell Popjeda, bzw Warszawa, wie der Wagen in Polen hieß, zu bekommen war. Dann bekam ich Kontakt zu einem Fahrzeughändler in Halle, der mir dieses Fahrzeug, das früher in Kiew zugelassen war, angeboten hat. Welche und wie viele Vorbesitzer der Wagen hatte, war leider nicht mehr nachzuvollziehen. Aber wenn man sich vor allem den Zustand des Wageninnenraums ansieht, möchte ich schon behaupten, dass das Auto nicht allzu viele Vorbesitzer hatte. Ich bin dann nach Halle gefahren, habe mir den Popjeda genau angesehen und mit dem Hänger habe ich ihn dann hierhin zur Werkstatt nach Mengede gebracht. 

MENGEDE:InTakt! Die Restaurierung Ihres Popjeda wird ja viel Zeit beanspruchen und sicherlich auch ziemlich kostenintensiv werden. Können Sie dazu etwas Näheres sagen?

Jürgen Schaefer: Da mein normaler Werkstattbetrieb natürlich im Vordergrund steht, werde ich mir dafür schon die entsprechende Zeit nehmen müssen. Der Vorteil ist, dass ich wirklich alles selbst instandsetzen und sogar selbst lackieren kann. Ich bin also nicht auf die Unterstützung Dritter angewiesen. Außerdem verfügt der Wagen über viele, noch völlig intakte und funktionierende Originalteile, weil bei der Konstruktion dieses Modells vor allem Robustheit und Langlebigkeit eine zentrale Rolle spielten. Bis der Wagen wirklich komplett fertiggestellt, fahrbereit und TÜV-abgenommen ist, würde ich schon rund fünf Jahre veranschlagen. Dabei ist die Ersatzteilversorgung gar nicht mal ein großes Problem. Der Wagen wurde ja in verhältnismäßig großen Stückzahlen produziert.

Ein restaurierter Popjeda in Zweifarbenlackierung (Quelle: „Auto-Alltag in der DDR“, HEEL-Verlag)

Ersatzteile sind eigentlich problemlos verfügbar. So ist z.B. in Kiew, wo der Wagen ursprünglich beheimatet war, auch ein großer Ersatzteilehändler. Natürlich sind die Ersatzteile teilweise nicht gerade billig. Zum Beispiel liegt der Preis für eine gut erhaltene Stoßstange schon bei rund 1.000 €.  Als ich den Wagen abholte, habe ich sogar die Betriebsanleitung sowie eine ebenfalls vom Werk verfasste Reparaturanleitung im Original erhalten. Darin ist vieles mit detaillierten Zeichnungen sehr gut dargestellt. Das sind natürlich Dinge, die bei der Restaurierung enorm weiterhelfen. Und natürlich erlebt man bei den Arbeiten auch Überraschungen. So waren unter den Einstiegsholmen dieses Fahrzeugs im Rahmen einer früheren Instandsetzung zwei Kanthölzer eingearbeitet. Das kann natürlich nicht so bleiben, aber das ist alles fachmännisch wieder herzustellen. Was die Gesamtkosten anbetrifft, so rechne ich schon mit einer Summe von insgesamt bis zu 25.000 Euro. 

MENGEDE:InTakt! Wie sind Ihre Pläne für den Popjeda nach seiner Restaurierung? Wollen Sie ihn selbst fahren oder käme dann auch ein Verkauf in Frage?

Jürgen Schaefer: Nein! Ein Verkauf käme für mich auf keinen Fall in Frage. Denn wie schon anfangs gesagt, es war immer mein Ziel, ein solches Auto einmal selbst zu fahren. Auch wenn es bis dahin noch Zeit und finanziellen Aufwand bedarf. Allerdings kommen schon häufiger Leute vorbei, die den Wagen gesehen haben und neugierig geworden sind. Dann werde ich ab und zu gefragt, ob ich das Auto, sogar in dem jetzigen Zustand nicht verkaufen möchte. Aber das ist für mich kein Thema.

MENGEDE:InTakt! Herr Schaefer, vielen Dank für das interessante Gespräch Wir drücken Ihnen die Daumen für eine erfolgreiche Restaurierung des Popjeda und danach immer gute Fahrt mit Ihrem Klassiker. 

Hinweis: Zur Vergrößerung der Fotos diese bitte anklicken!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert