Alles bleibt im Rahmen – aber in welchem?
Klaus Commer*
In Bayern fasst ein Bierkrug ja gern einen Liter. Das lassen wir mal weg, dort gibts den Verein gegen das unredliche Einschenken. Egal, ob es nun über das dünne 0,2-l-Kölsch-Glas, die 0,3-Pils-Tulpe oder einen ordentlich gezapftes Halbes geht: Das kühle Blonde kommt an warmen Sommerabenden gern auf den Tisch des Biergartens. Und – hast du nicht gesehen – ist es nur noch halb voll.
Oder schon halb leer? Erst recht zu vorgerückter Stunde kann es Streit geben. War auch die letzte Runde noch ordentlich gezapft? Kassiert wird am Ende nicht nach dem Eichstrich, sondern nach den Strichen auf dem Deckel. Ein äußerst schwieriger Fall für den einvernehmlichen Abschied vom Biergarten. Die dritte oder vierte “Letzte Runde” ist längst abgesackt und läßt sich nicht mehr prüfen. Der aktuelle Pegel des Gerstensafts ist nur noch auf der Tür mit dem kleinen Herzchen abzulesen, auf welcher eindeutig die Zahl “00” steht.
Zu spät, jetzt noch auf ein Wort aufmerksam zu machen, das noch nicht jedem vertraut ist: Framing! Gemeint ist der Bezugsrahmen, der dafür sorgt, dass Gleiches für Ungleiche nicht immer gleich ist. Weil es als sehr ungleich wahrgenommen werden kann.
Der Gast im Biergarten hofft beim Ordern des Allerletzen auf einen erfrischenden Absacker, den er bis zum Eichstrich auskosten will. Der erschöpfte Kellner hat vielleicht das ultimative Tablet mit 15 Gläsern zu schnell gezapft, so dass hier und da die letzte Schaumkrone vor dem ersehnten Feierabend eine Idee zu weit hernieder sank.
Das Glas ist leer. Ob es redlich gefüllt und angetrunken heruntergestürzt wurde. Ob es schamlos aufgeschäumt wurde, wo es doch mit Andacht bis zur Neige geleert werden sollte? Der eine bestellt morgen versöhnlich die neue erste Runde. Der andere klärt das Problem durch Wegfall der letzten Runde.