Buchempfehlung – Über die Notwendigkeit Denkbarrieren zu überwinden

Maja Göpel:   Unsere Welt neu denken – Eine Einladung

Mario Lars: Bücher

Über die Autorin:
Prof. Dr. Maja Göpel, geboren 1976, arbeitet als Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Sie ist Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung  Globale Umweltveränderungen (WBGU), Mitglied des Club of Rome, des Word Future Council und Fellow am Progressiven Zentrum. Im März 2019 stellte sie in der Bundespressekonferenz die Initiative SCientists for future vor, bei der mehr als 26.000 Wissenschaftlerinnen die Forderungen der Schülerproteste zu mehr Klima- und Umweltschutz als gerechtfertigt erklärten.

Harald Welzer – Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen Stiftung Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit – sagt über die Autorin: Sie ist eine  der wichtigsten Stimmen, wenn es um die Frage geht, wie wir unsere Gesellschaft wieder zukunftsfähig machen. Sie denkt Ökologie, Ökonomie und Gesellschaftspolitik zusammen.

Über das Buch:
Das anrollende Klimachaos, die zunehmenden Konflikte zwischen Arm und Reich und die Polarisierung unserer Gesellschaften zeigen deutlich: Weitermachen wie bisher ist keine Option. Das Wohlstandsmodell des Westens fordert seinen Preis. Die Wissenschaft bestätigt, dass wir um ein grundsätzliches Umdenken nicht herumkommen.
Das Buch veranschaulicht, welche Denkbarrieren wir aus dem Weg räumen sollten, um künftig klüger mit natürlichen Ressourcen, menschlicher Arbeitskraft und den Mechanismen des Marktes umzugehen – jenseits von Verbotsregimen und Wachstumswahn. (Klappentext)

Inhalt:
Weitermachen wie bisher ist keine Option. Das wird täglich immer deutlicher – ist allerdings einfacher gesagt als getan. Auch deswegen wird es vermutlich bei der Lektüre als angenehm empfunden, dass die Autorin maximal unaufgeregt zu Werke geht. Sie plädiert vor allem für eine Reform unseres Wirtschaftssystems, sie lädt ihre LeserInnen ein, die scheinbar  universellen Gesetzmäßigkeiten dieses Systems zu hinterfragen. Wohltuend fällt auf, dass sie dabei ohne die bei diesem Thema ansonsten unvermeidliche Flut von Tabellen und Statistiken auskommt. 

Zunächst hat sie erst mal den gesamten Komplex in einige für sich geschlossene Kapitel aufgeteilt, in denen sie dann wiederum einige auf der Hand liegende Knackpunkte unseres neoliberalen Handelns und die sich daraus ergebenden Folgen beispielhaft beschreibt. Man kann nicht sagen, dies sei alles völlig neu, aber in dieser Konstellation sind ihre Überlegungen bemerkenswert nachvollziehbar. Man fragt sich bei der Lektüre an machen Stellen, warum sind die Grundüberzeugungen der wirtschaftlichen Elite in unserer Gesellschaft nicht schon längst über Bord geworfen werden.

Offenkundig fühlen wir uns wohl dabei, die Realität zu ignorieren und lieber in einer Scheinwelt zu leben. Wie anders ist es zu erklären, dass wir seit 50 Jahren über die Grenzen des Wachstums reden, aber ernsthaften Konsequenzen werden aus den vorliegenden Erkenntnissen nicht gezogen. Lakonisches Zwischenfazit der Autorin: Wir haben uns in dieser Scheinwelt eingerichtet, indem wir nicht den naturwissenschaftlichen, sondern lieber den monetären Indikatoren gefolgt sind.

Allerdings – so ihre Überzeugung – es gebe Anlass zur Hoffnung, denn zunehmend seien auch Stimmen aus der Wirtschaft zu vernehmen, die eine Abkehr vom Wachstumsdenken hin zu einer Nachhaltigkeitsdebatte unter Einschluss einer Digitalisierungsoffensive für dringend notwendig erachten. Befragt, was die neue Wirtschaftsordnung konkret bedeute, antwortet Maja Göpel, es werde sich der Ordnungsrahmen verändern, in dem sich wirtschaftliche Akteure bewegen, in dem sie investieren und produzieren. Es müssten Voraussetzungen geschaffen werden, damit es nachhaltige Produkte und Dienstleistungen leichter haben, einen Markt zu entwickeln. Aktuell weise der Ordnungsrahmen vornehmlich in Richtung Auslagerung der ökologischen Kosten und Steigerung der sozialen Ungleichheit.

Der Untertitel des lesenswerten Buches heißt: Eine Einladung. Es ist zu wünschen, dass diese Einladung von zahlreichen LeserInnen angenommen wird. Das Buch ist zur rechten Zeit gekommen, denn

„Die weltweiten Krisen in Umwelt und Gesellschaft sind kein Zufall. Sie offenbaren, wie wir mit uns und dem Planten umgehen, auf dem wir leben. Wenn wir diese Krisen meistern wollen, müssen wir uns die Regeln bewusst machen, nach denen wir unser Wirtschaftssystem aufgebaut haben. Erst wenn wir Sie erkennen, können wir sie auch  verändern – und unsere Freiheit zurückgewinnen.“ (S. 22)