Lügenpäckle
Von Peter Grohmann
Nein, ich mein‘ nicht das, was was Sie jetzt wieder meinen! Ich meine zum Beispiel Dallmayr & Co KG und die angeblich voll kompostierbaren Kaffeekapseln: Auch zum gleich Mitessen. Und ich mein‘ die wieder verwendbaren Papiertaschentücher gegen Corona oder die dreifach verpackten Zahncremes oder die tiefgrauen Milchtüten mit dem Schwarzwaldmädle – alles Lügenpäckle! Recycling- und Nachhaltigkeits- Versprecher sind eben nicht nur bei der AfD, sondern auch bei Kretschmann, Söder oder Laschet voll im Trend.
Anders gesagt: Die Öko-Versprechen auf Verpackungen sind wie das Wumms bei Bubi Scholz. Und so, wie sich viele Parteien zunehmend grün kleiden und waschen, um besser gewählt zu werden, beschwindeln und bemoosen viele Produzenten ihre Produkte und deren Verpackungen solange, bis sie so grau aussehen wie die reale Umwelt oder ein Morgen im April – mit dem Duft von Reifenabrieb, Maiglöckchen und Altpapier. Die meisten Milchverpackungen etwa bestehen aus einer äußeren Pappschicht und sind innen mit einer Kunststoffschicht verklebt, damit die Milch hebt. Und dann macht’s eben beim Recyceln Wumms – alles hin und weg, wie meine Omi Glimbzsch in Zittau sagen würde. Jede kann etwas tun, mit jedem. Pass bloss uff, Jonger, dass der Pariser nicht platzt. Es gibt viele Lügenpäckle.
Neulich im Wettern das Woche habe ich Herrn Dr. Joachim Pfeiffer, den Nebentätiger, Politikberater und deutschen Unternehmer der CDU, brutal angegangen. Zwei Wochen später ist er wegen meiner Kritik ein Stück zurückgetreten, hat „personelle Konsequenzen“ gezogen (wohin?) und kandidiert nun nie mehr. Eines seiner wichtigen Bücher hieß „Konjunktur durch Natur: Wege zu mehr Beschäftigung mit marktwirtschaftlicher Umweltvorsorge“. Ich hab’s geahnt – zu guter Letzt sind wir ja alle biologisch abbaubar. Nur die Zähne nicht, die man beizeiten zeigen sollte.
„In diesen schweren Stunden“, seufzte die Fernsehmoderation am Wochenende. Der tiefe Seufzer galt weder den Covid-19 Toten in Honau, auch nicht den Kindern in Nordrhein-Westfalen hinterm Kirchhof, nicht den Ersoffenen im Mittelmeer und auch nicht den vielen zehntausend gemarterten Menschen des Alexei-Nawalny-Foltergefängnissen in Istanbul, das der türkische Diktator und Nato-Verbündete Recep Tayyip Erdoğan unterhält. Der Seufzer der Moderatoren und der Welt galt dem völlig überraschenden Tod von Prinz Philip, Duke of Edinburgh, der das 100. Lebensjahr nicht vollenden durfte. Gott wollte es so.
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de