Stadttauben in Not

Was ich im Gespräch mit einer „Taubenpäpplerin“ gelernt habe

Von Hannelore Diekmann

Vorbemerkungen:
Stadttauben sind Nachkommen entflogener Haustauben, für deren Wohlbefinden der Mensch die Verantwortung trägt. Leider sind viele Menschen diesen anpassungsfähigen und intelligenten Vögeln gegenüber eher negativ eingestellt. Durch große Stadttaubenschwärme in den Innenstädten fühlen sich viele Menschen belästigt oder befürchten durch sie eine Übertragung von Krankheiten.
Ich habe mich von einer sog. „Taubenpäpplerin“ einladen lassen, um auf diesem Wege fachliche Informationen über die sogenannten „Ratten der Lüfte“ zu bekommen.
Nachfolgend mein Bericht. (H.D.)

Die Stadttauben sind Nachkommen der Felsentauben, die früher als Wild-Tauben auf Felsen gelebt haben. In dieser Zeit fing man an, eine Hobbyzucht der Brieftauben aufzubauen, man merkte, daß sie standorttreu sind. Durch den Krieg gab es schlimme Zerstörungen, die den Brief- und Felsentauben ihre Heimat und Brutstätten genommen haben. Dadurch kam es zur Entwicklung der Stadttauben.

Diesen verwilderten Tauben wird nachgesagt, daß sie Krankheiten übertragen. Nach Auffassung von Tierschützern ist dieses ein völlig unbegründeter Mythos. Diese Stadttauben haben kein Zuhause, sie werden nicht gefüttert und müssen sich in den Städten ihr Futter ( Essensreste überwiegend) suchen. Die Hinterlassenschaften sind natürlich ein großes Problem. Sie müssen entfernt werden, das kostet Geld. 

Die Städte könnten diese zusätzlichen Kosten umgehen, indem sie ihnen „stadtbetreute“ Schläge aufstellen, den einfachen Eiertausch ausführen und die Population auf diesem Wege klein halten. Das halte ich persönlich für die beste Methode den Bestand zu reduzieren. Die Stadttauben legen 7-8 mal im Jahr jeweils 2 Eier, unabhängig von ihrer Ernährungssituation. Auch wenn der Hunger noch so groß ist, der Drang, den Nachwuchs groß zu ziehen, ist angezüchtet und verbleibt in beinahe jeder Situation. Die Tiere lassen sich auch nicht durch Spikes und Netze davon abahlten, die sie von bestimmten Stellen fernhalten sollen. Sie sind trotzdem da und brüten.

Die sogenannten PäpplerInnen, die ehrenamtlich aus Tierliebe handeln, sammeln kranke Tauben und Küken ein und behandeln sie in ihren Käfigen zu Hause. Nach der Genesung werden sie vorzugsweise wieder in die Freiheit entlassen oder ein anderer Taubenliebhaber übernimmt gelegentlich ein Tier und gibt ihm Unterschlupf in seiner Voliere. Anders sieht es aus bei jungen Tauben und Küken. Ihre Behandlung erfolgt zwar, aber diese Tiere können nicht mehr in der Freiheit überleben, sie haben es nicht gelernt. Also bleiben sie bei den PäpplerInnen. 

Sehr oft kommt es vor, daß eine Taube mit PMV ( eine neurologische Erkrankung) gefunden wird. Bei diesen Tieren ist die Pflege sehr aufwendig. Die Krankheit ist für andere Tauben hochansteckend, deswegen müssen sie separiert und überwiegend per Hand gefüttert werden. Die Erkrankung ist zwar im Laufe der Zeit rückläufig, aber auch dann benötigen die Tiere eine Dauerbetreuung. 

Ein heikles Thema, das einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfte, sind die „Hochzeitstauben“. Diese Tauben, die extra für „schön“ gezüchtet werden, sind nur wenige Wochen alt, sie sind schlechte Flieger. Sie haben zudem einen sehr kurzen Schnabel, können sich deshalb nicht selbst versorgen. Sie sterben über kurz oder lang – betreute Tauben haben eine Lebenserwartung von 10 -15 Jahren.

Nachtrag:
Auch in Mengede haben wir einige Stadttauben, z. B. auf dem Gelände des ehemaligen Getränkemarktes in Oestrich an der Hansemannstraße. (Ganz früher mal Brotfabrik Peine).
Meine Bitte an die Stadt: stellt den Tauben betreute Schläge zur Verfügung. Es kostet viel weniger, als sie zu vergiften, zu vertreiben oder sie verhungern zu lassen.
Menschen haben sie als Mitglieder unserer Gemeinschaft gemacht. Wer die Päpplerinnen unterstützen möchte, kann es über mich machen.
Immer werden Zewa, Desinfektionsmittel, Hygieneunterlagen oder Wickelunterlagen gebraucht. Die Käfige und Volieren werden 2 X täglich gereinigt. (H.D.)