Der Antichrist hat wieder zugeschlagen
Von Peter Grohmann
Nein, Fernsehpfarrer Jürgen Fliege ist diesmal nicht gemeint mit Antichrist, obgleich er vom Predigen nicht lassen mag. Am letzten Samstag verkündete der Geistreiche auf der Theresienwiese einer zehntausendköpfigen Menge der Angstfreien sein Wort Gottes: „Fürchtet euch nicht“, auch wenn es um Frieden, Freiheit,Gesundheit, Masken und Diktatur geht. Wir Theologen werden häufig gefragt, was man denn gegen die Angst tun kann. Viele sagen ja, dass ich mit oder ohne Maske fest glauben muss, dass mir nichts geschehen kann, wenn ich alles in Gottes Hände lege.
Pech haben natürlich alle, die nicht an diesen, sondern einen anderen oder gar keinen Gott glauben, an Mammon, Mullahs, Markenkleidung – oder die darauf pfeifen, was der liebe Gott jetzt zu ihnen sagen würde. Seehofer etwa und die Erpresser und Versager von Moria, ihre die deutschen Zuchtmeister des Abendlandes. Schon Jesus prophezeite sehr früh: „Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder, und die Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie in den Tod schicken. Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden …“. Wo Er recht hat, hat Er recht.
So mancher alter Freund klagt in diesem kalten Land. Über den Untergang der Linken in NRW, die Waldbrände in den USA, Lukaschenko und wie erbärmlich es ist, wenn man sich fürs Freibad nur online ein Ticket besorgen kann und dass die im Bioladen auch immer unfreundlicher werden. Die Enkelkinder sind kaum noch zu sehen, kein Kindi, kein Abi, und es wird auch nix mit dem Abi-Flug nach Indien. Die wenigen Kinderspielplätze gesperrt, nirgends Wald. In den Schloßgarten kann man schon lange nicht mehr. Genau! Schrecklich, wie die Pandemie unserer jungen Generation die Zukunft verbaut – Moooooment, natürlich auch unseren Flüchtlingskindern, denen, die schon hier sind (Schwein gehabt!), denen, die nicht schwimmen können, denen, die unterwegs zwischen Afghanistan und Lesbos zur Prostitution gezwungen werden, denen aus Homs (das ist in Syrien), die ihre Eltern seit Jahren nicht gesehen haben. Viele haben gar keine mehr.
Wie gesagt: Die Generation Corona ist eine verlorene Generation. Die Stichwahl in Dortmund macht da das Kraut auch nicht fetter.
Peter Grohmann* ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten.Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de