Deutschland – 20 Novemberblues 20

Coronavirus-Gedankensplitter, sehr frei nach und mit Heinrich Heine

Von Eva Latterner

„Im traurigen Monat November war‘s.
Die Tage wurden trüber,
der Wind riss von den Bäumen das Laub………..“

da wurde Deutschland nach einem relativ entspannten Sommer zum zweiten Mal in diesem Jahr 2020 stillgelegt. Lockdown- light oder Wellenbrecher- Lockdown, um die zweite Welle der Pandemie zu brechen.

Beherrscht von den täglichen Zahlen der Neuinfektionen; ratlos, aber diskussionsfreudig versuchen wir unseren Alltag zu gestalten. Die Angst um den Arbeitsplatz, fehlende Kontakte, der Wegfall geliebter Möglichkeiten der Zerstreuung, wie Konzert-oder Kinobesuche, Essengehen mit netten Menschen, Sport, lassen manchen dieser Tage doch recht lang werden.
Kreativität und Eigeninitiative sind gefragt, nur „Nichtstun“ wie die Bundesregierung mit merkwürdigen Videoclips propagiert, scheint kein guter Weg zu sein.
Aber was ist ein guter Weg? Für mich? Für meine Kinder? Für meine Enkelkinder?

„Ein kleines Harfenmädchen sang….
Sie sang das alte Entsagungslied,
das Eiapopeia vom Himmel.
Womit man einlullt, wenn es greint,
das Volk, den großen Lümmel.“

Singen, spontan, emotional, im Chor, im Gottesdienst, geht nicht! Es steht als Aerosolschleuder auf dem Index. Allenfalls alleine, unter der Dusche, kann ich „mit wahrem Gefühl und falscher Stimme“ mein lautes Krisenlied anstimmen. Darüber, dass es im Volk viel zuviel Lümmel gibt, die es nicht begreifen wollen oder können, dass wir in diesen Tagen einander mit freundlichem Abstand begegnen müssen, dass gegenseitige Rücksicht nicht nur in Zeiten einer Pandemie von Bedeutung ist. Es ist eben nicht „Alles Lüge“, es gibt wissenschaftliche Fakten, die jeder Verschwörungstheoretiker überprüfen kann. Aber auch darüber, dass die „Herren (und Damen) Verfasser“ offenbar kein vernünftiges Konzept zur Krisenbewältigung haben. Hatten sie das jemals?

Die Klimakrise – in den Hintergrund getreten! Das soziale Ungleichgewicht – so offensichtlich wie schon lange nicht mehr!

„Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
und predigten öffentlich Wasser.“

Zugestanden, es ist nicht einfach, eine weltweite Pandemie zu bewältigen; es ist nicht einfach, die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Umso wichtiger ist es, dass vernünftige Politik die Weichen stellt – und nicht herumeiert, Probleme kleinredet, Fakten verdreht und Zahlen für die nächste Wahl schönrechnet.

„ Es wächst hienieden Brot genug
für alle Menschenkinder……“

Wir sollten es endlich besser verteilen!
Oh ja, dieser November hat den Blues, er ist glatt zum Abgewöhnen. Aber was kommt danach? Sie sagen, es wird ein langer, dunkler Winter.
Existenzängste, zu enger Wohnraum, mögliche Schulschließungen, ausgelastete Intensivstationen – was bedeutet da ein anders gefeiertes Weihnachtsfest oder der Verzicht auf Silvesterfeuerwerke?
Dieser November brachte auch die Nachricht, dass ein Impfstoff mit hoher Wirksamkeit gefunden wurde. Der lange, dunkle Winter kann übergehen in ein helleres Frühjahr.
Ich habe beschlossen, mich darauf zu freuen.

„Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Das Miserere ist vorbei,
die Sterbeglocken schweigen.“

Vielen Dank, Heinrich Heine, für „Deutschland – Ein Wintermärchen“ aus dem Jahr 1844. Auf der Couch sitzen und lesen rettet Menschenleben im diesjährigen November – und es macht Spaß.